Aus alter Seit.
Die Kirchenkastelle zu Berndshausen,
Nieder- und Oberbeisheim.
Hon Dr. Ernst Wenzel, Magdeburg.
Wenn wir von Kirchenburgen oder Kastellen hören, so denken
vir unwillkürlich an die hervorragenden Beispiele solcher Volls
tãnden angeordnet und zeigen die alte Form einfacher Mauer⸗
chlitze, die sich nach innen erweitern und eine Beschießung eines
instũrmenden Feindes mit Armbrũsten und Habenbũchsen gestatteten.
Das Tor haͤtte die gewöhnliche Form der Kirchhofstore, ein
Mauerviereck mit vorderem und hinterem Durchgang unter einem
teinernen oder hölzernen Aufbau, der eine Wächterstube enthielt,
vohl auch ein Wehrgeschoß trug. Leider sind hier aber die Ver—
indungsmauern zwischen den vorderen Bogen und dem hinteren
Durchgang bis zur Hälfte abgebrochen, sodaß auch die Form des
»interen Durchgangsbogens unklar bleibt. Wohl erhalten ist da—
Jgegen der vordere spitzbogig ũberwölbte Eingang, dessen Kämpfer—
tein aus Platte und Kohle und dessen Sockel aus einer Platte
und großen Schräge besteht. Über dem Spitzbogen ist eine größere
Sandsteinplatte eingelassen, die erhaben ein Kreuz trägt, das mit
og. Nasen bejsetzt auf den Kreuzarmen in gotischen Kleinbuchstaben
die Initialen der vier Evangelisten zeigt. Ein an Stelle des Tor-
turms oder Hauses errichtetes Notdach war wohl die Veranlassung
zu der guten Erhaltung der hölzernen Torflügel, die nach Art der
Scheunentore bonstruiert, auf einer Seite glatt, auf der anderen
aber mit Diagonalen verstrebt sind. Abgesehen von einem ähnlich
onstruierten Holztor auf der Burg Spangenberg dürfte das Bernds-
hãuser Tor nach Alter und Aussehen seinesgleichen suchen. Wenn
es wohl auch nicht das ursprũnglichste Tor darstellt, so hat es doch
ein respektables Alter. Nach einer in das Holz sauber einge⸗
chnittenen Jahreszahl, die man auch als 1452 lesen Lönnte, ist
das Tor 1542 hergestellt and in das Torhaus gehängt worden.
Wie an dem Spangenberger Holztor und bei Scheunentoren ist
auch hier in einem Torflũgel eine bleine Schlupftũr eingeschnitten.
Die beiden Torflũgel drehen sich um eine mit dem oberen Ende
in eine Holzschwelle hineinragende und unten in einer steinernen
Pfanne liegenden Wendesäule und sind durch einen langen Quer-
haum oder Riegel, der an einem Torflũgel befestigt ist und gegen
den anderen schlägt, verschließbar, während die bleine Tür ein
jut erhaltenes Schloß trägt.
Von den Ringmauern ist am besten die Mordmauer erhalten,
vährend an der Südmauer der Teil über dem Mauerabsatz mit
en Schießscharten abgetragen ist. Die Westmauer zeigt schon frühe
Zijje, weshalb man an der Süũdwestecke 1614 laut Inschrift einen
chweren Strebepfeiler dagegen lehnte. Im Marz 19006 fand ich
inen Teil der Brüstungsmauer der Westjseite stark überhängend
»or und darin zwei blaffende Risse. Die ganze Mauer war ins
Kutschen gekommen, da ein Anlieger vor der Ringmauer einen
Harten angelegt und dabei die Fundamente angegraben haͤtte.
Sweierlei Umstände weisen darauf hin, daß das Kirchenbastell
einem heftigen, wenn nicht gar vernichtenden Angriff ausgesetzt
gewesen ist; einmal die gewaltsame Serstörung des Torüberbaues,
Berndshausen.
Kirchhofstor von außen.
burgen in Siebenbürgen, wohl auch an solche im Frankenland, die
uns des öfteren schon in illustrierten Seitungen vor Augen geführt
vorden sind. Hessen aber ist noch viel reicher an befestigten Kirchen
und, Kirchhöfen als diese Länder und wird wohl in seinem Bestand
an solchen Laum von einem anderen Landesteil ũbertroffen, wenn
auch viele davon in ihrer ersten Anlage starb verstünimelt und
nur dem bundigen NAuge noch sichtbar sind.
Ich ließ bereits im Jahre 1908 eine Abhandlung über be⸗
festigte Kirchhöfe in Hessen in der Seitschrift des hessischen Ge—
chichtsvereins Bd. 42 6. 12-30 erscheinen, um zunäãchjt einmal eine
Zusammenfstellung aller mir bebannt gewordenen dörflichen Be—
festigungen, dann aber auch eine Anregung zu geben, mehr als
bis dahin auf diesen Sweig der Altertumsforschung zu ächten.
Seitdem hat unsere Kenntnis der befestigten Kirchen und Kirchhöfe
veitere Fortschritte gemacht, und namentlich hak ein Aufsatß von
Herrn Reg.Kat Illgner in Hünfeld über die Kirchenburgen im
Bebiet von Hünfeld unsere Kenntnis erweitert.
Der befestigte Kirchhof zu Berndshausen.
Neuerdings hat ein kurzer Bericht des Kasseler Tageblatts und
Anzeigers vom 26. Juni 1926 die Aufmerbsambeit auf den befestigten
Kirchhof zu Berndshausen im Kreise Homberg gelenbt, den ich auch
schon in meinem oben genannten Aufsaß gewürdigt hatte.
Um die im Jahre 1729 erbaute Kirche, die auf einer nach
Süden abfallenden Erhebung inmitten des Dorfes liegt, zieht sich
gleichgerichtet mit den Umsassungsmauern der Kirche in etwas
berschoben rechteckiger Grundform eine bis zu ꝰMeter Höhe
eichende Kingmauer, die um 1400 angelegt sein muß und zum
zrößten Teil wohlerhalten ist, ein kypisches und wohlerhaltenes
Beispiel der befestigten Kirchhöfe in Niederhessen, wie wir sie in
Ileicher Form in den unweit gelegenen Dörfern Nieder- und
Oberbeisheim und auch in Niederellenbach, Schwarzenberg, Greben⸗
au, Gensungen, Crumbach, Wollrode, Kirchbauna. Elgershaujsen,
Balhorn u. a. m. finden.
Die Kingmauer ist 1,20 Meter starb und auf der Innenseite
in etwa 2 Meter Höhe mit einem Maucrabsaßt versehen, auf dem
eine hinter Schießscharten verlaufende hölzerne Galerie im
Wehrgang lag. Die Schießscharten sind in ungefähr gleichen Ab—
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Kirchenburg Berndshausen.
ann eine große Bresche in der Nordmauer, die jedoch in der
ilten Weise ausgebessert ist. Das ursprũnglichste Beweisstück einer
efolgten Bestürmung war jedoch eine steinerne Kugel, die neben
em Tor eingemauert war, 1906 jedoch schon herausgebrochen und
Linde
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