Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

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Auf Heimatwegen. 
Aus dem Heimatmuseum Witzenhausen. g I Zeswar edode 3— wermurdigerwee gend 
7 3 äßtzlich von unseren anderen walben ab und ähne arin dem 
Seltlinge aus Witzenhausens ẽisbogel, der weiter unten noch besprochen wird, dem Sienenfresser, 
VO lJ lf nit dem vielleicht mancher Kamerad auf dem sũdöstlichen Kriegs- 
oge woelt. chauplatze Bekanntschast gemacht hat, der ũberaus seltenen Pseudo- 
Oon Sahnarzt H. Lauer, Witzenhausen. lelidon eurystomina Harti. aus dem west- und mittelafrikanischen 
„Oer ist in kiefster Seele treu, Urwaldgebiet, deren Brutgeschäft erst vor kurzem festgestellt 
Ser die Heimat liebt wie Vu.“ vurde, den Höhleneulen Ameribas und dem Höhlensittich des 
Theod Fontans⸗ iustralischen Gebietes. Die Uferschwalbe nistet nämlich gejellig, 
Ein pãdagogischer Grundsatz lautet: „Die Kenntnis einer uweilen mehrere hundert Pärchen starb, in steilen Erdwänden, 
Sache ist die Horbedingung für ihre Wertschätzung“. VDielfach wird, se häufig unmittelbar am Wasser, oft aber auch weit davon ent⸗ 
wohl auch mit einem gewissen Rechte, behauptet, der Deutjche seiĩ ernt stehen. Von dieser Gewohnheit rühert ihr deutscher, wie auch 
niergends jo wenig daheim wie in seinem Vaterlande. Ihn heimisch hr wissenschaftlicher Name her, denn das lateinische Wort ripa 
zu machen, ihn die Heimat lieben zu lehren, ist Sweck und Ziel edeutet Afer. Jedes Pärchen gräbt sich mit viel Kraft und Aus- 
der Heimatkunde. Es ist ein erfreuliches Seichen, daß der Be- quer in die steilen Afer von Flüssen und Seen, an abschüssigen 
griff der Heimatkunde allmählich mit dem rechten Inhalt erfüllt Abhängen, in Hohlwegen, Sand-, Kies- und Lehmgruben, auch 
wird und, nicht auf das rein Geschichtliche und seine verwandten n Schutzengräben und dergl. ein gewöhnlich armtiefes, 521cm 
Gebiete beschränkt bleibt, sondern auch auf das Naturkundliche m Durchmesser haltendes Loch, das am blinden Ende bachofen- 
ausgedehnt wird. Macht zrmig erweitert wird und hier das mit Halmen, Haaren und 
doch für viele Menschen die edern ausgelegte, eigentliche Nest birgt. Diese Minierarbeit und 
Landschaft mit ihren Bergen as Hinausbefördern der Erde erfolgt mit dem winzigen Schnabel, 
und Hũgeln, Tälern und hen schwachen, jedoch derben Grabfäustchen gleichenden Füßen und 
Ebenen, den Gewassern, die en Schulterrändern; ein Bürstchen von einigen bleinen Federchen 
iĩe durchfurchen, den Pflan. iper der Hinterzehe an der Rückseite des Laufes dient zum mũh⸗ 
zen und Tieren, die sie be amen Hinauskbehren der losgearbeiteten Erde. Das Gelege be— 
oolbern, den größeren Teil seht aus 517 reinweißen Elern, die das Weibchen in 12 bis 18 
des Begriffes Heimat aus Fagen erbrütet. 
Auch diese Menschen lieben Ansere Witzenhäuser Aferschwalbenbolonie befindet sich in der 
die „Heimatschollen“. Die Zaustoffgrube dicht östlich hinter Anterrieden. Sie ist von allen 
Kenntnis der Heimat und Siedlungen, die ich im Laufe der Jahre auffand, eine der stärksten, 
damit die Liebe zu ihr zu die erste aus meiner Knabenzeit liegt in meiner engeren Heimat 
oermehren, das soll hier m Kreise Kirchhain, und zwar in einer Grube, die den Bauern 
erstrebt werden. Als be. en Stubenstreusand liefert, linss an der Straße von Niederklein 
icheidener Beitrag in diesem jach Schweinsberg, dicht an der Grenze beider Gemarbungen. 
Sinne moöchten die nachstehenden Seilen, die eine Fortsetzung des Fine zweite, viel kLieinere entdeckte ich in einem Hohlweg ober⸗ 
Aufsatzes „Aus der Vogelwelt des Werratales“ in Ne. 2 (Jahrg.6) halb Pfaffendorf q. Rh., das an das Sũdende Ehrenbreitst eins 
dieses Blattes bilden, aufgenommen werden. instößt. Eine dritte, 
An erster Stelle unter den Seltenhesten aus Witßzenhausens benfalls Eleine Sied⸗ 
Umgebung jei unsere AUferschwalbenbolonie erwähnt. Wäs eine ung traf ich während 
Schwalbe ist, meint sicher jeder zu wissen, und dennoch verwechselt neiner Münchener 
sie gar mancher mit den Seglern, die gar nicht zu den Singbögeln, 5tudenten zeit im 
jondern zu den Rabenvögeln gehören. Von ferne gesehen, haben Dachauer Moos, wo 
die Segler eine gewisse Ahnlichkeit mit den Schwalben, weil sie hie Schwalben teils 
eine gleichlaufende Anpassung mit diesen darstellen, stehen ihnen n den feuchten Ufer⸗ 
jedoch stammesgeschichtlich ziemlich fern, ja sind den Eulen nahe ändern der Wasser⸗ 
verwandt. Die Schwalben heben sich unter allen Singvögelfamilien räben, teils sogar in 
am deutlichsten heraus: ein burzer, dreieckiger, flacher Schnabel, den zum Trocknen 
eine riesige Maulöffnung, sehr lange Flügel und kleine Beine unufgeschichteten Torf- 
bennzeichnen sie. Beĩ uns Lommen dreĩ Arken voe, nämlich die Kauch⸗ fũcken nijteten. Eine 
die Mehl und die Aferschwalbe. Die beiden ersten sind allbekannt sroßeSiedlung befand 
aber die letztgenannte ist eine große Seltenheit, auf die unser Werra. ch endlich in einer 
tal stolz seln muß, die es als Kostbarkeit schützen und hegen sollte. diesgrube auf der 
Die Uferschwalbe, Riparia riparia L. (Abb. 1), ähnelt in echten Seite der 
der Gestalt der Mehl- oder Hausschwalbe, ist aber zarter, schlan- dandstraße von Frei-⸗ 
ber und leichter als diese. Mancher hat sie sicher schon von der durgi. Br. nach Hugstetten. An diesem Orte bonnte man recht deutlich 
alten Werrabrücke aus über die Wasserfläche dahinstreichen ie Gründe für den sarben Rückgang dieser Dogelart bennen lernen. 
sehen, aber für eine Mehlschwalbe gehalien. Die Farbe unkter. Infolge des großen Sandverbrauchs jür Bauzwecke wurden die 
scheidet sie jedoch deutlich. Die ganze Oberseite und die Seiten lierchen ständig gestört und zahlreiche Bruten vernichtet. Außerdem 
des Kopfes sind aschgraubraun, während die Unterseite weiß ist; ungerten an jedem Sonntag und in jeder freien Minute auch werb⸗ 
eine heilgraue Querbinde ziert die Kropfgegend. Man achte auch agso stets gefühlloje Italiener und andere rohe Ausländer, welche die 
einmal genau auf den etwas unsicher, fast ängstlich erscheinenden, eichliche, industrielle Arbeitsgelegenheit ins Land lockte, umher, die 
eigentũmlich flattrigen, fledermausartigen Flug. Dabei hört man (lle Singvsgel allzu erfolgreich abfingen und — man verzeihe den 
ein schnarrendes Brũb“. Dieser Lockruf, jortwährend und bis Ausdruck — auffraßen. Und war zuletzt aller brauchbare Sand 
zum Äüberdruß wiederholt, bildet den ganzen Gesang. Er ist noch bder Grube entnommen, dann wurde dieselbe durch die städtijche 
sammervoller und stümperhafter als der schon überaus Lümmerliche Mällabfuhr ausgejfüllt und eingeebnet. 
Gesang der Mehlschwalbe, der ja auch weiter nichts ist wie eine Der am schwersten wiegende Grund für die ũberall beblagte 
Wiederholung des Lockrufes irr“ oder „zrerb“, nicht zu ver- Abnahme der Uferschwalben dürfte die große, Wohnungsnot“ jein. 
gleichen mit dem wunderniedlichen, stimmungsvoll klingenden Ge- dieser Vogel wird wohl kaum von seiner ganz eigengartigen Brut 
plauder der Kauchschwalbe, das nicht nur von unserem naturlie⸗ —RXV 
benden deutschen Volbe in herrlichen Keimen tonmalend nachge- inpassen, wenn es auch vereinzelt einmal beobachtet worden ist, 
ahmt worden ist, sondern auch die helle Begeisterung gottbegna- daß er unter elner steinernen Brücke, in Schiefersteinmauern, in 
deter Dichter entfacht hat. Die Erinnerung an das trauliche cem weiten Tonröhren in den Mauern der Bonner Rhein— 
Schwalbengeschwatz ruft heute noch Sehnsucht in mir wach nach imlagen, selbst einmal in einer eingegrabenen Sebthflasche genistet hat. 
den Tagen meiner Kindheit auf meinem väterlichen Hofe. Kecht In England soll er seine Röhre in ungeheuren, halbverrotteten 
laut sind die jungen Uferschwalben; dauernd tönt ein futterheischen- ãagespänhaufen und in Norwegen in den dicken Torfdächern der 
des ‚rärärär“ aus den belegten Nestern. Den Winter verbringen BSauernhöfe gegraben haben. Daß er vollends zum Hausvogel 
unsere mitteleuropäischen Uferschwalben in Ost- und Sũdafrika; im vird wie die übrigen Schwalben, dünkt mich zweifelhaft. Die 
August rũsten sie zur Abreise und behren im Mai wieder. zewöhnliche Annahme, daß Rotschwänzchen, Segler, Haus— und 
Abh. 1: Uferschwalbe.
	        
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