und nur für größere Städte bestimmt. Später wurde die Sahl
zergrößert, sodaß jeder Kanton mindestens einen Gendarmen hatte,
n Homberg war es »lLe Blanche«. Weiter wurde eine geheime
Polizei gebildet, bei der leider auch hessische Landsleute als Agenten
in Dienst traten. Endlich wurde der Code Napoleon und die ge—
amte französische Gerichtsbarbeit eingeführt. In Kassel wurde ein
Appellationsgericht eingesetzt. Acht Kriminalgerichte in den
einzelnen Departements wurden an den Hauptorten errichtet. In
edem Distrikt wurde ein Tribunal erster Instanz eingerichtet. Den
Tribunalen unterstanden in den einzeinen Kantonen die Friedens-
gerichte. „Der Friedensrichter als Einzelpersönlichkeit war eine
angesehene, auch meist politisch einflußreiche Persönlichkeite). Der
Friedensrichter für den Kanton Homberg, Fenner, hatte seinen
Sitßz in Homberg. „Als Verwalter der Gerichtsbarkeit wurden
den Tribunals⸗ und Friedensgerichten Notare zur Seite gestellt, die
e nach der Größe ihres Amtskreises — eines Tribunals- oder
Frledensgerichtsbezirks — in Notare 1. und 2. Klasse zerfielen“).
Homberg hatte einen Notar 2. Klasse, das weist der Stempel
zines Kaufbriefes nach, auf dem es heißt: Karl Kembe Cant.
Notar zu Homberg, Distrikt Hersfeld, Werradepartement, König-
eich Westfalen. Die Neuerungen Napoleons hatten ihre angenehmen,
iber auch ihre unangenehmen Seiten. Nur die fühlten sich unter dem
Schutze des französischen Adlers wohl, die unter der Fremdherr—
schaft zu Keichtum und Ansehen gebommen waren. Wer aber
von der Verschwendung des Hofes beinen Nutzen zog, war fast
durchweg ein Gegner des Franzosentums.
Wenn auch die nun folgende nächste Seit „der tiefsten Er—
niedrigung“ wenig danach angetan war, die wackern Hessen zu
ermutigen, so wurde doch gerade durch sie der in ihrem Herzen
schlummernde Groll noch vermehrt; die still erduldete Schmach zu
rächen, wurde das Siel der Wünsche vieler Tausender“). UÜbermut
und Sittenlosigkeit der Eindringlinge, Unfähigkeit, Bestechlichbeit
uind Günstlingswirtschaft von Hof und Beamten, Abergriffe der
allmãchtigen, geheimen Polizei unter Bongars, die drũckenden
Abgaben, Kontributionsgelder oder Steuern (in den niederen
Oolkskblassen betrugen die direkten Steuern im Jahre 1809 52/5
Frank pro Kopf), das Bewußtsein, ohne Schwertstreich unter das
Joch der in so vielen ruhmreichen Schlachten geschlagenen Fran⸗
zojen gekommen zu sein, und die besonders bei den Bauern, Forst-
beamten und Geistlichen starke Anhänglichbeit an das alte Fürsten-
aus bewirkten bald eine immer mehr wachsende Unzufriedenheit?).
Dazu bam, daß die entlassenen Soldaten und Offiziere, die im
Lande umherzogen, die schon erbitterten niederen Volbsschichten
gegen das französische Joch aufhetzten.
Hessen erwies sich aus drei Gründen als ganz besonders zur
Ausfũhrung einer Vollbserhebung geeignet. Einerseits befand sich
hier infolge der frũheren militärischen Verhältnisse eine unverhältnis⸗
näßig große Anzahl briegsgeübter Soldaten; sodann besaß, außer
dem preußischen, wohl bein anderes deutsches Volk eine solche, zu
edem Opfer fähige Liebe zu seinem angestammten Fürstenhause,
und als drittes fand sich damals in Hessen ein Mann, der durch
eine persönlichen Eigenschaften wie wohl bein zweiter dazu ge—
schaffen war, seine Landsleute zum Kampfe zu führen. Das war
der Freiherr Wilhelm von Dörnberg zu Hausen.
Er wurde am 14. April 1768 auf Schloß Hausen bei Ober—
aula geboren. Er wurde Fähnrich in der hessen-Lasselschen 1. Garde,
trat später in preußische Dienste und geriet nach der Schlacht bei
Jena in französische Gefangenschaft. Nachdem er nach kurzer Seit
vieder freigelassen war, begab er sich nach Hessen, „um zu sehen,“
wie er sagt, „was dort zu tun sei“‘. Dörnberg war der Mann, der
alle zu einer Aufgabe wie der ihm bestimmten erforderlichen Eigen-
schaften besaß. Eine Siegfriedsgestait, dabei in allen ritterlichen
Künsten erfahren, von raschem, sicherem, aber angenehmem Blick,
Aug und tapfer, in der Stunde der Gefahr aber kühl und bedäch—
tig, verband er mit einem achtunggebietenden vornehmen Wesen
ein freundliches und leutseliges Benehmen.
Jérôme fand an dem stattlichen mannhaften Frelherrn Ge—
allen und ernannte ihn im Mai 1809 zum Obersten der Chasseurs
Tarabiniers, einer aus Förstern bestehenden Elitetruppe in Mar—
burg. „Hier fing ich nun recht ernstlich an,“ schreibt er, an meinem
Plan zur Befreiung Deutschlands zu arbeiten. Seine Stellung
war hier ganz besonders dazu angetan, ihn für die Ausführung
des Planes, soweit er Hessen belraf, wirben zu lasen, indem er
unter seinen Jägern ein Material fand, wie er es nicht besser zur
Unterstützung der Sache wünschen Lonnte. Unter den Osfizieren
hatte Dörnberg zahlreiche Anhänger. Besonders waren von
der Gröben und von Bothmer in Vörnbergs Pläne eingeweiht.
Er verschaffte sich auch Unterstützung in Kassel. Der fräühere
urhessijsche Minister von Schmerfeld, der woestfälische General-
5) Kleinschmidt S. 135. 6) Goccke S. 100. 7) Scipio S. 280. 8) Kürschner S. 107.
irettor der Domänen von Witzleben, Generalinspektor der Forsten
on Wintzingerode, der Geheime Kriegsrat Lennep, Oberst
ẽengelhardt, Major Krupp und zohlreiche andere waren im stillen
ür die Vorbereitung der Erhebung fätig.
„In Anbetracht der damals unvollkommenen Verbehrsmittel
rschien es für Dörnberg wünschenswert, mit den Gesinnungs-
enosjen in Kassel eine unverdächtige Verbindung zu unterhalten.)
dierzu bot Homberg eine treffliche Gelegenheit, und namentlich
as dort befindliche adlige Fräuleinstift bildete bald den Mittel-
unkt der Verbündeten in Hessen. Außerdem lebten in Homberg
och einige andere Angehörige hessischer Adelsfamilien, die jämt-
ich um Dörnbergs Pläne wußten“.
„Neben dieser Adelsverbindung bestand eine anfangs von ihr
õllig unabhãngige Verbindung der bũrgerlichen und ländlichen
Zevõlberung, welche merkwũrdigerweise ihren Hauptsitz ebenfalls
1 Homberg hatte“.0) Hier standen der Friedensrichter Martin,
essen Dater, der Pfarrer der Stadt, und dessen Schwiegervater,
er Apotheber Rommel, an der Spiße. Der aristobratischen Be—
»egung galt als Siel ihres Strebens die Befreiung Deutschlands,
ährend die bürgerliche Bewegung nur die ihres engeren Dater-
indes im Auge hatte. Etwa gegen Anfang des Jahres 1809
and eine Verschmelzung beider Parteien statt, sodaß nun beide
dörnberg als ihren Führer anerkannten.
„Während die hessischen Patrioten der Entwickelung der Er—
ignijsse hoffnungsfreudig entgegensahen, erhielt Dörnberg uner⸗
»artet den Befehl, sein Bataillon mit den zum Abmarsch nach
zpanien bestimmten Truppen zu vereinigen.) Er jelbst wurde
iach Kassel zurückgerufen, was in ihm den Verdacht erregte, daß
ie Sache vorraten sei. Er beschloß daher, jeßt zu handeln, und
andte den Leutnant Bothmer nach Homberg, um die Verbündeten
u benachrichtigen. Kaum war Bothmer fort, als Dörnberg die
dachricht erhielt, daß zwei Divisionen französijcher Truppen von
Nainz aus im Anmarsch sjeien. Anter diesen Umständen blieb
hm nichts anderes übrig, als den gefaßten Entschluß wieder
ückgängĩig zu machen. Obgleich bereits 80 Dörfer benachrichtigt
zaren, blieb das Geheimnis bewahrt. Dörnbergs Besorgnis, der
Nan wäre verraten, erwies sich als unbegründet. Er wurde in Kassel
um Obersten eines Chasseurregimentes ernannt. Auch die Leute
riner jeßigen Abteilung bonnte Dörnberg für jeine Pläne gewinnen,
benso wie den größten Teil der Offiziere und Mannschaften des
um Teil in Homberg „bantonierenden“ Käürassiererregimentes.
So war die Mitte des Monats April herangebommen, und
ie sich jetzt verbreitende Kunde von dem NAusbruch des Krieges
wischen GEsterreich und Frankreich ließ die Seit zum Kampfe in
hesjen geeignet erscheinen, als ein Swischenfall eintrat. Schill,
er mit Dörnberg in Verbindung stand, wollte mit diesem zusammen
»sschlagen. Aber durch einen Brief an Schill, den die französische
dolizei abfing, wurde Schills Plan verraten. Schill wurde be—
achrichtigt, er solle sofort zur Erhebung aufrufen und sich nach
dessen durchschlagen. Dörnberg wünschte den Tag der Erhebung
n Hessen von der Anbkunft Schills abhängig zu machen. Die
folgezeit hat gezeigt, wie verhängnisvoll es für beide Teile
verden sollte, daß man hiervon abging.
Der bedächtig und klar blickende Dörnberg wurde indessen
n einem von den hessischen Patrioten zu Kassel abgehaltenen
driegsrate ũberstimmt und der 24. April als Tag der Erhebung
estgesetzt. Am 19. April erfuhr jedoch Dörnberg, daß einer der
nit im Bunde bejindlichen Offiziere am 22. April den Befehl
er Schloßwache habe. Mit Rücksicht auf diesen für den Aus-
jang der Sache günstig erscheinenden Umstand wurde am 21. April
er folgende Tag. — also der 22. — als Tag der Erhebung be—
immt. Am 22. abends sollten die Sturmglocken die Aufständischen
ammeln, um dann nach Kassel zu marschieren, die Stadt zu er—
bern und den König gefangen zu nehmen.
„Mit Windeseile flog Dörnbergs Ruf zu den Waffen durch
as Land“, und bald verbündete der Kuf der Sturmglocke in Stadt
ind Land, daß die lang ersehnte Stunde der Erhebung gegen die
erhaßte Fremdherrschaft geschlagen habe. Im Kreise Wolfhagen
atte der dortige Führer des Aufstandes, der Forstassistent Berner,
egen den Befehl Dörnbergs die Leute schon am Morgen alarmiert.
Dieser Umstand sollte üble Folgen sür den Verlauf des Auf-
andes haben, und es unterliegt wohl keinem Sweifel, daß Berner
ie eigentliche Schuld des Mißlingens des Planes zugeschrieben
perden muß.“2) Der Stallmeister von der Malsburg, der auf seinem
ßute Elmarshausen gewesen war, begegnete bei seiner Rückbehr
inem Trupp der Ausständijschen. Auf jeine sofortige Anzeige
eim Könige wurde der Staatsrat zu einer Sitßzung berufen. In
ieser Sitzung wurde auch der Name des Ortes Dörnberg genannt.
einfolge eines Irrtums entstand nun das Gerücht, der Plan sei
9) Scipio S. 232. 10) Scipio S. 233. 11) Scipio S. 233. 12) Goccke SG. 157.