Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

tellen oder sonstwelche Menschen, eine hessische oder eine sãchsische 
oder eine westfälijche Landschaft, immer wird in ihnen jene Ver⸗ 
vurzelung irgendwie mitschwingen, denn das echte Kunstwerb ist 
ja doch immer nur der Ausdruck des Innerlichsten, das ein 
Kũnstler besitzt, oder es ist eben nicht echt. Asthetisch ijst aber 
diejem Mitschwingen der Sodenstãndigkeit im bũnstlerischen Schaffen 
zaum beizukommen. Es entzieht sich solchen lediglich auf die 
vahrnehmbare Form bezogenen Vorstellungen und SBegriffen. 
Dennoch ist es da, und jeder Hesse, der einmal vor einem Bild 
on Sanher gestanden hat, erinnert sich, es gefühlt zu haben. 
Aun — es ist eben das Gemeinsame, das ihn mit Banßer 
nd seinem Schaffen verbindet, denn auch er, der Betrachter des 
Südes, ist ja als Hese tief verwurzelt in seinem Heimatland. Es 
ist ein unsichtbares Erbennungszeichen, es rũhrt sich im Innern 
des BSetrachters als ein Gefũhl, daß er jelbst zu einem Teil in 
em Sude steckt, er weiß nur nicht wieso, und doch ist es so ein⸗ 
Ih, so naturüch, ja, ganz unmystisch und, beinahe physiologisch 
achzʒuweisjen. Ein wenig Logib, und das Kätjel ist gelöst! 
And in der Tat! Wie sollte ein Künstler, dessen erste Lebens 
rindrũcke aus dem Schwalmgrund stammen und dessen Bewußt 
n marburg reijte und dort sich volljog mit dem, was die 
Zahnberge zu geben hatten, ein Künstler, der trotß jahrelanger 
Abbwesenheit in Or es 
den, wo er als Direbtor 
her Kunstakademie wirk⸗ 
e, alhsommerlich mit 
einen Schulern nach 
OBillingshausen kam 
sund Lommt), um dort 
Sorrat zu sammeln an 
ostlichen Ausblicken in 
Natur und Leben des 
Hessenlandes, wie sollte 
der nicht durch und durch 
Hesse sjein, und wie 
vDare es denkbar, daß 
ein Schaffen unberũhrt 
hon diejen Elementar⸗ 
zräften seines Lebens 
hliebe? Nein, es ist ganz 
erfüllt davon, und wie 
soilte es geschehen, daß 
seine hesuschen Lands- 
—XRX— 
merkten? Es nicht auch 
empfinden, stark, unab- 
peislich, freudigen Her⸗ 
zens und danbbaren 
Hemütes? Empfinden, 
daß in diesen Werken 
der Kunst, die in alle 
Welt hinausgegangen 
ind, die Heimat lebt und 
die im Blut empfangene 
Siebe zu dieser Heiĩmat und keiner anderen, eine Liebe, wie 
ije nur der empfinden bann, der eben diese Heimat hat und beine 
indere? 
Das ist es, was Bantzer mit seinen Landsleuten verbindet, 
und was diese empfinden, ob sie nun vor dem „Abendmahl in 
Hessen stehen oder vor der „Engelwiese“, vor dem „Schwälmer 
canz oder vor dem „Familienbilde, vor dem „J. G. Falb“ oder 
dem Ernte -Arbeiter“, vor der „Freien Höhe“ oder dem „Blick in 
den dunklen Wald“. Es ist immer das Gleiche und eben jenes 
eigentũmliche, den Herzschlag beschleunigende Gefühl, das einer 
hat, wenn er in der Fremde ploötzlich seine Muttersprache vernimmt. 
ẽEs gehört zu dem Schönsten, was es gibt. Und dajür sind ihm 
Tausende dankbar und Tausende und, Tausende werden es auf's 
neue jein, solange seine Bilder bestehen und es Wenschen gibt, 
die sich Hesjen nennen. Freilich — auch diese Seit zu ũberdauern 
sind Bantzers Silder gemacht. Darin liegt ja ihre Größe, daß 
ie in ihrer allgemein menschlichen Wirkung an Seit und KRaum 
nicht gebunden sind und dennoch auch in der „Enge“ der Heimat 
gelten wie bLeine anderen. 
Carl BSanter ist auf dem Gebiete der bildenden Kunst ohne 
Zweifel der bedeutendste Mann, den Hessen besitzt. Dieser Super⸗ 
saliv muß erlaubt sein, auch wenn angenommen werden darf, daß 
es hessijche Maler gibt, die ihn in dieser oder jener besonderen 
Fertigkeit oder Eigenschaft ũbertreffen mögen. In einer ist er 
unũberfroffen, und zwar in der für die gegenwärtige Betrachtung 
Naßgebenden Eigenschaft: nämlich darin, daß er in hervorragend 
Geheimrat Profesjor Dr. Banher 
Hofphotograph 
tennzeichnender, weder beengter noch beengender Weije hessische 
et Pekundet. And dafür schuldet der hessische Volksstamm diesem 
NReister deutscher Kunst unauslöschlichen Dank, dauernde Liebe 
uind beständige Verehrung. Will Scheller. 
Erneuerungsarbeiten in Wilhelmshöhe. 
In Schioß und Park Wilhelmshöhe bonnten infsolge der Be⸗ 
eĩtstellung von Mittein durch die Staatsverwaltung die dringendsten 
frneuerungsarbeiten endlich in Angriff genommen und der VODer⸗ 
biiderung und dem Verfall wirkjam Einhalt geboten werden. Im 
zchlose sind jetzt einige frũüher nicht zugängliche Kãäume, wie die 
zrüne Galerie, der runde Speisesaal, der Stucksaal und, der 
Kange'sche Saal, den Bejuchern geöhfnet. Auch die Löwenburg, 
ie durch Frost und Efeu Schaden gelitten hatte, wurde Aus- 
eserungsarbeiten unterzogen. Im Parkb hat man Ausblicke 
reigelegt, das Landschafisbild ruhiger und einheitlicher gestaltet, 
ie Wege ausgebessert und auf großen Verkehr umgestellt. Die 
Zasbadenstufen auf der Sũdseite wurden erneuert, und in jeder 
Seziehung wurde grũndliche Arbeit geleistet, um die vielfältige 
ʒchonheit von „Deulschlands Gartenwunder“ unversehrt zu erhalten. 
Jugendherbergswesen. 
ODer Sweigausschuß NRiederhesfjen-Waldeck der deutschen 
Jugendherbergen hat in Kasjel mit dem Bau eines HNau— 
es der Jugend begonnen, 
as beides, Jugendher⸗ 
derge und Jugendheim, 
in sich vereinigen und 
Landschulen, die im Win⸗ 
ter Kassels Kunst- und 
Bildungsstätten be⸗ 
suchen, Unterkunft ge— 
währen soll. Es sind 
Oortragsjãale, die drei⸗ 
bis vierhundert Personen 
fassen, und Unterbunfts- 
äume mit 300 Lager⸗ 
tätten vorgesehen. Mit 
der Einweihung dieser 
zroßen Jugendherberge 
will man dem Reichs- 
jugendherbergstag, der 
im Obtober o2s in Kassel 
tattfindet, einebesondere 
SBedeutung geben. — 
Auch in Bebra 
vurde eine neue Jugend⸗ 
herberge eingerichtet. 
Sie befindet sich in der 
Turnhalle, umfaßt 40 
Lagerstätten und soll 
noch weiter ausgebaut 
ve 5 
22 rim ie neue Jugend- 
g einem Pillingehauser Atelier. herberge in Feanten, 
berg, die in einem 1684 
errichteten Fachwerkhaus untergebracht ist und einen Garten mit 
umfaßt, sieht ihrer Einweihung entgegen. 
Kleine Chronik. 
Das Anwejen des frũheren Gastwirts Haas in Willings⸗ 
ausen, in dem sich die berühmte Malerstube befindet, ging 
zurch Kauf in den BSesitz des Heren von Schwertzell über, der 
ie Kenterei in das Gebäude verlegen will. In dieser Malerstube 
erlebten die bedeutendsten Vertreter der Willingshäuser Waler⸗ 
jolonie, wie Bantzer, Thielmann, Baum u. g., viele frohe und, an⸗ 
egende Stunden. Hoffentlich bleibt die Walerstube mit ihren 
usigen Bildern auf der Tüͤr und an den Wänden trotz Besitz 
vechjel erhalten. — 
Die Gudensberger Schũhßengilde konnte in den Tagen 
bom 30. Juli bis 1. August ihre 800. Jahrfeier festlich begehen. — 
Der Kasseler Industrievorort Bettenhausen feierte vom 
3. bis 8. Nugust sein 80öo jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß 
erschien eine Festschrift aus der Feder von Bruno Jacob. Die 
Feier nahm einen giänzenden Verlauf. Oberbũrgermeister Dr. 
Stadler überbrachte die Glückwünsche der Stadt Kassel, die das 
fichwäldchen und die alte Fasanerie zu einem VDolkspark umzu- 
gestalten beabsichtigt. Der Festzug zeigte außer geschichtlichen 
Zildern die kulturcüe und wirtschaftliche Bedeutung Bettenhausens. 
Nachdruck nur nach Abereinkunft mit dem Herausgeber gestattet. 
herausgeber: Konrad Bernecher. Deuck und Verlag: M. Bernecher, Melsungen.
	        
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