Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

der „Musique“ rund 2 Stunden rechnen bann. Was mũsjen unsere 
Aitbordern für Nerven und Mägen gehabt haben, daß sie das 
aushielten! Auch ihnen wird es nicht uͤnwillkommen gewesen sein, 
daß die Trompeten jetzt zu Tische 
eiefen, wo an J langen Tafeln die 
mehr oder minder hohen Gäste und 
Deputierten, das Lehrkollegium. die 
Beamten, Geistlichen und Kats— 
herren speisten, waährend unten im 
Kathaus die Musensöhne, an 5800 
Studenten, abgefũttert und so nach⸗ 
drũcklich getränkt wurden, daß „sie 
alle Fenster, Bouteillen, Gläßer, Tische 
und Bänke in tausend Stücke zer⸗ 
ichmisjsen, da der Schade auf 200 
Keichstaler zu schätzen.“ Glũcklicher⸗ 
veise hatten sie vorher ihre Degen 
iblegen und dem Fechtmeister in Ver⸗ 
wahrung geben müssen, sonst wäre 
der Schaden vielleicht noch größer 
Jeworden. 
Am anderen Tage erfolgte die 
feierliche Promotion von 85 Dobktoren 
aller vier Fakultäten, wobei die 
Dobtoranden unter Vortritt der 
zeptertragenden Pedellen mit Musik, 
mit 70 Fackelträgern und einer Menge 
mit buntem Flor geschmũckter Knaben 
zur Kirche geführt wurden. Nach aber⸗ 
maligen unglaublich langen Reden, 
die im alten Testament begannen 
und mit dem „unter gnädigstem 
Schutz unjerer gnädigsten Hereschaft“ 
blũhenden gegenwãrtigen Sustand der 
Universitäf endeten, wurden dann 3 
)octores Iheologiae, I60 Doctores Juris, 
3Doctores Medicinae und eben- 
opiele Doctores Philosophiae breiert, 
‚nach welchem Actu promotionis von 
Herrn Prof. Kirchmeyer die Einseg- 
niung geschehen, und also die Pro- 
esjion wie vorher wieder auf das 
Kathaus sich verfũget, allwo auf dem 
großen Saal wiederum wie vorigen 
Tag gespeiset worden“. An den 
Fenstern, Bouteillen, Tischen und 
Bänben scheint man sich aber dies⸗ 
nal nicht vergriffen zu haben, das 
wäre auch mif der jungen Dobtorwürde kaum vereinbar gewesen. 
„Den dritten Tag hat man die noch anwejsenden Herren 
Deputators im Beijsein hiesiger Universität auf dem Rathaus noch 
rabtieret, und damit 
diesje Sollenität be⸗ 
ichlossen worden“. 
Reicher als ũber 
die zweite Säbular⸗ 
eier fließen die 
Quellen ũber das 
dreihundertjãhrige 
Jubelfest der Ani⸗ 
hersität. Aus der 
Fülle der Schriften, 
die uns darũber 
erichten, heben wir 
wei hervor, die dem 
achfolgenden Be⸗ 
eicht zu Grunde 
iegen, eine ernst⸗ 
hafte, mehr oder 
veniger amtliche 
yon dem ehemaligen 
AUniversitätsprof. 
und Superintendent 
Dre. K. W. Jujsti 
Die dritte Sãkular⸗ 
feler der Universität 
Marburg“, und eine 
ustige und gänzlich 
noffiʒielle. mit dem 
Namen Peregrinus 
unterschriebene 
Schlsoß 
Vier Tage und vier Rächte auf dem dritten Säbularfest in Mar⸗ 
urg“, die in Gestalt eines Bricfes an einen alten Studienfreund 
er Feder des Amtssebretärs Frömbling (Peregrinuss heißt Fremd- 
ling) entstammt. 
Auch das dritte Jubelfest der 
Unlversität wurde an die Geburts- 
agsfeier des Landesherrn, Kurfürst 
Wilhelms Il., angeknũpft, die gerade 
in die letzten Tage des Sommer- 
emesters 1827, auf den 28. Juli fiel. 
Das Kebkorat, das mehrmals vom 
eßßischen Fürsten und Prinzen, auch 
e einmal von einem Isenburger 
ind einem Schaumburger Grafen 
gejührt wurde, während seine Aus- 
ibung in den Händen des vom aba⸗ 
emischen Senat gewählten Proreb⸗ 
ors (heute KRebtor) lag, scheint 
amals von beiner fürstlichen Person 
ebleidet zu sein; Prorebtor war der 
Sroßvater des diesjähr. Jubiläums- 
ektors, der Professor der Medizin 
Or. D. W. H. Busch. 
AUnter seiner Leitung — zwei 
andere Professoren waren ihm zu 
ꝛiner Kommission beigeordnet — ist 
das Fest nach Justis Bericht einfach, 
ber würdig und anständig begangen 
vporden. Eine Einladung an aus- 
vãärtige Universitäten war nicht dazu 
ergangen, obwohl nalũrlich jeder 
uswaͤrtige Gelehrte und teil⸗ 
iehmende Fremde willkommen und 
deren eine große Sahl vorhanden 
vpar. Schon mehrere Tage vor dem 
Feste fsanden sich Fern- und Nahe⸗ 
vohnende nach und nach ein. Auch 
ehlte es nicht an schriftlichen und ge⸗ 
ruckten Begrüßungen auswärtiger 
Helehrter, ja ganzer Hochschulen 
Sreslau, Berlin) und Gymnasien 
Hanau, Rinteln, Hersjeld) und ge 
ehrter Gejellschaften in Gestalt von 
Festschriften, Disputationen, Säkular- 
gejängen und Glückwunschschreiben 
in verschiedenen Sprachen. 
Elwert, Marburg. Sie Feier begann wieder 
mit einem Festgeläut am Vorabend. 
Den Haupttag des Festes, 28. Juli, den Geburtstag des Kur⸗ 
ãrsten, leitete eine militarijche Morgenmusib ein. Gegen Joꝛ/ Uhr 
amnmeilten sich die Tellnebmer in und vor der Elisabethkirche. Der 
kurfürstliche Be⸗ 
hollmãchtigte, Ober· 
Appellations ·Ge⸗ 
ichis · Prãsident von 
orbeck, Exzellenz. 
purde von 3wei 
Professoren einge⸗ 
volt, worauf sich 
1m 11 Ahr der Sug 
zur Universität be⸗ 
pegte; voran sämt⸗ 
iche Studenten, 
etwwa 400, danach 
ie weltlichen und 
geistlichen Be⸗ 
örden der Stadt 
ind, unter Vortritt 
zweier zepter- 
ragender Pedellen 
m roten Talar. der 
Prãsident von Por- 
heck zwischen dem 
Prorebtor und dem 
diʒebanzler, ihnen 
aach sämtliche or— 
entliche Pro⸗ 
essoren der vier 
Fabultãten, jede mit 
hrem Deban an der 
Zpitze, zuletzt die 
J
	        
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