Auf der Heimatwarte.
Adolf Lins 5.
Aufs neue hat der Tod eine empfindliche Lücke in die Keihe
er älteren hessischen Maler gerissen: Adolf Lins ist in Düsseldorf,
wo er seit etwa 50 Jahren wohnte, nach längerem Leiden ent—
ichlafen. Mit ihm ist ein Kũnjtler gestorben, der mit vielen höchst
bpolkstũmlich gewordenen Bildern der hessischen Heimat den schön⸗
stten Danb abgestattet hat, den er ihr für mannigfache und dauer⸗
hafte schöpferische Anregung schuldig geworden war.
Lins war am 21. Oktober 1856 in Kassel zur Welt gekommen,
und wenn er auch bald nach dem Bejsuch der hiesigen Kunstaba-
demie nach Düjseldorf ũbergesiedelt war und dort, wie sein Lands⸗
nann Heinrich Otto, eine zweite Heimat gefunden hatte, Jo hat
er darũber doch die erste und eigentliche, die hessische, nie vergessen.
Er gehörte vieimehr zu denen, die in Willingshausen, dem alten,
im idyllischen Antreff Tal gelegenen Schwalmdorf Länstlerisch
Wurzel, gefaßt und dort manchen Sommer jlang Bilder geschaßfen
haben, deren Wirbung dann weit über das Hessenland hinausging
Wer bennt nicht das dorf—-
iiche Gruppenbild Lieder ohne
Worte“, das, eine Reihe singen-
der Schwälmerkinder hinter einer
Keihe von Gänsen darstellend, in
zahllosen Reprodubtionen, u. a.
im Jahrgang 1927 des Meljunger
Kreishandbuchs, verbreitet ist?
So war Lins, der sich in seinen
Benrebildern ja besonders gern
nit Kindern und Gänsen abgab,
o daß er oft mit dem Spitznamen
„Gänse⸗Lins“ bezeichnet wurde,
eine der reprãsentativsten Gestalten
er hessischen Künstlerwelt ge—
vorden und hatte sich überall ein
wohlgesinntes, dankbares Publilum
und viele Freunde erworben,
die auch jeine sympathischen mensch⸗
ichen Eigenschaften zu schätzen
vußten. Sein Hinscheiden wird
daher allenthalben betrauert
werden, wo ein im Bodenständigen
wurzelndes, von herzhafter
Menschlichbeit getragenes Kůnstier⸗
tum der ihm gebührenden Liebe
und Achtung versichert geblieben
ist. Wir bringen nebenstehend ein
Selbstbildnis des Künjtlers, von
dessen Leben und Schaffen dem⸗
nächst noch ausführlich die Rede
jein wird.
Hans Grimm,
der hervorragende deutsche Er—
zähler hessischer Prägung, der un—
längst mit seinem großen Roman
„ODolk ohne Kaum? einen so
jtarben Widerhall im deutschen Geistesleben geweckt hat, wird im
Maärzheft des „Hansischen Bücherboten“, des Mitteilungsblattes
der deutschen Hausbũcherei, in besonderer Weise gefeiert. Das
Heft enthãlt außer einer autobiographischen Aufzeichnung und einer
guten Photographie des Dichters Stücke aus, Volk ohne Kaum“,
einen Aufsatz ũber dieses Werk von M. Lorenz (Mia Lenz), ferner
„Gedanken eines einfachen Mannes“ zu dem Voman, ein Gedicht
von K. A. Schimmelpfeng „An Hans Grimm? und ein Erinnée
eungsblatt von Will Scheller „Ein Tag bei Hans Grimm“. Es
darf als ũberaus erfreulich bezeichnet werden, daß ein Schrift-
teller von jo ungewöhnlicher dichterijscher und zugleich nationaler
Bedeutung, wie Hans Grimm, in der deutschen Presse immer
vieder mit so entschiedenem Nachdruck behandelt wird. Denn es
handelt sich hier um eine geistige Erscheinung ganz großen Formats,
in deren werbhafter Auswirbung eine tiefe Sehnsucht deutschen
Dolkstums sich erfüllt.
Aus Marburg.
Die Marburger Reformations-Festjpiele sollen vom 27. Mai
1b etwa 14 Tage täglich vor der Marienkirche stattfinden. Der
Zuschauerraum wird rund 1200 I hren fassen. Der Spielplatz
vor der Marienbirche wird mit Toren im milielalterlichen Stil ab⸗
geschlossen, die Handlung selbst baut sich vorwiegend in Massen-
tzenen auf, bei denen Bärgerschaft und Studentenschaft mitwirben
ollen. Der erste Alt zeigt eine heraufziehende Perozession, die
on schwãrmerischen Elementen beunruhigi wird, der zweite Abt
le unruhige, repolutionäre Stimmung im Keichstag zu Speyer,
ind im dritten Abt öffnet Philipp der Großmũtige die Tore der
Marienkirche für den evangeiijchen Kultus. Im geschlossenen Sug
jehen die Mahssen unter Jubelgesang in die Kirche ein. — Die
53 des Festjpiels jollen an Berufsschauspieler vergeben
verden. —
Die Stadt schreibt anlãßlich der bevorstehenden 400. Jahr· Feier
er Aniversität einen Gosamtpreis von 5300 RM. aus zur Ge⸗—
vinnung eines leicht singbaren Liedes über Marburg mit eigener
Melodie, das moͤͤglichst sünf Strophen nicht übersteigen soll. Ein⸗
endungen sind bis zum J. Mai 1927 mit Kenawort an den
Magistrat der Stadt Marburg zu richten.
Prof. D. Martin Kade, der bebannte protestantische Theologe in
Marburg, beging am 4. April jeinen 70. Geburtstag. In seinen
zahlreichen Schriflen hat er immer die Wichtigkeit aufmerbsamer
Beobachtung und Berůcksichtigung
moderner Seitströmungen durch
die Geistlichkeit betoni. Dieses
Interesse an Tagesproblemen hat
Rade vor allem in der Seitschrift
»ebundet, durch die sein Name
veitesten Kreisen bekbannt ge⸗
vorden ist: „Die christliche West“,
die er seit 1887 herausgibt. Der
derlag L. Klotz in Gotha läßt
us Festgabe eine reichhaltige
Schrift „Vierzig Jahre christliche
Velt“ erscheinen.
Kleine Chronik.
Der Hessische Goschichts
erein beschloß die Reihe seiner
Vintervorträge mit einem Vor—
rag des Privatdozenten Dr. Eck⸗
»ardt aus Göttingen ũber Die
Abgrenzung der Gaugrajsschaft
hessen gegen Thüringen und
ẽngern“. —
Ein Werb „HessenNassau
und Waldeck“ ist in der Büucher⸗
eihe „Deutsche Stadt — Deut⸗
ches Land“ gegenwaärtig in Vor⸗
ꝛereitung, die seit einigen Jahren
n der Deutschen Verlags⸗Ablien⸗
Jesellschaft, Berlin W. O, er—⸗
cheint. Auch fũür das Werb über
unsere Provinz, dessen Geleit—
wort Oberpräsident Dr. Schwan⸗
der schreibt, wird eine Keihe der
führenden Persönlichkeiten und
Sachbenner aus allen Gebieten
des kulturellen und wietschaftlichen
debens als Mitarbeiter herangezogen. Das Werkb, das nicht
riur im Inland, sondern auch im Ausland große Oerbreitung
inden dũrfte, wird voraussichtlich im Herbst 1921 erscheinen. —
Gegen den Versuch. die wertvollen historischen Glocken der
fklijabethkirche zu Marburg durch Ausbohren im Klang zu
erbessern, sind sehr viele Stimmen laut geworden. Auch der
ZTommunallandtag hat Einspruch erhoben und verlangt auf eine
kingabe des Hessischen Geschichisvereins hin, daß die bereits ab—
ransportierten Glocken unversehrt und ohne Veränderung des
xlanges ihrer Bestimmung wieder zurũckgegeben werden. In⸗
wischen lief beim Pfarramt der Elisabethgemeinde die Nachricht
ein, daß die Klangverbesserung unterbleibt. —
Die Stadl Fulda, deren Einwohnerzahl 25 000 überschritten
»at, ist mit dem J1. April d. J. aus dem Kreis Fulda ausge.
chieden und bildet fũr sich den Stadtkreis Fulda. —
Die Generalversammlung des Knüũllgebirgsvereins setzte den
15. Mai als gemeinsamen Wandertag für den Knüllgebirgoverein
est. Alle Sweighereine werden sich am Knüllhaus kreffen und
urchs herrliche Steinatal zum Kurhaus wandern. Die Wege—
ezeichnuna wird im neuen Vereinsjahr einheitlich durchgeführt.
Nachdruch nur nach Abereinbunft mit dem Herausgeber gestattet.
herausgeber? Konrad Bernecher. Deuch und Verlag: A. Bernecker, Mels ungen.