die notwendigen Wege zur inneren und äußeren Ertüchtigung
zu weisen; die Kasseler Kunstgewerbeschule, deren vor—
züglichste Aufgabe darin besteht, das Handwerk wieder mit
—I
das Gesicht des Alltags auf diese Weise zu verschönen, und
schließlich die SeichenAkademie zu Hanau, die an ihrem
gewiß nicht geringen Teil zur Lünstlerijchen Erziehung der
hodenständigen Jugend beiträgt.
In einem verhältnismäßig kleinen Kulturbezirk, der so viel
künstlerische Anstalten und Einrichtungen besitzt, bann, wie
gesagt, die bildende Kunst keine Nebenrolle spielen. Und so
ist es denn auch an dem, daß, um ein vulgäres Wort zu
gebrauchen, in Hessen viel gemalt wird. Nun muß dieses Wort
freilich etwas eingeschränkt werden, und zwar in dem Sinne,
daß nicht etwa, wie zu erwarten wäre, ein gewisser Lompakter
Zusammenhang innerhalb der hessischen Malerei besteht. Jene
pezisisch hessische Neigung zur Eigenbrötelei, zur Absonderung,
die sich oft genug auf politischem Gebiet gezeigt und das
hessische Gesjamtschicksal in der Landesteilung durch Landgraf
Philipp bejonders unheilvoll beeinflußt hat, tritt auch auf dem
Hebiet des Kunstschaffens hervor. Gerade in der neueren
Zeit mußte festgestellt werden, daß bünstlerische Gemein-
schaften, wie sie sich etwa im Anschluß an die Wirbsamkeit der
Kasseler KunstAbademie naturgemäß hätten entfalten bönnen,
nicht zu bemerben waren. Der Grund hierzu lag vielleicht
in den Gegensätzen, die sich infolge der nach der Kevolution
aufgetretenen, fanatischen Neuerungsbestrebungen entwickelt
hatten, Bestrebungen, die mittlerweile wieder in ruhigere
nehr aus wirtschaftlichen Gründen, mitunter nicht so lebendig
var, wie es den Freunden des heimischen Kunstschaffens
vünschenswert erscheinen mochte. Kurzum: es wurde viel
jemalt in Hessen, aber die Künstler hielten sich größtenteils
Gerhard Sy: FuldaUfer. Phot. C. Achenbach, Kahßel.
H. Tannen-Wille: Knochenmühle. Phot. C. Achenbach, Kahel.
Bahnen eingelenkt haben. Immerhin traten diese Gegensätze
auch in Hessen deutlich genug zutage. Es bann im übrigen
auch nicht geleugnet werden, daß auch Willingshausen,
die bald hundertjährige Malerkolonie, wenn auch zeitweise
ür sich, Leineswegs zum Schaden ihrer persönlichen Ent-
vicklung, aber doch in einem Grade, der als bedauerliche
Zerjplitterung anzusehen war.
Erst in der jüngsten Seit hat sich eine Besserung dieser
Oerhältnijse herausgestellt. Schon im Jahre 1923 hatte sich,
venn auch zunächst in bewußtem Gegensatze zu der damals
zinem dogmatischen Expressionismus unterworfenen Abademie,
ius ehemaligen Schülern dieser Anstalt die „Malergruppe
923* gebildet, eine Art von Sezession, deren Sinn darin
ag, in voller schöpferijcher Freiheit von Lehrmeinungen das
Sschaffen der Beteiligten sich auswirkben zu lassen; daß dabei
ielfach eine starke Liebe zum heimatlichen Boden in Er—
chheinung trat, konnte nur als begrüßenswert empfunden
verden. Andererseits ist nicht zu leugnen, daß die Susammen-
etzung dieser Gruppe jüngerer Künstler mehrfach wechselte
ind daß eine ganze Anzahl innerlich ihr nahestehender, in
elbstgewählter Einsamkeit wirkender Künstler ihr äußerlich
ernblieb.
Inzwischen hat sich auch die Abademie, die übrigens in
iesem Jahr ihren 150. Geburtstag feiert, zu einer Haltung
urũckgefunden, die unlängst bei offizieller Gelegenheit Prof.
ODr. Soeder, der Architelt der Abademie, dahin bennzeichnete,
aß heute nicht mehr, wie noch vor wenigen Jahren, der
fanatismus die Kunstanschauungen beherrsche, daß das Neue
uücht mehr egozentrisch eingestellt sei, sondern gelernt habe,
iuch das Alte zu verstehen und sich mit diesem als gleich-
vertige Hebungen einer kbulturellen Wellenbewegung zu
etrachten. Dieser inneren Annäherung der verschiedenen
Flemente des heimischen Kunstschaffens entsprach eine Der—
instaltung, die der Kasseler Kunstverein, unter den
ũhrenden Kräften des bodenständigen Kulturlebens vielleicht
die objektivste, mit seiner „Herbstausstellung hessischer Kunst“