Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

in der üblichen Welse zu begehen. Die Feuerrede wird Taubst. 
Oberlehrer Heinrich Kuppel-Homberg halten. Der Vorsitzende 
zeichnete die dringendsten Aufgaben des Vereins: Erhaltung der 
hisherigen Anlagen, Erneuerungsarbeiten am Eisenbergturm, 
Schaffung von Orientierungstafeln, Herausgabe eines neuen 
Führers jowie einer neuen Wanderkbarte im Maßstab 1: 50000. 
Durchführung der Wegebezeichnung, innerer Ausbau der Jugend- 
herberge u. a. m. Um die gesteckten Siele zu erreichen, wurde 
der Vorschlag des Vorsitzenden, den jährlichen Mitgliedsbeitrag 
an den Hauptverein von J.- RM. auf 1.50 RM. zu erhöhen, 
einstimmig angenommen. Die Vorstandswahl ergab einstimmige 
Wlederwahl des Vorsißenden und des Kassierers Hemfler-Hers⸗ 
eld. Sweiter Vorsitzender wurde Direktor Sauer-Hersfeld, erster 
Schrijtsührer Lehrer Schulz⸗Asterode, zweiter Schriftführer Kauf- 
mann PfalzgrafSiegenhain. 
Tage des Lullus-Festes in Hersfeld. 
Als der Seiger der alten Hersfelder Stadtbirchen-AUhr mit 
sichtbar freudigem Sprung auf die Swölf rückte und die Glocke 
zu tönen begann, da warf auch in diesem Jahre der Bürgermeister 
die rauchende Fackel, die ihm der Feuermeister in historischer 
Tracht ũberreichte, in die Feuergrube, und eine helle Flamme loderte 
zum Himmel empor. Die Tausende aber, die aus der Nähe und 
Ferne zu diesem Schauspiel herbeigeeilt waren, stimmten in den 
alten Hersfeider Kuf ein: Bruder Lollsl Bruder Lolls! — 
Auch in diesem Jahre bot 
der Festzug ein buntes, farben⸗ 
prächtiges Bild. Die In— 
nungen waren wieder mit ihren 
alten Abzeichen und Fahnen 
aufmarschiert. Besonders die 
Metzgerinnung war stark ver⸗ 
reten und führte einen statt⸗ 
lichen Ochsen mit. Der Sug 
der ehemaligen Klosterschũler 
aberragte indesjen alles durch 
jeine große Teilnehmerzahl. 
Mit dem Lullusfest hatte man 
in diejsem Jahre ein Treffen 
alter Schũler der Klosterschule 
verbunden. Diese erste große 
Wiedersehensfeier der Der⸗ 
einigung ehemaliger Kloster 
schüler, die vom 15. bis 17. 
Obtober in den Mauern der 
alten Lullusstadt vor sich ging, 
gab ein erhebendes Bild von 
der Anhänglichkeit der „Ehe⸗ 
maligen“. Am Sonnabend 
fand ein Begrũßungsabend 
statt, der erst einmal jung und 
alt in Fröhlichkeit vereinte. 
Den Hõhepunbt der Wieder⸗ 
jehenstage bildete der Festalt, den die Schule ihren alten Schũlern 
in der Aula gab. Nach der Begrüßungsanjprache von Oberstudien- 
direltor Dr. Köhler, der besonders des früheren Direbtors Duden 
gedachte, trug ein Primaner einen Vorspruch vor; die Auffũührung 
einer Szene aus Sophobles Antigone schloß sich an, die eine be⸗ 
achtenswerte Leistung der Schüler zeigte. Ein Oberprimaner 
hielt jodann eine wirbungsvolle Kleist⸗Gedächtnisrede. Den Danb 
der alten Schüler ũberbrachte Direktor Dr. Kühne-Godesberg. 
Anschließend gings unter den Klängen der küchtigen Gymnasial- 
apelle zum Marktplatz, um dem Anzũnden des Lollsfeuers bei⸗ 
zuwohnen. 
Der Festzug bewegte sich dann zur Stiftsruine, wo Lehrer 
Neuhans einen Vortrag über die Geschichte der Stadt Hersfeld 
hielt. Nach einem Umzug durch die Stadt löste sich darauf der 
Festzug vor dem Rathaus am Lullusbrunnen auf. Am Nbend 
nahmen sodann die Feste der Woche ihren Anfang. Am Mitt⸗ 
woch ist der Haupttag der Landleute, die in hellen Scharen zum 
Lullusmarkt in die Stadt gezogen kommen. 
Als das Feuer am Donnerstag um sechs Ahr gelöscht wurde, 
fand eine bleine Schlußfeier statt. Nach altem Brauch belommen 
bel dieser Gelegenheit der Bürgermeister und die Stadtväter ein 
Lob oder das Gegenteil für ihre letztjährige Tätigbeit zu hören. 
Auch in diesem Jahre hatte man der Stadt allerhand am Seuge 
zu flicken, und manche Wünsche aus der Bürgerschaft wurden laut, 
deren Erfüllung sich die Stadiväter im neuen Jahre angelegen sein 
lassen werden. Mit einer bengalischen Beleuchtung der altehr- 
würdigen Stiftsruine fand der bleine Festakt seinen Abschluß. — 
Das Ende der Hersfelder Festtage ist der Montag. Über den 
Erfolg der Lullustage dürfen auch in diesem Jahre die Hersfelder 
vieder stolz sein. Da die Begeisterung für die schöne alte Sitte 
ioch beineswegs nachgelassen hat, sondern eher im Wachsen be— 
jriffen ist, jo ist man sich schon heute einig, nun doch in jedem 
jahre den Lullustag festlich zu begehen. Wie bringen unseren 
desern einige wohlgelungene Aufnahmen vom diesjährigen Fest- 
zuge, um auch denen ein Bild zu vermitteln, die nicht persönlich 
den Festtagen beiwohnen bonnten. G. 
Aus hessischen Dorflirchen. 
Am 16. Obtober feierte die Gemeinde Franbershausen am 
Meißner das hundertjährige Bestehen ihrer Kirche und zugleich 
die Weihe des völlig erneuerten Gotteshauses. An der Altar— 
vand erheben sich die Gestalten von Moses und Christus, von 
Zunstmaler Karl Leyh ausen aus Kassel geschaffen. Auch die 
Zirche und die Sabristei im Turm wurden harmonisch ausgemalt. 
Am Nachmittag hielt Pfarrer Dr. Heckmann einen Vortrag 
iber Frankershausjen und seine Kirche, die auf eine fast elfhundert- 
ãhrige Geschichte zurückblicken können. Die Urkunden des Fuldaer 
ind Germeröder Klosters und der Bilsteiner und Dörnberger 
herrschaft geben Aufschluß über das Werden diejses ältesten 
Meißnerdorfes. Die Reihe der Pfarrer läßt sich fast lũckenlos 
»is zum Jahre 1261 zurückverfolgen. — 
Das Innere der Kirche zu Wiera (Kreis Siegenhain) wurde 
inter der bLũnstlerischen Leitung des Malers Mons aus Röllshausen 
in stimmungsvoller Weise 
neu hergerichtet. Die Aus⸗ 
jührung der Arbeiten war 
den Malermeistern Kappauf 
und Schmittdiel aus Treysa 
abertragen. 
Heimatschutz. 
Die MWonatsschrift „Na- 
lurschutz“, herausgegeben von 
Prof. Dr. W. Schoenichen, 
erhebt ihre mahnende Stim⸗ 
me zur Kettung des Hirz- 
teins. Sie schreibt: „Die 
Sajsaltklippen des Hiezsteins 
in Hessen sind das hervor— 
ragendste Naturdenkmal des 
Habichtswaldes, nicht nur 
vwegen ihrer grotesken Schön⸗ 
heit, jondern auch wegen der 
Figenart der Flora, die teil- 
weise vielleicht als Uber⸗ 
hleibsel aus einer frũheren 
Steppenzeit aufzufassen ist. 
Die Forstverwaltung traf am 
Hirzstein einen Ausgleich 
zwischen den Erfordernijjen 
der Wirtschaft und den ide⸗ 
alen Belangen des Heimat- 
chutzes und der Wissenschaft, indem sie die massige Basaltmauer 
»em Abbau preisgab, die Klippen aber schützte (1911). Neuer- 
ings sucht die Pachtgesellijchaft den Beschluß umzustoßen. Es ist 
ieselbe Gesellschaft, die bereits den eigenartigen Hangarstein mit 
einen fiederartig gestellten Bajaltsãäulen in Straßenstaub verwandelte. 
Helingt es nicht, dieses einzigartige Naturdenbmal (des Hirzsteins) 
u erhalten, so muß das Vertrauen in die öffentliche Naturdenk- 
nalspflege schwere Einbuße erleiden.“ 
Kleine Chronik. 
Die Stadt Kassel beginnt im Marstall ein städtisches Archiv 
inzurichten. Swei Hallen werden alte Grabsteine und Grabstein— 
latten des Lutherfriedhofes, prächtige alte Taufsteine sowie 
Nastiken aus der Barok und Kenaisjancezeit aufnehmen. Innungs- 
ãume sollen ein vollständiges Bild der Kasseler Innungsgeschichte 
eigen; in Künstlerzimmern hofft man die Werbe Kasseler Künstler 
vie Du Ry, Nahl und Tischbein unterzubringen. — 
Der als Begrũnder des wissenschaftlichen Oogelschutßes bebannte 
Oenithologe Fereiherr Hans von Berlepsch feierte am 18. Oktober 
einen 170. Geburtstag. Auf der Versuchs⸗ und Musterstation für 
Hogelsichutz zu Seebach hält er alljährlich Lehrkurse ab. In fremde 
S5prachen ũbersetzt und ũber die ganze Welt verbreitet ist sein 
orbildliches Buch „Der gesamte Vogelschutß, seine Begrũndung 
ind Ausführung auf wissenschaftlicher Grundlage“. Der „ODogel- 
erlepich“ ist Ehrendobtor der Universität Halle. 
Hersfeld. Die Meßgerinnung im Lullusfestzuge. 
Hofphotograph ẽ*Wberth, Kassel. 
Nachdruck nur nach Abereinkunft mit dem Herausgebee gestattet. 
herausgeber: Konrad Bernecher. Druck und Verlag: A. Bernecker, Melsungen. 
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