Schlummerlied õ Don Luise
Cauer.
Irgendwo fährt der Wind übers Kornfeld,
Beugt und wieget die schlanken Halme
Mit den schweren, gesegneten Ahren,
Bũtig, wie ein Dater wohl streichet
Uber das weiche Flachshaar des Kindes
Mit leijer Hand.
Irgendwo sitßzet ein Vöglein zu Neste,
Spreitet seine schützenden Flügel
Sorglich ũber die hilflose Brut,
Daß bein bältendes Lüftchen sie streife,
Daß sie mit bösem Blick nicht erschrecke
Irgend ein Feind.
zrgendwo drückt eine Mutter ihr Kindlein
diebevoll an den warmen Busen,
zchenkt ihm Nahrung und schenket ihm Liebe,
Züßt sein flaumiges Köpfchen voll Andacht.,
Betet und weiß, was sie auch erbitte,
Wird ihr gewährt.
Irgendwo kommt der Freund einst zu die auch,
Sagt: „Nun ruhe nach mühvollem Wandern.“
S5chließt dir die Augen und wischt leisen Fingers
Fort von der Wange die leßte Träne,
Sringt dir den Schlummer, den leidlosen, tiefen,
Den keiner scheucht.
A lter Seit
us adlter Soeoit.
Der Bohlstein bei Hilgershausen
am Meißner.
Von De. Ernst Wenzel, Magdeburg.
Im neunten Kapitel seiner 10901 erschienenen Warhaften Be—
chreibung der Fürstentümer Hessen und Hersfeld jamt deren ein-
perleibten Graf und Herrschaften p.p. handelt Johann Just Winkel⸗
mann „von den süßen und merkwürdigen Brunnen und Quellen
Hesseniands“ und beginnt also: „In dem 104. Pjfalm erzählet der
prophet allerley von Gott den Menschen Verliehenen Wolthaten,
wofür er herzlich, unter andern O. 10 usw., mit diejen Worten
danket: Du läsjjest Brunnen quellen in den Gründen, daß die
Wasser zwischen den Bergen dahin fließen, daß alle Thiere auf
dem Felde trinben, und die wilden Thiere ihren Durst löschen, an
demsjeibigen wohnen die Vögel des Himmels, und singen unter den
Zweigen.“ „Die göttliche Allmacht hat auch im Hessenland un⸗
zählbär viele Brunnen von süssen, klaren, sauren, kalten, warmen,
Salz- und mancherley gesunden Wassern, aus den lustigen Quellen
in den Thälern und Gebirgen entjpringen lassen.“
Einer dieser und ganz besonders merkwürdigen Brunnen ist
der Quell im Hohlstein unterhalb des Nordhangs des Königs der
hessischen Berge, des „Wissener“, der durch den Hollenkultus,
Hollenteich und Hollental bebannt ist. Über den Hohlstein war
bisher folgendes bebannt:
Am Wege von Allendorf nach Großalmerode westlich des
Dorfes Kammerbach und sũdöstlich des Dorfes Hilgershausen liegen in
nordjũdlicher Kichtung die Hilgershãuser Kauhbalkfelsen (Dolomiten),
um deren Südfuß die Straße eine große Schleife macht. UAnter
dem bis zu 20 mm hohen Felsen liegt im Walde versteckt der Ein⸗
zang zum Hohlstein, zu dem man von der Straße auf einem Fuß-
peg gelangt. In der 50 m langen, 28 m breilten und 12 -215 m
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schmeckendes Wasser etwa — 60 K. warm ist. UArsprünglich war
die Höhle noch größer, jedoch ist der östliche Ausgang in neuerer
Zeit zerfallen. Bei der durch den Einsturz hervorgerufsenen Er—
schütterung löste sich auch Tropfsteingebilde ab. Seitdem bonnte
äch nur erst ein geringer Tropfstein rötlicher Färbung ansetzen.
Man vermutete in der Nähe der Höhle noch weitere Hohlräume,
da die Lastwagen an einer Stelle der vorbeiführenden Straße
zinen dumpfen Klang wie aus einem Gewölbe hervorrufen. ÜÄber⸗-
haupt zeigt das Kalkgestein viele Einsenkungen, Löcher, Spalten und
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Alljãhrelich zogen am 2. Ostertag Burschen und Mädchen aus
den zunächst gelegenen Dörfern zu dem Hohlstein und legten da-
elbst Blumenjträuße als Opfer nieder, tranken von dem Wasser
und füllten soiches in die Krũge, die sie mit nach Hause nahmen.
Das „von der Sonne nicht beschienene Osjterwasser“ galt als heilbräftig,
namentlich bei Augenbkrankheiten. Deshalb begaben sich auch die
Bewohner von Frankbenhain vor Sonnenaufgang zum Hohlstein,
um heilbräftiges Wasser zu schöpfen. Ohne das Blumenopfer
wagte man sich gar nicht in die Höhle. da man alaubte. ohne
ein solches Gott zu erzürnen.
NMun hat A. Weber, Bad Soden, in seinem Aufsaß ũber „Der
Hohlstein oder die Kammerbacher⸗ bzw. Hilgershäuserhöhle“ im
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noch geschildert und durch hochwilllommene Abbildungen llustriert.
Daraus geht hervor, daß vor dem Eingang der Höhle noch ein
leiner runder Teich liegt, dessen Wasserspiegel mit dem in der
Höhle Lommuniziert. Er liegt in der Axe der Längsrichtung der
Höhle und des Eingangs. Dieser liegt unter dem senkrechten
Feljen und wird von einem anoͤren seitlich vortretenden Felsen,
dem „Mädeljprung“, flankiert. Nur eng, schmal und niedrig ist der
kingang, da er durch niedergegangenes Gestein auf ca. 12 m
Höhe und 2281mm Breite verschũftet ist. Vordem soll er mindestens
vm hoch gewesen sein. Eine Beseitigung der Schuttmassen würde
»olle Kliarheit schaffen. Gleich hinter dem Eingang steigt die
Höhle zu einer hohen Kuppel auf, die ũber dem Teil, wo der
5ee liegt, relativ am höchsten ist. Nach hinten aber steigt das
Hewölbe noch an, nur wird die lichte Höhe vom Fußboden ab
mmer geringer, da der Fußboden nach hinten sehr starkb ansteigt.
in den beiden hinteren Ausläufern wird die Höhle immer nied-
iger und schmäler und verliert sich in nicht mehr begehbaren
5palten. „Die Temperatur der Höhle unterliegt nur bleinen
zchwankungen, ein Gefrieren des Sees im Winter ijt noch nicht
eobachtet worden.“ Weber gibt dann ein Stimmungobild der
döhle und legt auch dar, wie sie durch Auswaschung entstanden
ein muß und wie auch in ihrer Nähe Erdfälle und Spalten fest-
ustellen sind, in denen auf eine große Strecke ein Bach. der
Ottersbach, verschwindet.
Interessant ist weiter die Mitteilung einer alten Sage, wo—
ach ein Mädchen, ob seiner Untreue von seinem Verlobten ver—
olgt, von dem hohen Felsen neben der Höhle in den Teich vor
erjelben, den Hexen- oder Nixenteich, gesprungen sei, wo sie als
ßeist weiter lebe, als Wasserelbe oder Nire, die alle untreuen
Mädchen in die Tiefe ziehe.
Aus dieser Sage geht unzwelfelhaft hervor, wie der uralte
Slauben an die Nafurgeister oder Alben, Elben. Elfen aus dem
zeelenglauben entstanden ist. Man trifft die Elben ũberall da,
vo die behaujungslosen Menschenseelen ein schattenhaftes Dasein
risten, in der Erde, in der Luft, in Feld, Flur, Wald und in den
ñewässern. Ursprünglich also Seelengeister, mögen die Elben sich
illmählich von ihrem seelischen Untergrund gelöst haben, um dann
ꝛest durch die schöpferische Einbildungskraft der Menschen in
flementargeister verwandelt zu werden.
Von aͤllen Geistern am meisten gefürchtet waren die Wasser-
ben, die als tũckisch und gefährlich galten, da sie Tiere und
Nenschen als Opfer forderten. Slie sind nichts anderes als wieder
erlörperte Seelen von ertrunkenen Menschen, die im Wasser
hohnten, aber auch wie die lebenden Menschen sich auf der Erde
ewegen bonnten. Sie hießen Nichus, Nichessja, Neck oder Nixe,
Vasserjungfern, Wassermänner, Meerweibchen, Meermänner,
Vasserholde, Brunnenholde, Elfen. Sahlreiche Sagen berichten
on den holden weißen Jungfrauen, die mit ihren schneeweißen
der schwanenweißen Leibern in den Fluten auf- und niedertauchten
ind im Sonnenschein ihr langes, wie Gold schimmerndes Haar
rãählten und schnätzten. Gfters treten die Wasseralben auch in
Zeziehung zu den Menschen, gingen mit ihnen auch eheliche Ver-
indungen ein, die aber für die Kontrahenten zu Konflikten führen
außten. Oft rettete sich auch verfolgke Unschuld zu den gũtigen Brunnen⸗
ixen, von denen sie gut aufgenommen und reich beschenkt wurde.
Daher vielfach auch wieder Selbstmorde durch Sturz in den Brunnen.
Aus dem Dämonenglauben, einem Polytheismus, wuchs der
Nonotheismus, der Glaube an eine höchste Gottheit, der die anderen
ßötter untertan waren. Die Gottheit thront im Himmel über
en Wolben. Vom Himmel, dem Sitz der Gottheit, strömt das
Vasser als befruchtendes Element zur Erde nieder und dringk in
eine Spalten und Risse, um an heiligen Orten aus dem Schoß
er Erde wieder hervorzujprudeln. Die Quellen gelten als Wohn-
orte göttlicher Wesen, der Töchter der Gottheit.
Man könnte bei dem Quellenkult im Hohlstein auch an Frau
holle denken und die Höhle als Hollenstein ansehen. Eine solche
deutung dũrfte nicht zu weit gehen. Herr Prof. Eduard Schröder,
ßöttingen, hat in einem Aufsatßz „Frau Holle“ im „Werratal“
924, G. 2-1, Frau Holle als Roepräsentantin einer Vielheit von
Zeistern geschildert, als ein Riesenweib von erschrecklichem Aus⸗
ehen, das mit einem Geisterheere durch die Luft zieht, aber auch
oie im Frau Hollenteich auf dem Meißner anderwärts in Ge—
undbrunnen und Kinderbörnchen haust. Sie ist ein Dämon, der
soch aus der Seit stammt, die der Verehrung eigentlicher Götter
orausliegt. diese aber ũberdauert hat. „Wie andre Dämonen
hnlicher Art haust sie im Innern der Erde, in Quellen und
leichen. aber sie tritt auch mit Wolken, Nebel und Schnee in die
kricheinung. Mit der Fortentwicklung der Kultur wird sie auch
ur Beschützerin der häuslichen Frauenarbeit.“