Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

den Hessen, deren Hauptmasse damals das fruchtbare Gebiet der 
mittleren Edder und ihrer Nebenflũsse Elbe, Ems und Schwalm 
bewohnte. Im Jahre 128 fällte er dem Büraberg gegenüber auf 
der Geismarhöhe die heilige Eiche Donars, worauf bald der größte 
Teil der Hessen das Christentum annahm. Sur Sicherung und 
zum weiteren NAusbau der jungen hessischen Kirche erricht ete 
Bonifatius, da der Bũraberg wegen seiner geringen Oberfläche 
beinen Raum für eine größere Siedelung bot, im folgenden Jahre 
auf der benachbarten fruchtbaren und 
jonnigen Höhe von Frideslar ein Bene⸗ 
diktinerkloster und eine Benedibtiner- 
schule, die bald zu großer Blüũte ge⸗ 
langten. Um das Jahr 138 war die 
Christianisierung Hessens vollendet. 
Bonifatius, als Organisator nicht 
weniger groß, wie als Missionar, er⸗ 
eichtete im Jahre 141 3zwecks Susammen- 
assung der neuen christlichen Gemeinden 
zu einer hejsischen Kirche auf dem Bũrd⸗ 
berg das hessische Bistum Büraburg 
Er bam damit einer damaligen kirch- 
ichen Vorschrift nach, gemäß woelcher 
Bischofssitze nur in befestigten Orten 
errichtet werden durften. Seinen Lands- 
mann Witta, der bis dahin Abt des 
BSũraburger Klosters gewesen war, 
oestellte er zum ersten Hessenbischof. 
Witta blieb auch der einzige hessische 
Bijchof; er erlag im Jahre 168 bei 
einem Besuche seines Freundes Lullus in Mainz einem Herzschlag 
und fand jeine Kuhestätte in der von Lullus erbauten Klosterkirche 
zu Hersfeld. Das Bistum Büraburg wurde mit dem Erzbistum 
Wainz vereinigt. 
Schon bald nach Wittas Tode bamen schwere Seiten über 
Fritzlar und Büraburg. Karl der Große wollte bebanntlich die 
Sachsen mit Schwertesgewalt zur Unterwerfung und zum Chreisten- 
tkum zwingen, besiegte 7178 
die Sachsen, eroberte die 
jächsische Grenzfestung Eres⸗ 
hurg und zerstörte die Ir— 
mensul, das Nationalheilig- 
tum der Sachsen. KRache 
schnaubend fielen im nächsten 
Jahr die erbitterten Sachsen 
n das benachbarte christliche 
Hessen ein, eroberten und plüũn⸗ 
derten Frideslar, dessen Ein— 
wohner noch eben die Seit 
gefunden hatten, sich hinter die 
festen Mauern der Büraburg 
zu flüchten. Nun belagerten 
die Sachsen die Büraburg, 
aber das feste Bollwerb wider⸗ 
tand ihren Angriffen, sodaß 
ie, bei einem Ausfall der Be— 
saßung geschlagen, wieder ab⸗ 
zogen; Büraburg hatte das 
hessische Christentum gerettet! 
Frideslar wurde wiederher⸗ 
gestellt. 
den Saaten des Landmanns. Fromme Waller zogen im Sommer 
etend und sinnend hinauf zur Höhe des heiligen Bonifatius. 
Heimatliche Geschichtsfreunde wũnschten den Tag herbei, wo 
»as in der Erde Verborgene wieder an das Tageslicht treten 
vürde. Diejer Wunsch geht jetzt endlich in Erfüllung. 
2. Die Ausgrabungen auf dem Büraberg. J 
Die im Herbst vorigen Jahres im Auftrag der Staatsregierung 
unternommene Spatenarbeit Oonder⸗ 
aus wurde mit reichem Erfolge 
gekbrönt: 
Sie bestätigt die frühgeschichtliche 
hattijch⸗ frãnbijche Ansiedlung auf dem 
Büraberg, legte chaͤttisch-fränkische 
Reihengräber, Wittas Taufkbapelle 
und Taufbrunnen und Teile der ge— 
waltigen, aus dem Anfang des 6. Jahr⸗ 
hunderts nach Chr. stammenden frän—⸗ 
bischen Festungsmauern und Tor-An- 
lagen frei. 
1. Zunãächst wurde der Spaten an 
der Chorwand der jetzigen Kirche an⸗ 
gesetzt, die ältere Bauformen zeigte: 
In etwa zwei Meter Tiefe wurden 
die an die Chorwand der Kirche an— 
gejetzten Grundmauern von Wittas 
Taujbapelle, Reste einer halbrunden 
Chor⸗Apsis und die Fundamente eines 
an die Kirche angebauten größeren 
Vohnhaujes freigelegt, die man wohl als Reste von Wittas 
SBischofsswohnung ansprechen darf. Von ganz besonderer Wichtig- 
leit aber ist die Aufdeckung eines Taufbrunnens neben der Tauf- 
lapelle. Derselbe hat eine Tieje von reichlich zwei Meter, 
m unteren Teil einen breisrunden, oben einen ovalen Querschnitt 
ind glatt gemauerte Wände. Der Boden des Taufbrunnens ist 
nit Steinplatten belegt, in deren mittlere ein Kreuz eingemeißelt 
ist. In diesen Taufbrunnen, die 
iur bei Bischofokirchen angelegt 
verden durften, empfingen die 
Neubebehrten durch Unter⸗ 
auchen das Sabrament der 
Taufe. Taufbrunnen dieser Art 
ind in großerer Sahl bis jeßt 
nur in Franbreich aufgefunden 
worden. Die weitere Ausdeh⸗ 
aung der Grabungsarbeit an 
diejer Stelle wurde behindert 
durch die zum Teil noch frischen 
Bräber des die Kirche um— 
gebenden Friedhofs, auf dem 
eit undenklicher Seit die Ein⸗ 
pohner von Ungedanken und 
Kothelmshausen ihre Toten 
begraben. 
2. Innerhalb der Kirche 
orgenommene Antersuchungen 
tellten fest, daß die jetzige, 
m 17. Jahrhundert erbaute 
Kirche auf den Fundamenten 
her Bischofskirche Wittas steht, 
zon der troß der Serstörung 
m 30 jãhrigen Kriege auch noch 
die viereckigen Tragpfeiler des 
Triumphbogens erhalten sind. 
Fin in der Mitte freigelegter 
Stein zeigte Brandspuren und 
eitwärts Kohlenreste, was seine 
VOerwendung als heidnischer 
Opferstein vermuten laͤßt. Wenn 
diese Vermutung richtig ist, so 
Rätte man beim Bau der ersten Kirche die damalige bkirchliche 
dorschrift befolgt, daß christliche Kirchen möglichst auf dem Boden 
ʒeidnijcher Kulturstätten errichtet werden solllen. 
3. Ein welteres Ergebnis der Ausgrabungen ist die Frei⸗ 
egung einer größeren Anzahl wohl erhaltener chattischer und 
iltfränbijcher Keihengräber auf dem Gelände außerhalb des um- 
vallten Friedhofs. Sie beweisen uns die Richtigkeit der von 
em romischen Schriftsteller Tacitus in seiner „Germania“ ge⸗ 
ebenen Darstellung ũber die bei den Chatten übliche Toten- 
hrung. Ohne Sarg liegen die Toten reihenweise in flachen 
Die Kapelle auf dem Büraberg. 
R 
Als 30 Jahre später die 
Sachsen sich der fränbkischen 
Oberherrschaft und dem Chri— 
stentum unterwarfen, begann 
Bürabergs Blüte zu sinken: 
die kurze Bischofsherriichleit 
war dahin, das Benediktiner- 
kloster war infolge der Ent— 
wicklung des Fritzlarer Klosters 
eingegangen; nach der AUnter⸗ 
werfung der Sachsen hatte Büraburg auch seine Bedeutung, als 
Grenzfestung verloren. Es vereinsamte immer mehr, die Einwohner 
berließen die wenig fruchtbare und wasserarme Berghöhe, um sich auj 
der sonnigen und fruchtbaren Höhe von Fritzlar niederzulassen, wo sich 
um das Bonifatiuskloster rasch eine größere Ansiedlung gebildet hatte. 
Buraburg verfiel immer mehr; die Keste der einstigen Sergstadt 
wurden im 830 jahrigen Kriege von den Hessen zerstört. Bis heute 
erinnerten nur die Keste mehrerer Wälle und das im 18. Jahr- 
hundert erbaute einfache Kirchlein an die einstige Stadt. Das 
Ubrige schlummert ein Jahrtausend im Erdboden, übergrünt von 
S527. 
Den Oruckstock hat der Verlag Aschendoryj ⸗Münster i. W. (aus der Schrift von Fran 3 
Flasbamp: Auf hessischen Bonisatiuspfaden. Ein Führer. 80 326. 5 Karten 1RM.) 
danbenswerterweise zur Verfügung gestellt.
	        
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