Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

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VDom Büchertische der Heimat. 
Otto Roquette, Waldmeisters Brautfahrt. Verlag von 
Phil. Reclam, Leipzig. Preis o,80 RM. 
Diesje Versdichtung voll Rheinromantiß und Jugendũber⸗ 
chwang wird junge Herzen begeistern, so lange der Dreiklang 
Jugend, Khein und Wein noch nicht verklungen ist. In dieser ge⸗ 
ãlligen und preiswerten Ausgabe wird das „Rhein-, Wein- und 
Wandermärchen“ viele neue Freunde zu den alten gewinnen. K. 
Hans Keyhing, Brachland. Verlag Strecker 8 Schröder 
in Stuttgart. 
VDier Dorfgeschichten von der Rauhen Alb, denen Kreaft und 
Naturwahrheit einen unbegrenzten Wirbungsbereich sichern. Wer 
uin Bauernbrot großgeworden ist, weiß, daß in diesen Bildern 
zein einziger unechter Sug ist. In diesen Geschichten leben und 
eiden Menschen, die der bargen Scholle die Lebensbedingungen 
ibringen. Harte, eigenwillige Herzen, ũber die erst der Pflug 
des Schickjals gehen muß, um sie für das Saatborn aufzulockern. 
Die knappe, zieibewußt fortschreitende Erzählungsweise fesselt. 
Die Sprache der Dorfleute ist bernig, bildhaft und volkbstümlich. 
Oolbsbũchereien sollten diese Erzählungen vor anderen berũck- 
ichtigen. Niemand wird sie ohne Freude und Erhobensein aus 
der Hand legen. R. 
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Auf der Hoeimatwarte. 
Führer durch die Halbinsel Höri. Verlag des VDerkehrs 
pereins Hori (am Bodensee, Sitz Gaienhofen). Preis 0, 80 KM 
Dieser Fuͤhrer hat werbende Kraft und iist geeignet, der 
Sehnjucht in die Ferne Schwingen zu verleihen. Er weiß die 
Schonheiten des Unterseegebietes und des Schienerberges in einen 
seinen Kahmen zu fassen. Handlich und brauchbar, gibt das 
Sũchlein auf jede erdenbliche Frage des Erholungsuchenden und 
hes naturfrohen Wanderers Ausbunft. Möge es mithelfen, daß 
die schönheitgesegnete deutsche Landschaft zwischen Aach und Khein 
von deutjchen Keisenden recht gewürdigt werde. K. 
Hans Keyhing, Sommerjohanniĩ. Heitere Albgeschichten. 
Oerlag Strecker 8 Schröder in Stuttgart. 
Das Buch beingt „rare Sachen“, wie man in Hessen von 
eltenen Kostbarbeiten jagt. Geschichten wie „Bei der ersten 
Waßserjuppe“, „Der Fuchs im Haus“ oder „BSäbele, wit mi net?“ 
wachsen nicht oft in jolcher Frische und Natũrlichkeit. Wer wieder 
einmal ein jeliger Sohn der Natur sein will, gönne sich die Ge⸗ 
schichte von ‚Gerhard Mägerle“ und dem Wunschheidehäuschen. 
Das Buch ist wie ein Kind: es hat Lachen und Weinen in einem 
Sack, aber mehr Lachen als Weinen, wie sich das für ein heiteres 
Buch von selbst versteht. K. 
D. K. Stamm 7. 
Am 13. August d. J. verschied der Präsident des evange⸗ 
lischen Landesbirchenamtes D. Käarl Stamm zu Kassel. Er wurde 
am 171. September 1810 in Borken (Kreis Homberg) geboren, 
besuchte das Gymnasium zu Marburg und studierte Rechtswissen 
jchaft in Würzburg, Berlin und Marburg. Im Jahre 1908 wurde 
er als Justitiar an das Konsistorium nach Kassel berufen. Er 
war einer der besten Kenner des hessischen Kirchenrechts und 
leistete die umfassenden Vorarbeiten zur neuen Kirchenverfassung 
Seit 1924 Präsident des Landesbirchenamtes, wurde er beim vor⸗ 
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sität zum Ehrendoktor der Theologie ernannt. Seine leßte Ruhe- 
stätle sand der Verblichene auf dem Friedhof in Wahlershausen. 
Musikfest in der Stiftsruine. 
In der Stiftshirche zu Hersfeld, der größten romantischen 
Kircheneuine Deutschlands, veranstaltete am 1. August der Chor⸗ 
berein unter Leitung von Gymnasialobermusiklehrer Fischer eine 
Aufführung der Goetheschen Ballade Walpurgisnacht in der Der⸗ 
onung von Mendelssohn. Die Chöre bamen zu starker Wirbung— 
bei dem beschließenden Hymnus an das göottliche Licht erstrahlte 
die Kuine in bengalischer Beleuchtung. Das Orchester stellte die 
Fuldaer Reichswehrbapelle. Die Auffũhrung wurde in Stadt und 
Zreis Hersfeid als bedeutsames Lünstierisches Ereignis gewertet. 
VOerbräãmt sind diese Vorgänge noch mit einer Liebesszene 
wischen Marthas Bruder und dem Töchterlein des Torwarts. 
Fahrende Schũler und Sigeunervolk beleben bunt das Stück. 
Mitglieder der „Schauburg Kassel“, Kasseler Bürger und 
Angehörige Kasseler Jugendgruppen wirbten im Spiele mit. Man 
var mit ganzem Herzen dabei. Martha Hülsing zeigte ein reifes 
Zönnen, Maͤruschka, die Sigeunerin (auch tänzerisch eine schöne 
Leistung), dürfte allgemein am besten gefallen haben. Die Rolle 
»es Hauptmanns, zweifellos die schwerste, lag in guten Händen. 
Der Hansteiner, der stimmlich arg behindert war, mußte durch 
iußeres Auftreten ersetzen, was ihm zum jungen Fortinbras an 
Ztimmbraft fehlte. Köstlich spielte der Frieder, der junge Knappe. 
Die aͤlte Burg mit ihrem schweren Eisjentor und dem massigen 
Sergfried gab einen wirkungsvollen Hintergrund ab. Es ist auch 
ewas Schoönes, wenn man soviel edle Kösser (die Herr Amtmann 
khrbeck freundlich zur Verfügung gestellt hatte) vor einem staunen- 
en Publiko tummeln banns Eine geschickte Regie hätte den 
derrn das Aufssteigen noch etwas leichter gemacht, vielleicht auch 
as arme Mädchen nicht glelch auf den — allzu wandervogelmäßigen 
Scheiterhaufen montiert! 
Das Stũck zeigt im ganzen recht frische Handlung, besonders 
Jjefallen hat mir die lebendige, natũrliche Sprache. Es jand am 
kEnde den verdienten BSeifall. 
Mur war der Himmel den Festspielen nicht hold, und es 
erscheint mir jraglich, ob die Spieler für ihre großen Muhen auch 
—* nennenswerten Uerschuß zum Besten der Burg erlangt 
aben. H. 
Technijsche Hochschule. 
Eine zum Aniversitätsjubiläum zu Marburg gegebene An- 
egung des Hessischen Volksbundes in Homberg, sowie des Archi- 
elten Fritz Stückh und des Kaufmanns Ernst Kunz zu Nieder- 
wehren, die Entwickelung der höheren Gewerbeschule zu Kaßssel 
ur technijschen Hochschule anzustreben, hat in weitesten Kreisen 
Seachtuͤng gefunden. An der schon in burhessischen Seiten be⸗ 
tehenden Gewerbeschule haben bedeutende XEXVL 
elehrt, jo Friedrich Wöhler, Winkelblech, Bunsen u. g. Da sich 
iberall aus den höheren Gewerbeschulen die technischen Hochschulen 
entwickelten, so fordert man jetzt auch für die Kasseler höhere Ge— 
verbeschule diese Weiterentwickelung, die das gesamte geistige 
Leben Kassels zu fördern geeignet jein dũrfte. 
Ludwigsteiner Burgfestjpiele (20.-21. Ernting). 
Uber die graue Burg hoch über der Werra ziehen in schweren 
Beschwadern graue Wolken. Grau erscheint jelbst die liebliche 
Tandschaft heute. Aber vor dem altersgrauen Gemäuer ist heut 
viel junges buntes Lebenl Die Ludwigsteiner haben zum Fest— 
spiel eingeladen, und weil man sie gern hat und von ihnen viel 
erhoßft, ist man dem Ruf gefolgt von nah und fern. Selbst hohe 
Sehorden sind erschienen, und unter den Gästen bemerkt man 
den Kegierungspräsidenten Dre. Friedensburg. 
Diee Heyre vom Ludwigstein“ von Georg Mohr erlebt ihre 
Uraufführurig. (Im Druck erschienen im Heimatschollen⸗ Verlag.) 
Sas Siuck beginnt wirkungsvoll mit Fanfarenblasen von der 
BSurgaltane. Seine Fabel ist sehr schlicht und bald erzählt: 
Auf dem Ludwigstein hat noch die Witwe des früheren Amt⸗ 
manns und Vogts der Burg ihren Siß. Swei erwachsene Söhne 
und eine schone Tochter nennt sie ihr eigen. Der Hauptmann der 
Surgbesahung, eine rohe Landsknechtsnatur, begehrt das Madchen, 
wird aber steis abgewiesen. Seine Liebe schlägt in Haß um, und 
er sinnt, Wariha zu vernichten. Sudem weiß sie auch von seinem 
perraterijchen Plane, die Landgrafenburg dem Hansteiner aus. 
zuliefern. Anter dessen Herrschaft erhofft er sich ein freieres 
Seben. Gerũchte seiner Buͤrgmannen ũber Wartha lassen in ihm 
den Plan reifen, ihr als Hexe den Prozeß zu machen. Die vom 
Hauptmann verhetzte Besahzung spricht ihr das Arteil: sie joll ver⸗ 
brannt werden. Im letzten Augenblick naht der Hansteiner, er 
jchlägt den Verräter und führt Martha als Braut heim. Den 
bersandten Schlũshsel der Burg schickt er dem Landgrafen zurũck 
weil er als ehriicher Nachbar handeln will. 
Aus Oberbaufungen. 
Die Stiftslinde, eins der altesten Wahrzeichen von Ober⸗ 
laufungen, fiel den heftigen Auguststürmen zum Opfer. Schon 
or zwel Jahren vom Sturme beschädigt und ausgemauert, um 
je vor dem drohenden Untergang zu schůtzen, hat sie am 12. August 
ein schwerer Sturm völlig entwurzelt und über die Mauer des 
alten Friedhofss gestürzt. Man schätzt das Alter des seit 1924 
unter Naturschut stehenden Baumes auf 5800 Jahre. 
Nachdeuck nur nach Äbereinkunft mit dem Herausgeber gestattet. 
Herausgeber Konrad Bernecher. Druck und Verlag: A. Bernecher, Melsungen. 
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