Lieber Hunger leiden als aufstehn.
Den Schäfern wird seit den ältesten Seiten nachgesagt, daß
sie e 5 jeien. egh ge 3 Fage⸗ e Seher 8
ein Heubaum auf einem Orlesch, während die afe sich au
ruhen, da sie jatt sind. An den Weideplat stoößt ein Acker, auf Kindermund.
dem der Schafhalter Hinnerch Kurz mit seinem Gespann beschäftigt Mutti“, jpricht blein Anni, „kaufe mir bitte eine große Puppe,
ist. Auf einmal weint mein Schäfer fürchterlich, und der Hinnerch vie sie in Kassel in den Schaufenstern stehn!“ Die größere Schwejter:
ruft: „Wos fehlt der dann, ormer Necklowes?“ „Ech honn jo Aber Anni, das sind doch Wachs puppen zum Ausstellen!“ Klein
Honger!“ ist die Antwort. „Dann geh doch on mengen Schnapp- Anni ganz begeistert: „So eine Puppe, die jeden Tag wächst,
sack oön lang der Brot ön Worscht!“ xuft ihm der Kurz zu. Da wöchte ich gerne haben!“ O.
—
Auf der Heimatwarte.
mtgegnet ihm der im Grase liegende Schäfer: „Ech honn jo en
nengem Ranzen do henger mär öch Brot ön Worscht; äwwer
ann ech dos honn well, muß ech mech remdrehn!“ C.Lieje.
Carl Bantzer.
Zum 70. Geburtstag des Känstlers am 6. August.
Der Geist eines Volkes findet in dem geschichtlichen Verhalten
der Massen des letzteren großen Ereignissen und Schicksalen gegen-
ũber, und nicht in militärischen, wirtschaftlichen, politischen Leistungen
den entscheidenden Ausdruck. Am deutlichsten verlautbart er sich
bielmehr in den Einzelnen, die aus dem von ihrem Volb besiedelten
Boden hervor und über ihn hinausgewachsen sind, um aller Welt
zu künden von dem Wesen, das sie, unbegreiflich zwar, doch ũber⸗
mächtig erfüllt. Der Geist des hessischen Volbsstammes ist,
wie diejer selbst im täglichen Leben, zurückhaltend, barg in seiner
Außerung, beusch in seinem Empfinden. Infolgedessen entspricht
es seiner Art, daß er nicht allzuviel Einzelne hervorgebracht hat,
die von ihm in wesentlicher Weise Kunde geben. Die es aber
tun, sind Leute, auf die er stolz sein kann. Einer von denjenigen
aber, auf welche dies im vollsten Sinne des Wortes zutrifft, ist Carl
Banßzer, der in diesem Monat das siebzigste Lebensjahr vollendet.
Schon vor ihm hat das Hessenland bedeutende Vertreter der
bildenden Kunst hervorgebracht. Es braucht nur an die Familie
Tischbein, an Ludwig Knaus, an Böttner, Bromeis erinnert zu
werden. Aber wenn er diese und alle anderen in etwas über⸗
trifft, dann geschieht es in der unerhörten Stärke, mit welcher er
hessisches Wesen zum Ausdruck bringt. Und diese Feststellung ist
um so ehrenvoller für ihn, als er dabei nicht in einer Be—
schränkung der darstellerischen Motive und ihrer Behandlung
perharrt, sondern in einer Weise verfährt, die ihm lebhafte An—
2ebennung auch von seiten des auf eine einseitige deutsche Heimat-
dunjt naturgemaß nicht eingestellten Auslandes, insbesondere des
romanischen, eingetragen hat. Was dieses an ihm ichätzt. ist die
Farbigkeit auf
und die Be—
vegung in
seinen Bildern,
Werte rein
bũnstlerischer
Art, die in sei⸗
nem Schaffen
mithin stark ge⸗
nug sind, um
auch dem Frem⸗
den verstaͤndlich
und reizvoll
erscheinen zu
können. Ein
Franzose hat
ihn sogar ein-
mal als den Ke⸗
prãjentanten
deutscher Kunst
ũberhaupt be⸗
zeichnet.
Das besagt
piel. Es be—
agt, daß Ban⸗
zers Kũnstler⸗
tum etwas ist,
das zu allen
Menschen
pricht, das als
allgemein
menschlich be⸗
trachtet werden
Lann. Was und
wie er es schildert, das hat demnach nichts eng Begrenztes,
aur in einem bestimmten nationalen Leéebensbezirk Verständ-
liches. sondern etwas, das der Welt. der Menschheit angehört
ind nur ganz großen Künstlern eigen ist. Troßdem gibt er, wie
ejagt, in wesentlicher Weise von seiner Heimat Kunde, trotzdem ist
ein Schaffen so hessisch, wie es das eines Malers nur sein bann. Frei-
ich: echt hessijch jsein, das heißt, im besten Sinne deutsch sein, und
eutsch sein, das heißt auch heute noch, für die Menschheit leben.
Was ijst es nun, das Banßer, der in Siegenhain als Sohn
ines Marburgers geboren, seinen hessischen Landsleuten, den
Zewohnern seiner Heimat, bietet? Es bann nicht besteitten werden,
aß dies, wie stark es auch immer empfunden werden mag, in
Vorten schwer auszudrũcken ist — denn es ist was Innerliches, eias,
on dem beiner viel Worte zu machen pflegt, weil es jedem zu
em Schonsten, Feierlichsten gehört, das er bennt. Es ist etwas
zeelijsches. Gewiß: all' die Bilder, auf denen der Hesse jein
'and und jeine Leute gejpiegelt sieht, freuen ihn von Herzen. Es
edeutet ihm eine redliche und berechtigte Erquickung, zu sehen,
die ein großer Künstler das Leben im Lande zu Hessen benn—
eichnend auf die Leinwand bringt. Es tut ihm wohl, dle impo—
inten Bauerngesichter aus der Schwalm, Gesichter von Männern
ind Frauen, die an Sucht und Arbeit, aber auch an Erjfolg ihrer
Villenskraft wie ans Ertragen schwerer Schickjale gewöhnt find,
o bedeutungsvoll abgemalt zu sehen. Es freut ihn, eigene Ein—
rũcke vom Leben dieser Menschen, Alltag und Festtag, Arbeit
ind Ruhe, Kirchgang und Kirmes abgebildet zu sehen in einer
Veisje, die den Künstler zu einer Weltberühmtheit gemacht und
ziner Heimat zum Ruhme gereicht hat. Aber es ist mehr als
ieses Gegenstãndliche, was ihn zu diesen Bildern zieht, ebenso,
bie es mehr ist als das eminent Künstlerische, was diese Schöp⸗
ungen so sehr aus der ganzen känstlerischen Entwicklung dieser
seit hervorhebt. — Es ist, wie gesagt, schwer zu sagen, denn es
iegt weder im Stoff noch in der Form, liegt in gae nichis Außerlichem.
Ein Fremder
ann es auch
niicht empfin⸗
en, es ist eine
Zache, ein
Sefühlsmo—
nent, das nur
die Landsleute
des Känstlers
nit jeinem
Schaffen ver⸗
indet, und
auch dann,
venn der Ge⸗
genstand nicht
ausgesprochen
yessijch ist. Was
e»es also?
was See⸗
isches, wurde
chon gesagt,
rin Gefühls
noment. Wie
ann dieses nun
nWerken aus⸗
zedrückt wer⸗
en? Eines ist
edenfalls blar:
venn ein schaf⸗
ender Mensch,
so wie Bantzer,
mit allen Fasern
jeines Wesens
in der Heimat
erwurzelt ist, dann gehört diese Verwurzelung zu den entscheidenden
ẽ lementen seines Daseins und muß sich, bewußt oder nicht, in jseinem
5chaffen auswirken. In seinen Bildern. ob sie nun hesische Bauerndae⸗