Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

etliche enge seit thorlein hinaus zu gehen und Ire pferde hernach 
zu seiten. Am andern ort auch die Schlege fluchs hinder Inen 
pider zuschlossen“. Anter starken Drohungen gegen die aufsässige 
Surgerschaft waren die Verhöhnten und Gehänselten verritten. 
Der bedãchtige Kat mochte fühlen, daß bein gutes Ende 
heborstehe; aber ihm waren die Saügel entglitten. Führer waren 
indere Leute geworden. Und die ließen den aus seinem geregelten 
Seben gerisjenen einfachen Mann nicht zur Ruhe kommen. Immer 
wieder riefen die Glocken die Bũrger zur Versammlung „under den 
nden auf den Kirch Hofen oder Kat Heusern“. Dle Parteĩ des alten 
candgrafen hielt ihre Saat schnittreif. Entgegen dem Willen des 
hesonnenen Kates holten sie Wilhelm aus Spangenberg herbei. 
Am 12. Februar gegen 4 AUhr hielt er mit seiner Gemahlin und 
etwa 50 Keisigen seinen Einzug. Bürgermeistern und Kat war 
nicht wohl bei dieser Wendung; sie hielten es für geraten, den 
Kegenten die Neuigbeit sofort mitzuteilen?). Dasselbe tat der 
Amtmann Philipp Meisenbug; so waren sie am folgenden Tage 
schon um 6 Uhr morgens völlig unterrichtet. Sie verlangten schriftlich, 
daß Bürgermieister, Kat und Gemeine sie wissen lasse, ob sie Landgraf 
Philipp, die Regenten und ihr Gejolge einlassen wollten; sandten 
Keiter in die Nahe, Homberg zu beobachten. und boten auf, was 
sije in der Eile erreichen Lonnten, um am 14. Febr. frühmorgens 
nach Homberg zu ziehen?“). Sie brachten aus Stadt und Amt 
Cassel 1500 Mann zusammen und rũckten am 14. Februar vor 
die Stadt. 
Hier mußten sie sich überzeugen, daß ein Handstreich nicht 
angängig war. Arinbrust im Anschlag trotzten in den verrammelten 
koren die geharnijchten Reiter Wilhelms; auf den Mauern hielten 
aberwißige Weiber“ Steine bereit, um sie den Stũrmern auf die 
Zöpfe prasseln zu lassen; auf den Türmen standen Bürger hinter 
em kleinen Geschũt, dessen Rohre drohend grüßten. So kam es 
unãchst zu Unterhandlungen, die vor dem Tore zwischen den Kegenten 
nd Büergermeistern samt dem Rat gepflogen wurden. Deem 
finlaßheischen Boyneburgs und seiner Amtsgenossen jetzten die 
omberger Anterhändler entgegen, sie dũrften höchstens auch mit 
0 Keitern, wie der alte Landgraf, einreiten, „den sie besorgten. 
vo sie mit dem ganzen hauffen In die stadt kemen, mochte ein 
roßer unrath daraus entstehen“. Die Kegenten glaubten, an der 
zpitze ihres stattlichen Heerhaufens dibtieren zu bönnen und fragten 
õohnisch, „ob sie meinten, das sie die von Gent weren?)“. Aber 
e mußten baid einsehen, daß ihre Kriegsvöller wenig Lust hatten, 
as Soldatenspielen in Ernst ausarten zu lassen. Denn einige 
ʒchũsse aus den Halbenhabenbũchsen auf den Türmen schüttelten 
as zusammengewuͤrfelte Aufgebot auseinander. In Sand und 
dehmkauten verbargen sich die Mußbrieger oder juchten ihr Heil 
nder Flucht. Bohneburg erbannte, daß er mit einem solchen 
heerbann nicht zum Siele Lommen könne, stand für diesmal von 
Anem Vvorhaben ab, legte jedoch auf's Schloß und in das nahe 
Mardorf eine Beobachtungstruppe. 
Noach seinem Abhzuge mochten Landgraf Wilhelm und Frau Anna 
offen, ihre Absichten erreichen zu bönnen. Doch als sie die Erb⸗ 
uldigung forderten, ward sie ihnen abgeschlagen, sodaß auch ihnen 
ichts anderes verblieb, als der Stadt den Rücken zu kehren und 
nach Spangenberg heimzutraben. ESchluß folgt.) 
VDom Pulsschlag der Heimat. 
Des Rodensteiners Auszug. 
Hon Ella Gonnermann. 
Surg Schnellerts halbzerfall'ner Bau 
Amhetzt der Sturmwind, schreckt und neckt — 
AUm Gott, er hat den Spub geweckt! 
Es bricht hervor aus Burgverließen, 
Laut bläffend vor die Rüden schießen, 
Halli, Hallo! gellt's in den Gau. 
Der Rodensteiner reckt die Faust: 
Moch soll der jüngste Tag nicht sein? 
noch steht die Welt und Rodenstein? 
Zur Stammburg denn mit Mann und Meute 
Zu schaun, was uns dies Heut bedeute, 
Das uns mit Stürmen wach gebraust.“ 
Der Bauer horcht empor voll Grau'n. 
Mun möge Gott uns gnädig sein, 
Noch steht die Welt und Rodenstein! 
Das deutet Kriegl — die Welt in Flammen!“ 
Ein angstvoll Häuflein strömt zusammen, 
Die wilde Jagd ist klar zu schau'n. 
Die Burg zum Rodenstein erwacht, 
Drin eũstet es: die Wapsfe blirrt. 
Der Sturmwind hat die Welt verwirrt! 
In seinem Hetzen hat und Höhnen 
Er als ein grimmes Antertönen 
Den Fehderuf mit hergebracht. 
„In Sturm und Not das heil'ge Reich! 
Hallis Hallo! Fort über'n Rhein!“ 
Vild braͤust davon Herr Vodenstein; 
Dem Erbfeind gilt heut sein Gejaide, 
Sein Ritterschwert fliegt aus der Scheide, 
And Geisterhand holt aus zum Streich! 
sind, geht dem Herrn die Flinte unterm Arm los, und siehe da! 
der arme Hahn, auf den gar nicht angelegt war, fällt getroffen 
herunter. „Den hab ich schön getroffen!“ sagte der vergnũgte 
Schũhe und beschenbte in der Freude seines Herzens den wackern 
Jager, der ihn in der Nacht zweĩ Stunden weit mit einer Laterne 
Pgeholt hatte, mit — 12, schreibe zwölf Kreuzern Franbkfurter 
Währung. 
—10. 
Ein gewisjer vornehmer Rechtsgelehrter, blein von Statur, 
wie weilaud Zachäus, winzigen Andenkens, fühlte ebenfalls Seruf, 
den stolzen Auerhahnen den Krieg anzukündigen. Sein Führer 
brachte ihn schußmäßig an — doch unglücklicherweise hinter einer 
Liche, die auf etwa jechs Schuh Stammhöhe sich in zwei Aste 
seiltse. Das Männchen war zu blein, um zwischen der Eiche durch⸗ 
jehen und schießen zu bönnen. Eine andere Stellung durfte nicht 
nehr versucht werden. Was war also zu tun? Der bernhafte 
Hberjäger entschließt sich kurz, ergreift den bleinen Ulpian beim 
Zosenbund, hebt ihn in die Höhe, daß er den Hahn sehen bann — 
d in dieser Lomĩischen Gruppe schießt er ihn auch glücklich herunter 
11. 
Der Prälat der Benedibtiner-Abtei zu X. 3war ein leiden⸗ 
chaftlicher, aber noch sehr ungeübter Jagdliebhaber, war einst am 
dof zu“E. zu Besuch. Die Jäger meldeten, daß eine starke Sau 
angebreist jei. Man ritt hinaus, und Ihro Hochwũrden wurden — 
nach Standesgebũhr — auf den besten Paß gestellt. Der Keiler 
rschien auch, wurde aber mit zwei Schũüssen aus einer trefflichen 
Kuchenreuterijchen Doppelflinte — exemplarisch gepudelt. „Das 
st schade, das ist jammerschade!“ wehbllagte nun der geistliche 
Herr, „habe mich doch so gewaltig in acht genommen — habe 
Fen Odem so sorgfältig an mich gehalten, damit die Sau 
a kelnen Wind von mir belommen möchte!“ 
12. 
wei Jãger lauerten des Nachts auf Wildbret im Felde. Der 
ine feuert auf etwas, das er für ein Stück Wild hält. Es stürzt 
Znali und Fail. Aber ach!l es war des nahe wohnenden Müllers 
aunes, zweijähriges Füllen. Wie Marder vom Taubenschlage 
chleichen die beschämten Weidmänner sich weg, kommen aber, um 
hr Abenteuer recht schlau zu verbergen, am nãchsten Morgen 
uf Umwegen zur Mühle, fragen den Muller ganz treuherzig, ob 
rda herum kein Wildbret verspüre, und siehe da! ein schwerer 
ztein fällt ihnen vom Herzen, als dieser wehllagend ihnen ant⸗ 
portet: „Ja — leider ist dessen nur zu viel dal Haben mir die 
dammien Hirsche heute Racht auf dem Mcker mein bestes Füllen 
zejpießt!“ 
Was doch die armen Hirsche nicht alles getan haben sollen! 
Aus den Forst- und Jagdanekdoten 
K. S. von Wildungens. 
Nachfolgend setzen wir die in der letzten Nummer begonnenen 
Forst. und Jagdanebdoten fort in der Annahme, daß der frische 
Jãgerhumor dankbbare Leser findet. 
9. 
Herr von X. war einstmals zur Seit der Auerhahnbalz zu 
Besuch in E. und wũnschte, auch einen Auerhahn zu erlegen. 
Der Förster führte ihn hinaus, und als sie schon nahe beim Hahn 
20) Lauze 6. 20) H. E. 148 Ne. 41. 90 Gent hat sich wiederholt gegen seine 
Herren aufgelehnt; 1482 hatte es Max zu dem ihm naͤchteiligen Frieden von Arras 
gezwungen. 
—18. 
Ein katholischer Seelenhirte, der das Weidwerb leidenschaftlich 
iebte, war einst im Begriff, eines seiner lieben Schafe, das der
	        
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