Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

rinen schmalen Ritz zwischen dem Gestein und einem lotrechten 
Holzpfosien des nur wenig vorspringenden Erkers zu schlũpfen. 
vie kurzʒen Augenblicke reichten gerade hin, daß ich meine Be⸗ 
gleitung auß die typijche Art des Fliegens und Kletterns und die 
smn Sonnenglanze wundervolle Gefiederpracht hinweisen bonnte. 
b der Vogel dort genistet hat? Die Jahreszeit legt diesen Ge⸗ 
danben nahe. Im Burginnern kbonnte ich an der betreffenden 
Wandfläche nichts feststellen. Die Oerõffentlichung meiner Be⸗ 
obachtungen brachte mir einen umfangreichen Briefwechsel mit 
Fachleuten, selbst von jenseits der deutjchen Grenzen. Dr. O. 
Schnurre⸗·Franbjurt a. M. knũpft an meine Wahrnehmungen die 
dermutung, daß die in Mitteldeutschland sich hin und wieder 
eigenden Mauerläufer gar beine versprengten Irrgäste seien, 
ondern Gegenden aufsuchten, die sie vor Jahrhunderten vielleicht 
veit regelmaßiger besiedelt hätten, und daß sie im Mittelalter 
Srutvõgel an Burgen und Festungsmauern gewesen sjeien. Aus 
der Angabe: „Dieser DVogel wird ein Maurspecht und Kletter⸗ 
ipecht darumb genennet, weil er an den Mauren, sonderlich an 
den Thurnen hanget“, die Konrad von Gesner in seinem „VOogel⸗ 
huch“ (Nusg. von 1660, 6. 181) macht, möchte er jchließen, daß 
dieser Vogel zu Gesners Seit in erster Linie „Maurspecht“ und 
erst in zweiter ein Felsenvogel war, wãhrend es gegenwärtig um ; 
gebehrt ist. Ich bin geneigt, dieser Anschauung beizupflichten, in⸗ 
em ich der Bezeichnung „Mauerläufer“ eine gewisse, wenn auch 
Jeringe Beweiskraft beimesse. Gelehrte, wie K. von Linné 
ind 3. K. W. Illiger, hätten wohl jichwerlich diesen wissenjchaft⸗ 
ichen Namen gewählt, wenn der VDogel ganz ausnahmsweise 
imal am Mauerwerk angetroffen wũrde, sondern sich 3weifellos 
sür eine Susammensetßzung mit Fels oder Stein entjchieden. Der 
griechisch⸗ lateinijsche Gattungsname Tichodroma heißt eben auf 
deufsch „Mauerläufer“, und die lateinische Artbezeichnung mu⸗ 
raria besagt „auf Mauern lebend“. 
Mit der Heerrichtung und Umwandlung der Burg in eine 
Jugendherberge ist der Mauerläufer, wie vorauszusehen war, vom 
Ludwigftein spurlos verschwunden; wir sind um ein wirklich einzig⸗ 
artiges Naturdenkmal armer geworden. Ob er sich an einer der 
in unserer Umgebung so ũberaus zohlreichen, herrlichen, zerklũj 
eten Felsgruppen ängesiedelt oder unsere Werralandjchaft end⸗ 
zũltig verlaßen hat, bonnte ich trotz eifriger Bemũühungen bis 
eute nicht feststelien. Der Vogel ist eben infolge seiner heimlichen, 
uhigen Lebensweise, jeiner Kleinheit und ausgezeichneten Dech- 
arbe unglaublich schwer zu beobachten, zumal es sich nur um, ein 
inziges Stũck, im glücklichsten Falle um bloß eine Familie han· 
elt.“ Gar mancher Naturfreund hat um des Naturschutzes willen 
ie genannte Verwendung des Ludwigsteins mit mie außs tiefste 
edauert, obwohl er gleich wie ich der Jugendbewegung beines- 
hegs ablehnend gegenũbersteht. 
Wanderlust — Wanderziel. 
Schulrat Schmidt, Votenburg a. d. Fulda. 
„O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust“. And die 
eutschen Maädels wandern, den schwer bepackten Rucksack schlep⸗ 
end, frohgemut mit. Ein gesundes Seitzeichen, dieses wieder mit 
ßottes schöner Natur sich Berührenwollen, mit der Natur, dem 
ie persiegenden Labequell jür müde Leiber und dũrstende Seelen. 
And so geht's hinab und hinauf, immer mit hochgemutem, wenn 
s sein muß, mit trutzigem Sinn und energiebelgdenem Korper. 
Ja, „wie bist du doch so schön, o du weite, weite Weltl“ So 
chön, du liebliches Wiesental mit dem heimlichen Säachlein, du 
deite arbeitküũndende und segenverheißende Flur, du mit Blumen 
lier Art bunt geschmũckter Abhang und du Waldesdom, der du 
nit deinen hochragenden Baumgipfeln uns staunend aufwärts und 
etend einwärts führst! 
And höher und höher geht's hinauf. Die Luft wird reiner 
ind freier und freier der Geist und beschwingter die Seele. — 
Am Ziell Auf dem Alheimer! 
Und Germanengeist umweht uns an dieser altgermanischen 
A 
enkenden Geist vorüber. Wir grüßen von oben ein schönes Stũck 
hessischer Heimaterde vor uns, grũßen fern am Horizont den Hei 
igenberg, den Herkules, die Wartburg. Doch der Turm, der 
nst den Blick von diesem Könige der hesijschen Serge noch 
veiter schweifen ließ, er ist gestürzßt. Wandernde Jugend, auch 
er Alheimer jei dein Wanderziel! 
Gare bald wird seine Höhe ein massiver Turm zieren als 
Vahrzeichen hessischer Kraft und als Ehrenmal unserer teueren 
hefaullenen. Und eine dort einzurichtende Wanderherberge lädt 
ie Wandermüden zu sorgenfreier Kuhe ein. 
über allen Gipfeln ist Kuhl In allen Wipfeln spürest du 
laum einen Hauch. Die Vöoglein schweigen im Walde.“ 
Auf der Hoimatwarte. 
Hans von Volbmann F. 
Unter den für das Hessenland bedeutsamen Känstlern der 
Hegenwart hat der Tod in der letzten Zeit gleichjam Jahr für Jahr 
ne unerbittliche Eente gehalten, der nun auch Hans von Oolkmann 
im 2Wo. April des Jahres zum Opfer gefallen ist: nicht ganz 61 
Jahre alt, ist er in seiner Daterstadt Halle a. d. S, wo er zu 
Zejuch sich aufhielt, an den Folgen einer Halsentzũndung gestor⸗ 
en. Hanus Kitter von Volkmänn war am 90. Mai 1860 als 
zohn des bebannten Chirurgen Richard von VODolbmann⸗ Leander 
geboren und hatte nach Ablauf der Gymnasialzeit die Abademien 
zon Düßeldorf und Karlsruhe besucht; in der badischen Haupt⸗ 
sadt ist er dann auch jeßhaft geworden. Weit aber entfernt davon, 
ich einzukapseln, zog er Sommer für Sommer aus, um die mannig · 
altige Schonheit deutscher Landschaft in Gemälden und graphischen 
Verben aufzufangen. Hierbei bevorzugte er neben der Eifel, der 
piele seiner berũhmtesten Bilder entstammen, das Hesjenland, und 
n seinem Bereich hatte es ihm besonders die Schwalm angetan: 
o war er denn auch ein häufiger, Gast in Willingshausen, 
mit dessen Motiven er sein Skizzenbuch füllte und das ihm zu 
nancher Meisterarbeit Pate gestanden hat. Es gehört also bein 
Zwang dazu, Hans von Volkmann den hesijchen Malern zuzu⸗ 
echnen, obwohl er von Geburt Obersachse und dem Wohnsitz nach 
Sadenser war. Viele seiner Bilder befinden sich in staatlichem 
der stãdtijchem Besitz. Auch die Berliner Nationalgalerie und 
hie Munchener Pinakothet haben dem Schaffen des Kũnstlers 
Hausrecht gewãhrt. Die hessische Landschaft hat mit ihm einen 
hrer feinfühligsten Verbünder verloren. a 
Aus Marburg. 
Sum Jubilãumssemester haben sich an der Landesuniversität 
289 Studierende einschreiben lassen und zwar 2803 männliche und 
i86 weibliche Studierende. — Am 12. Mai wurde der Neubau 
der Deulschen Burse“ in Gegenwart von Relchs- Staats⸗ und 
Provinzialbertretern eingeweiht. Die Deutsche Burse“ will es 
Fen Sludenten des Grenz- und Auslandsdeutschtums ermöglichen, 
deutsche Kultur und deutsches Geistesleben in sich aufzunehmen, 
auf deutscher Hochschule zu studieren und mit reichsdeutschen 
Fameraden geneinsam vorwärts zu streben. — 
Sei den Arbeiten an der lutherischen Pfarrbleche, deren äl⸗ 
ester Teil aus dem Jahre 12901 stammt, wurden geschichtlich be⸗ 
eutjame Funde gemacht. Es fanden sich alte Steinbilder, Familien⸗ 
vappen, das Bild des Baumeisters der Kirche u. a. m. 
Kasjeler Kunstabademie. 
Anlaßlich des hundertfũnfzigjiährigen Jubiläums der Staat- 
ichen Abademie der bildenden Künste und der Erdõffnung der 
jubilaums Ausostellung, die gemeinsam mit dem Kaßseler Kunst⸗ 
erein veranstaliet wird, sindet am 1. Juni eine Feler statt, bei der 
dberprasident Dr. Schwander, der Kurator der Abademie, die 
Zegrũpungsansprache an die Festteilnehmer und der geschäfts⸗ 
uhrende Direbtor der Abademie, Professor Witte, die Festrede 
ãit. Anschließend erfolgt die feierliche Eroffnung der Jubiläums- 
Ausstellung im Orangerieschloß. 
Spangenberger Festspiele. 
VOom 11. bis 19. Juni soll das Spangenberger Heimatspiel 
Kuno und Else“, ein deutsches Sagenspiel von Karl Engelhard, 
m Kahmen einer Festjpielwoche durch Bürger und Bürgerinnen 
er Staͤdt zur Aufführung konimen. Die Außührung des Spiels, 
em die Liebenbachsage zu Grunde liegt, wird den Spangenbergern 
se vor fünfundzwanzig Jahren erfolgte Stiftung des LEiebenbach⸗ 
runnens durch den verstorbenen Kommerzienrät. Heinrich Salz 
dann wieder in Erinnerung rufen und zugleich eine Ehrung des 
offnungsvollen, leider allzufrũh verblichenen Dichters Karl Engel⸗ 
ard darstellen. 
Jugendherbergen. 
Naumburg, das die erste hessische Jugendherberge in seinen 
Naueen umschioß, hat diese nunmehr erneuert und musterhaft um⸗ 
sestaltet. Es stehen zwei Schlafräume mit 28 und 82 Betten zur 
derfügung. Bie herrlich gelegene Jugendherberge wurde bisher 
ejonders von der westfãlischen Jugend in Anspruch genommen. — 
Die Frankenberger Ortsgruppe des Verbandes Deutjscher 
jugendherbergen hat ein Wohnhaus nebst Garten käuflich erwor⸗ 
sen, um eine Jugendherberge zu gründen. 
Nachdrucs nur nach Abereinkunft mit dem Herausgeber gestattel. 
derausgeber⸗ Konrad Bernecher. Deuck und Verlag: A. Bernecher, Meljungen.
	        
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