Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

jeufelchen bicherte denn auch zu der ebenso überheblichen wie 
zänzlich versehlten Haarspalterei und ließ einen Haarwolf und 
eine Haarberge, denen später ein Heecrwolf nachhinkte, aus 
Schoofs gelehrter Feder entspringen. Die Kasseler Schriftleitung 
hatte „die Aussprache geschlossen“. Bald darauf nahmen mich 
zwei größere Arbeiten ganz ein; so bomme ich erst heute auf 
diesen unbefugten Angriff zurũck, und zwar unterbreite ich zunächst 
ein anderes Urteil ũüber meinen Deutungsversuch, das der Germanist 
und wohl bebannteste Volbsbundler W. o. Prof. an einer unserer 
größten Hochschulen, abgibt: „Alsbald nach Eintreffen las ich 
den Aufsaß ũber Hersfeld und tue dies heute nochmal, heute mit 
der Kuhe und Muße, die man einem so inhaltreichen Aufjatz 
unbedingt schenken muß und auch schenken darf. Ich gestehe auch 
diesmal, daß ich den Ausführungen mit großer Aufmerksambeit 
und großem Vergnäãgen gefolgt bin. Ich für meine Person wüßte 
nichts einzuwenden und mũßte schon selbst gründliche Nachprũüfungen 
vornehmen, wenn ich dies oder das widerlegen wollte. Auch scheue 
ich mich nicht, wiederum Ihren Scharfsinn unverhohlen und gern 
anzuerkennen. Sprachlich und sachlichgenommen sind Ihre 
Erblärungen und Herleitungen durchaus einwandfrei.“ — 
So urteilt ein Gelehrter, den jeder Fachmann als unbedingt sach- 
verstãändig achtet und den sich das Ausland — auch jeßt wieder — 
zinlädt, wenn es von deutscher Volks- und Altertumskunde efwas zu 
ernen wũnscht; mir persönlich unbebannt, auch mit Schoofs Urteil nicht 
defaßt. Seinen Namen ziehe ich in diese mir aufgedrungene Abwehr 
nicht hinein. Schoof aber sieht in meinen Ausfũhrungen nur 
„prachliche Unmöglichkeit und Ausartung in dilettantische Spiele⸗ 
reien“. Nun fand ich durchweg mit geimmigem Behagen nur wieder 
bestätigt, was ich schon lange jelbst wußte, dazu aber seit dem 
22. April 1925 auch noch bescheinigt in Händen habe, daß 
nämlich Schoofs „Anschauungen in Dingen der Volbs— und 
Namenkunde erheblichen Sweifeln begegnen“. Sch. wirft mir 
„ohne zu ahnen“ vor; er freilich „ahnt“ wohl, worum es sich 
damals handelte. 
Einen Heer wolf stellt Schoof selbst auf, aber „Bildungen wie 
Waldwolf bzw. Waldwolfjsfeld sind grundsätzlich unmöglich“. Vgl. 
zunächst Heidwolf, Struthwolf; RKudolj — Rodewolf wie 
Kuthard — Kodehard; ferner Ditolfis rode; Willolfisbach, d. i. 
Ort am Wild- oder Waldwolfsbach. Klare Überlieferung, für 
Schoof „jprachliche Unmöglichkeit“. Aber Hauptsache: den uralten 
Vamen Hardulf, d. i. Waldwolf, kbennt Schoof naktürlich nicht. 
Dieser kommt auch als Harftolf, Hertolf und heute noch als 
F. N. Harloff vor; ebenso wie Hartwig, Hertwig, Harwig 
und Herwig ganz gleich sind. Von O. NM. vgl. noch Harbach, 
uralt: Hartbach; Harbshausen, um 1200: Hart⸗prats-hausen, d. i. 
Hardfridsh. RKeinhards (Fulda), 1116:. Reginheres; Kein— 
hardsh. 1244: Reinher shusen. Der Namenforscher Sch,. richtet: 
„setzt irrtümlicherweise Reginher mit Keinhard gleich‘“ Aber 
selbst an meinem vorgebrachten deutlichen Beweis, daß har 
(wie auch hair, haer und her) hier nur Abschliff aus hard, hart — 
Wald ist. geht Schoof „ohne zu ahnen“ vorbei: Heutiges Wolferts 
hieß 824: in Molles-har-rodi marcu, Molleshart, Wolvishart 
maior, später: zum Wolfharts. — Dem Wolles harrodi marcu 
entsprechen ganz genau die Bestandteile Har-ulvis-feld; vorn 
nur in umgebkehrter Stellung, wie so oft zur Unterscheidung. 
Ich führte ja auch an: Dater Aribert, Sohn Pertari; der 
VDolbsmund hat auch heute noch „Weillang“ neben „Lange— 
weile“. — Die Entstellungen infolge oberflächlichen Lesens bann 
ich unmöglich alle abwehren: den jedem Forstlehrling selbstver- 
ständlichen Seulingswald erbläre ich natürlich gar nicht; Schoof 
aber schiebt mir den Unsinn „Seulingswald — Hirschenwald“ zu. 
Nach dem allen „fallen seine Einwände als völlig unhaltbar 
in sich zusammen“. — Daß sich die Ortsgründungen mit „Wolf“ 
planmäßig untereinander entsprechen. geht aus meinen Deutungen 
klar hervor, und zwar sind sie offenbar Gründungen auf einem 
als „Volfsfeld“ damals bebannten Wald- und Steppen- 
gebiet: qui dicitur (dictus) sind stehende Ausdrũcke füũr Nennung 
allgemein bebannter Gelände. Vasto in loco geht m. E. 
sicher nicht auf eine damals gerade verlassene (käufliche) Einzel- 
tãtte, jondern meint eine ausgedehnte Wald-⸗, Gelände- oder 
Saubezeichnung. In der näheren und nicht eben fernen Um— 
ebung von Hersfeld wimmelt es auch sonst noch von Namen mit 
Wolf“: Wolfelbach, Wolfershausen, Wolfenrade, Wolferode, 
Volferichʒ, Wolf, Wulpfe — Woljsbach u. s. f. Die von mir 
jedeuteten Namen mit ⸗olves unterscheiden die Orte oder Jagd- 
lätten als Kehwolfsdorf, Sauwolfsdorf, Hirschwolssdorf, Dachs- 
volfsdorf, Stärkewolfsdorf u. s. f, d. h. als Haus oder Dorf bei 
»er Kehjagd im Wolfs(wald), wie solche Namen in ähnlicher 
form bei Reimer sehr zahlreich zu finden sind. Ich bleibe ũüber⸗ 
eugt, daß unser Gebiet ein Wolfs gau war, entsprechend dem 
enachbarten Kinggau als Rehengau und Thücingen als 
dirjchenland. Gehlsdorf faßt nach Edw. Schröder den Ring- 
jau auf Grund der ältesten Erwähnung (03) Reinichgowe zu Rain 
ind deutet Kenda als Platz am Kain, am Rande oder Ab—⸗ 
ang. Das ist sicher falsch. Keinig, Keinick ist noch heute F. M.; 
ein ist wie in Reinhard, Keĩnwald, Keĩnhold, Keinstein, Kein— 
eld u. a. aus regin, regen, entstanden und gehört zu reg, rech — Reh. 
Zing gau entsteht durch Näjelung aus rig rich; Kichard — Rehwald, 
araus F. N. Kinkhard, O. M. Kingleben, Kingenberg. Ig und ing in 
olchen Fällen sind stets gleich: Ihrig — Ihring. S. u. Kengs- 
zausen. — Duerig, Düringe, wird zu Thüringen und entspricht 
Tyrol (F. N. Tyrolt), aus Thrholt — Hirschwald. — Der Nedergau 
it wohl ein Nalter- oder Ottergau; Bebra — Biberau (am Biber⸗ 
oassjer). So auch hier: Hard-Ulvis-feld war offenbar damals als 
Volfsgau, Wald- und Steppengelände für Jagd und Weide, 
ebannt. Die Siedlungen auf seld und ⸗dorf sind nun eigentümliche 
Merkmale für Siedlungsgebiete fränkischer Kolonistengruppen. 
der Ausbreitung frãnkbischer Grundherrschaft folgte alsbald die Aus- 
reitung rõmisch⸗Lirchlichen Wesens. So entstanden meist erst die 
vietschaftlichen Vorbedingungen zur Ausführung von Rodungen 
zrößeren Umfangs mit Dörfern und Kleinsiedlungen, oft eng 
eĩieinander (Gehlsdorf: Kinggau). Daß beim Erscheinen der Mönche 
vahrscheinlich schon eine Verwaltung vorhanden war, geht daraus 
ervor, daß dem jungen Kloster schon 715 „Sefreiung von der 
räflichen Gewalt“ zugesichert wird. Saß diese an der Stätte des 
eutigen Hersfeld, dem von jeher bedeutendsten Orte des ganzen 
ßebietes? Jedoch: Seien nun die Ocftschaften Forstorte eines 
õniglichen Wildbannes, ũber den Köniq Karl verfügte, sodaß „zu 
em Rycholfes“ hieße: Stätte bei der Kehjagd im Wolfs(wald), 
zu denen Frytoifes — Dorf bei der Hege im Wolfs( wald), 
degewaldsdorf (wvie Heenes — zu dem Hain), also Namen für 
ie unterschiedliche Wildhege; oder seien sie Siedlungen von 
dintersassen des Klosters, die dieses selbst zur Oerwertung jeiner 
diegenschaften erst ansetzte; oder jeien sie frühere Gründungen 
rãnk. Kolonistengruppen mit bereits bestehender „gräflichen Ge— 
palt“ ... was alles sich mit den Mitteln der bis jetzt erschlossenen 
berlieferung nicht feststellen läßt... jedenfalls ist in der 
iltesten Schreibung des Namens Hersfeld viel eher eine Ge— 
ände- oder Gaubezeichnung als der Name eines persönlichen 
)orbesiters gegeben. Niemand bann die Forschung in Erb und 
)acht nehmen: Schoof sollte aljso redliche, von zuständiger Forschung 
merbannte Bemũhung zur weiteren Aufhellung des Namens der 
ilten Lullusstadt nicht abweisen, im besonderen nicht mit so gänzlich 
mntauglichen Mitteln, ũberhaupt solange nicht, als seine eigene 
deutung „erheblichen Sweifeln begegnet“. — In den Ortsnamen 
rat olves immer mehr zurück, keils bis zu einem kaum noch 
rbennbaren Kest, teils bis zum gänzlichen Ausfall, hier und da 
iuch durch Einsaß anderer Ausdrũcke für Jaad und Wald: Kengs- 
ausen (Kotenburg), ursprünglich dem Stisjt Hersfeld gehörig, hieß 
im 1200 Ringol ves husen, auch Regingozes husen (gozes, godes, 
. i. Ja goͤgebiet), Renharß husen (hartz als Rest von Wolfhartz), 
Zengis— und schließlich Kengshausen. So fiel auch im Ramen 
hersfeld das ulvis aus, und Herfeld, Hersfeld heißt im Grunde 
Waldfeld“, denn Heer ist hier der Kest von Hard. Genau so 
Alsfeld — Holzfeld, d. i. Waldfeld; vgl. Holzburg (Neubkirchen), 
alt Alsborch, Hals burg, Hols burg. Moch 1511 gehörte Holz- 
urg zum Amt Alsfeld. — Auch die Fulda bann nach den von 
nie aufgeführten Schreibungen nur als Waldwasser gedacht sein. 
—WX —4 
VDom Büuchertijche der Heimat. 
Heinrich Kuppel, Herrgottsvögel. Geschichten und Slizzen. Sandes sind reichlich 18 der lachenden Muse des Dichters ent⸗ 
A. Bernecker, Heimatschollen-⸗Derlag, Melsungen. prungen. Es seien nur einige kböstliche Stũcke genannt, die allein 
Diejes demnächst erscheinende Buch, das uns im Manuskript chon die Anschaffung des Buches für jeden hessischen Leser lohnen: 
porlag. wird den hessischen Erzähler von einer neuen Seite zeigen. der Keiter aus dem Paradies, Knüllhasen auf KReisen, Das 
Die Gestaltung herber, tragischer Konflikte aus dem Bauerntum kxamen durchs Fenster, Orpheus auf dem Bauernhof, Die Ochsen⸗ 
tritt mehr und mehr zurück gegen die braftvolle Darstellung dredigt, Peter im Glück u. v. a. Was das Buch besonders reiz- 
heiterer, vom farbigen Licht des Humors umspielter Menschen doll macht, sind mehrere Stücke aus der im Hessendorf verlebten 
und Geschehnisse des Dorflebens. Von den 33 Erzählungen des dindheit des Dichters, der väter- wie mütterlicherseits alten 
7
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.