Gräbern nebeneinander; zwei flache, schräg gestellte Steine schützen
den Kopf; Asche der mit zum Teil wohlriechenden Pflanzen (3. B.
Wacholder) abgebrannten Feuer wurde über und neben die Leichen
gestreut, und bald deckte Gras die schlichten Gräber. Tausend
Jahre zog der flache Bergpflug des Landmannes über sie hintoeg,
bis Bonderaus Spaten sie jeht aufdeckte.
4. Nun wurde die Festungsanlage gesucht. Ein von einer
Hecke ũberwucherter Steinwall scheidet die östlich gelegenen Felder,
die in der Flurbarte und im Volbsmund als „innerhalb— und
„außerhalb der Kingmauer“ bezeichnet werden. Ein Querschnitt
durch diesen Wall hatte einen überraschenden Erfolg: es wurde
ein Stũück der gewaltigen Kingmauer offengelegt, welche die außer⸗
ordentliche Dicke von 4,20 Meter zeigt! Sie ist fränkischen
Ursprungs und um etwa 500 nach Chr. errichtet. Die Außenseite
bildet starkes Mauerwerk, der Zwischenraum ist nach römischer
Bauweije mit steinfest gewordenem Kalbmörtel und Bruchsteinen
ausgefüllt. Gleiche Anlage zeigt die anstoßende Südmauer. Dort,
wo an dem von Fritzlar aufsteigenden Wege beide Mauern zusammen⸗
toßen, wurde eine starke, 9O Meter breite Tor⸗ und Turmanlage
offengelegt, deren Anblick den Beschauer mit Erstaunen erfüllt.
Die außerordentliche Stärle der Mauern, die 9 Meter breite
Toranlage, Anlaufstellen für die Verteidiger lassen die militärische
Bedeutung dieser fränkischen Festung erkennen, die als Gegenburg
gegen die starbe sächsijche Eresburg (bei Obermarsberg) ein wich-
iges Glied in der fränbischen Grenzsicherung bildete.
Ebenso wurde ein Querschnitt durch die das Wäldchen an
dem Westabhang durchziehenden Erdwälle gemacht. Die bis vier
Meter hohen Wälle zeigen ähnlich den römischen Wällen an der
ãußeren, dem Feinde zugebehrten Seite eine durch Pfostenstellung
befestigte senkrechte Boschung und sind durch enthprechend tiefe
Spitzgrãben voneinander getrennt. Beim Aberblick uͤber die bünst
sichen Befestigungsanlagen, deren Üerwindung durch den Steil-
abfall des Berges nach drei Seiten noch erschwert wurde, ver⸗
tehen wir es, daß im Jahre 114 die Sachsen längere Seit ver-
geblich gegen das Büraberger Bollwerk anstürmten und zuleßzt
anverrichteter Sache abziehen mußten.
Staunend und sinnend stehen wir auf der historischen Berges-
höhe: die freigelegten Mauern und Grüßfte sind uns Seugen
heidnischer und christlicher, chattischer und fränkbischer Seitperioden
pom 5. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Sie reden zu uns von
—XDV
Hessenlande.
Wir danken dem freundlichen Führer und Forscher und wũnschen
einer Arbeit im nächsten Jahre gleich glückliche Erfolge. Noch
einen langen Blick von der Höhe in die ringsum gelagerte weite
hessische und waldeckische Umgebung, und dann scheiden wir von
der ehrwürdigen Stätte, die zuerst eine chattijche Fliehburg,
dann eine fränkische Grenzfestung war, und dann durch den heiligen
Sonifatius der Ausgangspunkt des Christentums und damit aller
Kultur in Hessen geworden ist.
150 Jahre Friedrichshausen.
VOon H. Võlber.
Außer den franzoõsischen Kolonien Louisendorf und Wiesenfeld
gibt es im Kreise Franbenberg eine deutsche Kolonie, das Dorf
Friedrichshaujen, bei der Stadt Franbenberg gelegen, eine vor
150 Jahren von der KRegierung gegrũndete Siedelung, die aus
diejsem Anlaß am 15. Mand. J. ein im engeren Rahmen gehalte⸗
nes Heimatfest zu feiern gedenkt. Der Ort wurde im Jahre 1717
fũür zehn 3. T. wohl der Stadt Franbenberg entstammenden „Kolo⸗
nisten“ auf der sog. breiten Heyde gegründet und unter Begabung
der mit einem einzelnen Bauernhof beseßten, zwischen Franbenberg
und Haubern gelegenen dienst- und zehntfreien städtischen „Frei-
mark“ 1118 für 20 Familien erweitert. Bereits bei Gründung der
französijschen Kolonie Louisendorf hatte das Dorf Geismar einen
Teil der Franbenberger zehntfreien Mark erhalten. 283 Jahre (1725
bdis 1748) währte darauf ein vor der Kegierung zu Marburg und
aut Kommijsion vor dem Amtmann zu Franbkenberg verhandelter
Aozeß der Stadt Frankenberg mit der Gemeinde Geismar über
ie Pflicht Geismars, für jenen Teil der 8* Kontribution
ind Lasten zu tragen (Marburger Staatsarchiv).
Die drei ersten Jahre des Ortes nach seiner Gründung waren
freijahre jür die Ansiedler, die von vornherein nicht auf Rosen
jebettet waren, so daß ihnen auf Verfügung der Regierung in
rZassel vom 3. August 1780 drei weitere Freijahre zugestanden
»urden. Friedrichshausen wurde zunächst von Frankenberg aus
aitverwaltet, und die „Hessische, zur General-Kebtifikbation des
dandschafts⸗Steuerstocks verordnete Commission“ in Kassel forderte
är neu aufgestellte Kataster die CopialGebühren „von Stadt
ind Friedrichshaujen“. Im Jahre 1789 Lam nämlich die nochmalige
Auflage an Bürgermeister und Kat in Frankenberg, „nach aber⸗
aals vollendeter Ernte dafür zu sorgen, daß solche Gebũühren binnen
ier Wochen ohnfehlbar beigeteieben und eingesjandt werden.“
Nach dem Königlichen Dekbret vom 21. Obtober 1810 jollte im
dönigreich Westfalen eine Personalsteuer erhoben und zur Bildung
ines Tilgungefonds für die Amortijationsbasse, sowie zur Sahlung
er rũckstãändigen Sinsen der Reichsschulden verwendet werden,
ie auf 4 Millionen Franken Hauptsumme und 4000o Franken
zulage für das Jahr 1808 bestimmt war. Volckmar, dem, Waire
es Hauptortes“, lag es ob, die Verteilung der Steuer vorzunehmen.
dieselbe betrug für die 13 Gemeinden des Kantons Frankenberg
850 Franken, und zwar für Frankenberg 4041 Franken 9 Centimen
ind sũr die „Kolonie“ Friedrichshausen 100 Franken 88 Centimen.
Im Jahre 1811 reichten die Bewohner von Friedrichshausen
in Fristungsgesuch wegen ihrer Rückstände zur Frankenberger
*tadtlassje ein. Volckmar schilderte darauf ihre „mißlichen“ Ver⸗
ãltnijje, der rũckständige Betrag von über 118 Ktl. übeesteige
hre pebuniären Kräfte, und er erinnerte an die früher gegenüber
en Schuldnern geübte große Nachsicht, mit dem Vorschlag, daß
ie die Kückstände binnen Jahresfrist in vier Sielen bezahlen sollten,
as auch der Präfekt in Marburg genehmigte. Die rückständigen
Zittsteller waren: Johs. Arnold, Johs. Wentzell, —* Schwoebel,
Zonr. Neuschäfer, Ehristoph Pfuhl modo Seibert, Pet. Peil. Konr.
Zaltzer, Foͤch. Steinbock, Heinr. Wagner jun. und sen., KReinhd.,
hil. und —8 VOollmer, Johs. und Dan. KRese, Jab. und Nib.
Dagner, Christ. Hofmann, Joh. Schack. Tob. Koch, Johs. und
deinr. Schwebel (Staatsarchiv Marburg).
Dem 1811 in Friedrichshausen sich niederlassenden Peter Schäfer
ius Rosenthal wollte das Stift Wetter wegen seiner Schulden das
hut verbaufen. das jedoch nach Gerichtsurteil von Schäfer der
ztadt als heimgefallen abgetreten wurde, bis es Herm. Görke
on Frankenberg für 40 KRtl. auf Erbleihe ankaufte.
Nachdem die Regicerung am 26. 8 1834 den Branntwein-
chank zu Friedrichshausen genehmigt hatte, bestand hier von da
ib eine „Schenb· und Herbergierungswirtschaft“, wofũr die Inhaber
ine jährliche Abgabe an die Stadtkasse zahlten. bis am 31. 8.
868 dieses Monopol aufgehoben wurde. 1844 und 1851 wurden
zie Frankenberger Sehnten und Erbleihen abgelöst, und ein
Zürgermeister (Jak. Neuschäfer, 1862) ũbernahm die Derwaltung
es Ortes, der wohl 1848 dem Mahlzwang in der Frankenberger
liedermũühle und mindestens von 1810 ab der Reinigung des
ortigen Mühlgrabens enthoben wurde.
Friedrichshausen hatte 1804 bereits 11 Wohnhäuser und 131
kinwohner. Der Wassernot des Ortes, die sich besonders bei der
nhaltenden Trockenheit der Jahre 1856 bis 58 bemerkbar machte,
ourde 1902 durch die Anlage einer Wasserleitung Einhalt geboten.
An der Hebung der deutschen wirtschaftlichen Verhältnisse nahm
uch Friedrichshausen teil, und in den Weltbrieg schickte der Ort
ine große Sahl seiner opferbereiten Söhne, deren einer für die
zinem gefallenen Rittmeister geleisteten treuen Dienste im November
914 mit einem Geschenkb von 300 Mark als Anerkbennung bedacht
»urde. Den im Weltbriege Gefallenen aber haf die Gemeinde
— lelerlicher Weise am 29. Mai 1021 enthũllten Gedenbkstein
zewidmei.
Dom Pulsschlag der Heimat.
Schlachte Lohlgeschichten.
Oon Adolf Häger.
Niemals erzählt es sich schöner, als wenn an langen Winter-
abenden die Hausgenossen und guten Freunde um des Lichts
gesellge Flamme“ versammelt sind. Das Geschichtenerzählen stiebt
nur leider immer mehr aus, seit Lesestoff die mündliche Darstellung
erdrängt, und gar erst heute, im Seitalter des Radio, wo bezahlte
Berufskräfte alle Unierhaltung allein besorgen. Ohne das Gute
ieser Erfindung ableugnen zu wollen, sieht der mit dem ländlichen
dolbstum Vertraute hier die Gefahr einer Oerödung kommen, wo
rũher oft böstlicher Mutterwiß und blũühende Volkbsphantasie ein
veites Betãtigungsfeld hatten.
Doch heute gibt es noch Pflegestätten ursprünglicher Volbs⸗
rzählung. Das sind vielerorts noch die winterlichen Spinnstuben und
icht minder die ausgedehnten Schlachtebohle. Frellich, ein bißchen
erbe geht's dabei zu, aber selten so zotig — wie in den Kabaretts
er sogenannten guten Gesellschaft.