Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

weiter sagen wolle. „Wenn ich wüßte ... ob du mir ver- ümmert. Er ging auf sie zu und streckte ihr beide Hände 
ziehen hastl!“ Er wagte nicht, sie anzusehen. „Du weißt ntgegen. Sie hob den Kopf, Tränen standen in ihren 
es!“ jagte sie schlicht. „... ob du mich lieben kLönntest. .“ Augen. Da hielt er sich nicht länger. „Susanna Juliana, 
Er hielt den Atem an. „Wenn sie doch nein sagtel“ derzeihe mir ... auch dieses Mall“ rief er, schlug die Arme 
dachte er, „wenn sie wenigstens zögerte oder sich Bedenßk- im sie und drückte leise und andächtig die Lippen auf ihre 
zeit erbäte!“ Sie seufzte tief auf. „Liegt dir so viel daran?“ Stirn, als ob er ein Heiligenbild büsse. Sie lächelte unter 
fragte sie dann freundlich. Es war wie ein letzter Vor- Tränen. „Aber wirst du mir auch solgen wollen, wenn 
hehalt, wie eine letzte Scheu, das Geheimnis ihres Herzens sch nicht ... in der Heimat bleiben bann?“ „Aberallhin 
zu enthüllen oder — wie eine letzte, listige Ausflucht. vill ich dir folgen! Könnte ich sonst jagen, ich liebte dich?“ 
Nun mußte er lügen, wenn er sein Siel erreichen wollte. O, ich bin deiner nicht wert!“ rief Volpracht. „Du 
Er zögerte einen Augenblick. „Würde ich sonst fragen?“ jagte prichst so rätselhaft?“ sagte sie erstaunt. „Du sollst noch 
er ausweichend. Sie merkte seinen Hintergedanken nicht. illes erfahren! Für jetzt ... nimm diesen Ring von mir. 
„Ja, ich liebe dich!“ antwortete sie, legte die Hände in den Siehst du die Schrift? Ich bin din, du bist min. Du 
Schoß und neigte das Haupt. Anruhig trat er einen Lennst doch die Worte des Sängers? 
Schritt zurüchk. Er sah, wie sie hingebungsvoll dasaß. Ich bin din, du bist min, 
Nun erwartete sie ohne Sweifel, daß er sich zu ihr neigen Des sollt du gewiß sin, 
und sie küssen werde. Aber er bonnte es nicht. Hatte sie Du bist bejlojssen in minem Herzen, 
virblich gelogen wie er? ... Oder hatten sie beide die Verlorn ist das Slüsselin, 
Wahrheit gesagt? Alles schien ihm auf einmal zweifelhaft. Du muest immer drinne sin. 
Das Triumphgefühl wollte sich nicht einstellen, er war be- Aber halte den King noch geheim vor deinem Dater.“ 
schämt ... „Wir werden die Keiherbeize versäumen!“ sagte Warum? Er hat so Gutes von dir gesprochen!“ „Wenn 
er plötzlich. Sie jah enttäuscht zu ihm auf. Er mied ihren er aber erfährt, daß ich nicht hier in der Stadt als Burg- 
Slick und stieg den schmalen Pfad zwischen den Felsblöcken nann leben werde, daß ich vielleicht mit einem Fürsten zu 
bergan. Sie blieb einige Schritte hinter ihm. Er hörte Ffelde ziehe?“ „Volpracht, ich weiß nicht, was für ein 
das Laub unter ihren Füßen raschein und ging schneller, Seheimnis du vor mir verbirgst, und ich dränge dich nicht, 
ohne daran zu denken, ob sie folgen könne. s zu offenbaren, ich vertraue dir. Aber das weiß ich, 
Endlich auf dem baumlosen Gipfel blieb er stehen. nein Dater will nur, daß ich glücklich werde. Eine andere 
Er sah über sich den reinen, blauen Himmel, unter sich die dvorge bennt er nicht!“ Volpracht blickte Susanna Juliana 
hellen, sonnigen Lande und schüttelte wie erstaunt den Kopf. nn die Augen; er sah ihre Seele darin, eine Seele so rein 
Es schien ihm, als seien mit der Dämmerung des Waldes vie der wolbenlose Himmel zu ihren Häupten. Da küßte 
auch alle finsteren, verworrenen Gedanken von ihm gewichen. »x sie abermals andächtig. „Du süße Heilige, dul“ „Du 
Eben schritt Susanna Juliana die letzte, kurze Steigung ärrischer Mannl“ antwortete sie lachend, „ich bin ein ganz 
bergan und stützte sich auf einen Feljen. Forschend neigte veltlich Kind!“ And sie umfing ihn mit ihren starken Armen 
er den Kopf, um ihr Gesicht zu sehen. Es schien tief be- uind herzte und küßte ihn. GFortjsetzung solgt.) 
v 7 
Auf Heimatwoeqen. 
Kotenburg ade Fulda. 
ersten Grũn schũchtern sich schmũcken 
daliegen, mag sie in dusterer Herbst- 
n blendenden Winterschnee hũllen — 
Mag die Natur mit dem 
oder in voller Sommerpracht 
timmung erschauern oder allee 
teigt der Wanderer oben von 
er im Sũden der Stadt Koten⸗ 
»urg einsam thronenden 
Hexenlinde herunter oder 
äßt er oberhalb des Emanuel⸗ 
erges beim Aufwärtssteigen 
niach dem Kegelplatz rastend 
en Blick talwärts gleiten — 
vie ein Kleinod liegt zu 
allen Jahreszeiten das alte 
liebe Rotenburg, „an der 
Fuld' die Stadt“, zu seinen 
Füßen! Ein wundersamer 
Anblick, der an den Blick 
»on des Trippfteins Höhe im 
Schwarzatal auf das liebliche 
Schwarzburg gemahnt! 
Das breite Fuldatal, das 
von Bebra nach Nordwesten 
ich dehnt, verengt sich mãhlich. 
Immer näher treten die feld⸗ 
uind waldbedeckten Höhenzũge 
an das Silberband des Flusses, 
bis sie dort ihren engsten An⸗ 
schluß finden, wo eingebettet 
wijchenihnen Kotenburg liegt. 
Kechts und links des Flusses drängen sich die Häuser der 
Stadt zujammen, hie Neustadt, hie Altstadt, diese noch mit einem 
Kest der alten Stadtmauer auf der südwestlichen, dem Höberück 
zugebehrten Seite gegen die Außenflur scharf abgegrenzt, die 
Kotenburg. 
hemals Befestigungsgraben, dann Wiesengrund war und heute 
nehr und mehr zu Gärten abgeteilt ist. NAus der Maueer ragen 
och zwei Türme empor, der eine jetzt zum Gerichtsgefängnisse 
zehörig, aber nicht mehr zu unfreiwilliger Unterkunft benutzt. An 
erschiedenen Stellen ist der Mauergũrtel auch, um dem VBerkehr 
der Neuzeit Rechnung zu 
lragen, durchbrochen, und 
neue Wege führen da aus 
der Stadt in die Feldmarb 
und gegen die Höhen, auf 
denen schon schũchtern hier 
und da ein Landhaus festen 
Brund gefunden hat und 
freundlich grüßt. Dort aber, 
wo die einengende Stadt⸗ 
mauer schon laängst gefallen 
und der Ausdehnung der 
Stadt beine Grenze mehr 
gezogen ist, sind Wohnstätten 
in größerer Fülle im Laufe 
der leßten Jahre aus dem 
Boden gewachsen, so daß 
wie Fũhlhorner oder Spinnen⸗ 
beine diese Ausläufer der 
Stadt dem Blicke anmuten. 
Aus dem Dächermeer 
eagen die Türme der Stifts- 
birche und Altstãädter Kirche, 
der Turm des landgeäflichen 
Schlosses empor, zwar nicht 
stolz und ũberwältigend, aber 
voch das Bild der roten und blauen Siegelsteine reizvoll 
mterbrechend! In massiger Fülle zeigt sich dagegen und zieht 
zen Blick auf sich der Bau des Schlosses am linken Fuldo- 
ifer. das von dem Landgrafen Wilhelm IV. in den Jahren 15173
	        
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