Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

eimat · Schollen 
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst 
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Erscheinungsweisje Nmal monatlich. Bezugspreis 1,20 RM. im Vierteljahr. Frũhere 
Jahrgäãnge bönnen, soweit noch vorrätig, vom Heimatschollen-⸗ODerlag nachbezogen werden 
Susanna Julianad õ 
VDon Georg Ploch. 
Der Feind hatte die geringe Sahl der Wachen auf den 
Mauern bemerbt und daraus den Schluß gezogen, daß die 
übrige Bevölkerung wegen eines geplanten Unternehmens 
Kates pflege. Daher waren alle Posten von der größten 
Wachsamkeit, und baum hatten die zwölf Jünglinge die 
Stadt verlassen, so fielen sie auch schon in die Hände ihrer 
Feinde, ehe sie an Gegenwehr denken konnten. Bis zum 
Morgen wurden sie sorgfältig bewacht, dann brachte man 
sie zu dem Anführer des feindlichen Heeres. Volpracht 
— 
wohl mehr als einen Kopf kleiner, dabei schwächlich, mit 
dünnen Armen und gebrümmten Beinen, das Gesicht war 
hager und gelblich. Nur aus den Niugen blitzte Willens 
braft, aber auch Schadenfreude. Er fragte die Gefangenen 
nach dem Arheber und dem Siel ihres törichten Anter- 
nehmens. Niemand ergriff hierauf das Wort. Mber sei 
es nun absichtlich oder unbewußt, bald sah der eine, bald 
der andere Volpracht an, sodaß es für den RKitter nicht 
schwer gewesen wäre, den Anführer der Schar zu erraten, 
auch wenn er sich nicht selber genannt hätte. Volpracht 
jagte: „Ich habe den Plan geschmiedet, aber sein Siel ist 
unser Geheimnisl“ Auch die anderen weigerten sich, mehr 
zu verraten. Da, verhörte der Kitter jeden der Jünglinge 
unter vier Augen, und als er endlich zu Volpracht bam, 
und dieser abermals beine Ausbunft geben wollte, erzählte 
ihm der Kitter hohnlachend den ganzen Plan. Mit dem— 
selben verächtlichen Lachen sagte er vor den zwölf Jüng. 
lingen, er lege beinen Wert darauf, so verliebte, aber un— 
gefährliche junge Leute länger gefangen zu halten; er wolle 
sie gerne wieder nach Hause schicken, wenn sie zwei Be— 
dingungen erfüllten. Die eine sei, daß sie ihm die Namen 
hrer Liebsten, für die sie zu sterben bereit waren, nennten. 
Ddie Jünglinge, welche die Möglichbeit einer Kettung vor 
Augen sahen und froh waren, auf so gute Art davonzu— 
ommen, zögerten nicht, ihm zu willfahren. Dabei stellte 
ich freilich heraus, daß mehrere dieselbe Jungfrau liebten, 
vorüber der Anführer des feindlichen Hecres in unbändiges 
Helächter ausbrach. Die Nebenbuhler verloren jedoch ihren 
Hleichmut nicht, da die letzte Entscheidung bei jener dreifach 
eliebten Jungfrau lag und jeder hoffen mochte, der Be— 
ünstigte zu sein. Als der fuldische Kitter sich zuletzt an 
dolpeacht wandte, verweigerte dieser die Antwort. Die 
indern, welche fürchteten, daß durch seine Hartnäckigkeit 
hre eĩgene Lage verschlechtert werde, nickten ihm zu, als 
vollten sie jagen: „Warum machst du ein Geheimnis aus 
em, was wir uns auch nicht gescheut haben zu verraten? 
Villst du uns alle durch deinen Eigensinn verderben?“ Der 
uldische Kitter beruhigte sie jedoch und sagte, er wolle 
eineswegs den Junber nötigen, sein Geheimnis preiszu- 
jeben, freilich Lönne er dann auch nicht auf Heimkehr zu 
en Seinen rechnen. Volpracht schwieg auch jetzt, und seine 
Henossen gaben sich zufrieden. Die andere Bedingung für 
hre Heimbehr sei, fuhr der Kitter fort, daß die von ihnen 
enannten und von seinem Schreiber aufgezeichneten Jung- 
zauen als Bittende aus der Stadt herauskämen, mit einem 
veißen Büßerhemd bebleidet und einem Strick um den Hals 
ind die Hände. Da sie, die Jünglinge, für jene Jung- 
rauen hätten sterben wollen, so sei es nur recht und billig, 
venn nun auch diese etwas für so feurige Liebhaber täten. 
die jungen Männer ließen bei diesem Bescheid die Köpfe 
„ãngen, da sonst nur Anfreie bei dem Bittgang den schimpf- 
ichen Strick um den Hals tragen mußten. Aber sie sahen 
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