„Grundlagen zu einer Geschichte der Familie Braun“ von Dr.
Hans Braun treffen wir u. a. Ansichten von Frankenberg und
Haina. Die Familie Braun hat in mehreren Städten: Kassel,
Eschwege, Melsungen, den Apothekerberuf ausgeübt.
Trotz der Freizügigkeit blieb die Bebölkerungszahl Melsjungens
während der Fremdheerschaft dieselbe, aber fast nur Unbemitlelte
zogen von außen hinzu, so daß man schon 1810 ein Deittel der
Sewohner unter die Armen zählen bonnte. Von den 395 Woh—
nungen enthielten manche nur Stube und Kammer. Sum Vergleich
mit Frankbenberg stehen uns beine Grundlagen zu Gebote; immerhin
dürften hier die Verhältnisse ähnlich gewesen sein.
Im Jahre 1818 hören wir jedoch von einem „Bescheid der
Zurf. Regierung zu Marburg in Sachen des Einwohners
Simon von Hermershausen (Kr. Marburg), Klägers, wider die
Stadt Frankenberg, Beblagte, Entschädigung für die Unterhaltung
eines Kindes betreffend“. Danach schrieb die Verordnung vor,
daß jeder Ort seine Armen ernähren müßte. Die Armenbränken⸗
nission in Frankenberg sei auch durch Keg.Kescript vom 1J. Nov.
1816 angewiesen worden, für das befragte Kind zu sorgen. Doch
folge daraus noch nicht die Verbindlichkeit der beblagten Stadt,
die DVerpflegungskosten dem Kläger zu ersetzen, die er als Vormund
und Derwandter des aus Mitleid zu sich genommenen Kindes
aufgewandt habe. Da im Gegenteil 8 2 der VDerordnung vom
11. Febr. 1763 vorschreibe, daß einheimische Arme binnen vier
WVochen in diejenigen Orte, wohin sie gehören, sich begeben und
daselbst ihre Verfũgung abwarten sollen, hätte Kläger dies be—
solgen und das befragte Kind der Behörde in Franbkenberg
»ringen sollen. Der Kläger werde deshalb mit seiner eingeklagten
Forderung, jowie beblagte Stadt mit ihrer Gegenklage abgewiesen,
mit Vergleichung der Kosten, die für die Stadtbhasse 15 Ktl.
8 Alb. betrugen.
VDom 4. bis J. März 1818 hat der Licentaufseher Jabob
Keudel in Frankenberg den kranken Daniel Dehn, gebürtig aus
Frankenau, gepflegt. Er hat ihm „Essen und Trinken, Aufwaͤrtung
uind nächtliche Einhelizung, desgleichen eines von seinen Hemden
jegeben, weil derselbe voll Ungeziefer war“. Die Stadtbasse ver⸗
gütete ihm 1 Rtl. Ebenso erhielt der Stadtdiener Klein für Ver—
oflegung desselben Kranken vom 1. bis 10. März 1 Ktl. 17 Alb.
4Hell. Der Apotheker Weidemann liquidierte für den „durch—
eisenden Krankben“ Dan. Dehn gefertigte „Mixtur alle Stunde zu
nehmen 21 Alb. 4 Sll., Spezies zum Thee 4 Alb. — 1 Ril.
lAlb. 4. Sll.“ — Am 1. Mai 1818 unternahm Just. Konr.
Schwaner eine „Krankenfuhre“ mit einem Kranben nach Hallen-
erg „ins Königl. Preußische“.
Für die bei dem Bäcker Just. Dehnert hier in Diensten stehende,
ierme Katharine Krause aus dem Schmalkbaldischen verabreichte
Mixtur wurde am 14. Februar 1820 dem Apotheber Weidemann
ius der Stadtkasje der Betrag von 14 Alb. 3 Hll. ausgezahlt.
die „dahier gestorbene fremde Frau“— wurde nach Marburg in die
Anatomie gebracht, zu welchem Swecke der Schreinermeister Andr.
Vilhelm einen „Verschlag“ für 2 Rtl. anfertigte.
Neben der drückenden Erhöhung aller Abgaben brachte die
krrichtung des Königreichs Westfalen auch eine gewaltige Steigerung
der militärischen Lasten. Napolcon betrachtete die von ihm ab⸗
ängigen Staaten lediglich als Geld- und Menschenquelle für seine
riegerijchen Unternehmungen. Er brauchte auch den letzten Mann
ür seine Pläne, und so war die von ihm festgesetzte Heeresmacht
»on 25 000 Mann bei Beginn des russischen Feldzuges berelts auf
0o ooo erhöht worden. (Mitt. 12/18. 6. 44).
Da für die Aufnahme solcher Massen die vorhandenen Kasernen
nicht ausreichten, griff man auf die Bürgerquartiere zurück, welche
Maßregel bei den unausgesetzten Durchmärschen (in Kassel) immer
rũckender wurde. Durch die Neuregelung vom 158. Oktober
810 wurde nun auch noch den mit der Einquartierung verpflich-
eten Bürgern ein Teil der Fürsorge für die kranben Soldaten
adurch zugewiesen, daß ihnen die Einrichtung und Unterhaltung
er Regimentskrankenstuben aufgebürdet wurde. Das war für
Tassel mit seinen rund 1500 Häusern und ungefähr 23000 Ein-
pohnern eine empfindliche Belastung, zumal die hier unterzubringende
kinquartierung durchschnittlich wohl 28900 Mann betrug.
Frankenberg mit seinen kleineren Verhältnissen ist natürlich
iicht mit einer so großen Einquartierungs- und Kranbkenpflegelast
eschwert gewesen. Doch mag auch hier die Unterhaltung kranker
doldaten in dem schon erwähnten Lazarett, verglichen mit der
Anzahl von Durchmärschen und Einquartierungen in unserer Stadt,
inen erheblichen Deuck für Frankenberg bedeutet haben. Wie
nan 1817 für die etwaige Einrichtung einer „Lazarethstube“ Be—
acht nahm, so ũbergab der nur einige Jahre bestehende Industrie-
erein 1843 unter der Bedingung, daß die Stadt ein Krankenhaus
inrichte, sein gesamtes Vermögen zu diesem Sweck. Die Stadt
aufte für 650 Rtl. das von Andr. Meiser an der Stadtmauer
ieu errichtete Gebãude und baute es zu einem städtischen Kranken-
e um, bis es gegen 1910 mit einem Neubau vertauscht
vurde.
J
Auf Heimatwegen.
J noch den alten Tor- und Wehrkurm ziemlich vollständig wieder-
Der Kirchturm von H elsa jibt. — Der Turm lag am Treffpunkte von zwel alten Heerstraßen,
als alter Tor— und Woehrturm. sie ja die Schnapphähne mit Vorliebe benuhten. Von jeiner Höhe
2* Dͤrel ius hatte man einen guten Auslug. Der Ursprungsbau, zwei
on C. Dippel. nassive Stockwerke aus rötlichem, von außen jeßt verputztem Sand-
Im, frühesten Mittelalter bedurften weder die Kirche noch der tein, nach Süden gesichert durch einen mächtigen Strebepfeiler,
Kirchhof eines besonderen Schutzes. Beide waren eben geschützt tammt aus der Seit der Gotib. Das besagt schon das spitzbogige,
durch eine gewisse religiöse Furcht, in der die Vertreter der Kirche este Tonnengewölbe, das nach Einnahme des Eingangiores noch
die Dolbsmasse dadurch zu halten verstanden, daß sie Schändung einen zweiten Torverschluß besaß. Die Tore drehten sich in noch
zer Kirche oder ihrer Umgebung als gut erhaltenen Steinpfannen und
Hottesfrevel mit schweren Strafen be— uden nach innen aus. Durch die offene
— halle bonnten die vom Felde heim—
um zum Raubritterunwesen herab⸗ wärts flüchtenden Erntewagen sofort
zejunken war, als die Ritter ihre auf den Kirchhof fahren, worauf die
Hauptbetãätigung darin suchten, gegen Tore durch Riegelbalken, die in die
eitig ihre Dorfschaften auszuplündern Mauer löocher geschoben, den Einlaß ver⸗
und zu verwüsten — was besonders ammten. (Dieje Mauerlocher sind heute
n den Seiten der Fehden zwischen roch als holzverschalte Gange vor⸗
Hessen und Mainz allgemeiner Brauch handen.) Mißiang dem Feinde ein auf
war — waͤhrend die Einsprüche der UÜberrumpelung berechneier Anschlag,
irche machtlos verhallten, fingen die jo ritt er meistens ebenso schnell wieder
Dorfbewohner, die sich nicht wie die ab, wie er gebommen war, sich aller-
Stãdter hinter feste Mauern zurũck· dings rächend durch Verwüstung der
iehen bonnten, an, wenigstens ihre Felder.
Airchhöße zu befestigen und in geeig- Die an der Innenseite der Mauer
nete Sufluchtsstätten umzuwandeln. hochfũhrende schmale Wendeltreppe, in
Spuren solch ehemals befestigter Kirch⸗ ihrer Anlage charabteristisch für alle
höfe finden wir in Hesen noch eine damaligen Verteidigungstürme, war
ganze Anzahl. So auch in dem sorgsam eicht zu verteidigen. Man gelangte
m Lossetale eingebetteten Helja, desjen auf ihr zum eigentlichen Verteidigungs-
m Viereck angelegte Kiechhofsmauer aum im Obergeschoß, das durch einen
allerdings als einstige Kingmauer kaum Bretterboden noch heute in 3wei
noch zu erkennen ist, in dem vom nedrige Kammern geteilt ist, von
Kirchenschiff abgerũckten Kirchturm (als enen jede vier Scharten besaß,
Kirchenanlage eine Seltenheit!) dagegen zinige davon sind jetzt zugemauert.
dirchturm von Helsa.
Nach einer Seichnung von Chr. Beyer.
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