Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

mit der alten Landwehr in Verbindung zu bringen sind, wage ich 
heute noch nicht zu entscheiden, ebenjowenig, ob wir das bei 8 
befindliche sog. „Kömerlager“, das ich als altgermanische Be— 
n anspreche, in das System der Landwehr mit einbeziehen 
ürfen. 
Wenden wir uns zum nördlichen Talabschluß. Dieser rũckt 
etwas näher an die Oete heran als der südliche. Hätte man hier 
den natürlichen Kiegel des hohen Ahrenberges benutzen wollen, 
jo hätte man die Landwehren sehr viel weiter talab verlegen 
mũssen, etwa bis burz vor Wahlhausen. So aber liegt die rechts- 
ufrige Landwehr bereits auf halbem Wege zwischen Allendorf 
und Wahlhausen, an einer Sielle, die mit ihren zwei alten Linden 
allen Wanderern von und nach Teufelsbanzel-Hanstein in der Er— 
—XXDO 
einer flachen Flußschotter⸗Terrasse. Der Graben, den die Land— 
wehr hier bildet, heipt der Mordbach. woran sich gleichwie an die 
benachbarte Flurbezeichnuung „Im 
finstern Tal“— die Erinnerung an vor— 
geschichtliche Kämpfe bnüũpfen doll. 
Gstlich der Landstraße ist die mit 
einem leichten Winkel nach Norden 
porspringende Landwehr durch die 
Flurbereinigung teilweise zerstört 
worden, sodaß es an der Seit ist, ihr 
Andenken zu erhalten. Immerhin ist 
sie, auch, wo sie ũberackert ist, noch 
ziemlich deutlich zu verfolgen. Sie 
zieht sich dort bis an die Abhänge 
der Heyer hinüber. Westlich der 
Straße hat die Landwehr dieselbe 
Gestalt wie der Lampertiche Graben 
und wird auch von einem periodischen 
Wässerchen durchflossen. 
Ob gewisse Wälie auf der flache- 
ren und offeneren Höhe des Sicken⸗ 
berges (j. Stizze) als zu den Land— 
wehren gehörig angesprochen werden 
—XV— 
——AVVV 
sie sich gut ein, wie ja auch die west⸗ 
lichen Talhöhen am Hegeberg ujw. 
von allerlei Gräben wimmeln, deren 
Entstehung und Deutung wohl immer 
fraglich bleiben wird. 
Der Anschluß der nöõrdlichen 
Landwehr auf dem linken Werra⸗ 
ufer ist nicht sofort gegeben, da hier 
drei Kunstbauten, Solgraben, Land⸗ 
jtraße und Bahn, das Gelände ver—⸗ 
ãndert haben. Die vorhandene Land⸗ 
wehr, zwijchen deren Waͤllen der 
vom Ahrenberg fallende Bach zum 
Solgraben fließt, endet jetzt an der Landstraße (4). während ihr 
Beginn am Fuße der Kleinen Hardt liegt. 
Soviel zur Beschreibung dieser Landwehren. Bescheidene und 
geringe Spuren sind es, die wir in ihnen verfolgen. Und dennoch 
bereichern sie mit ihren halbverwischten Linien das Bild der 
Heimat, in dem sie der sinnende Blick bei der Rückschau in grau 
verdämmernde Seiten verfolgt. Sie waren emst Menschen wichtig; 
was wird mit den Dingen sein. die uns jetzt wichtig dünben? 
VDom Kaffeetrinken im alten Hessen— 
HDon Georg KlinkbBremen. 
Wohl viele, die des Morgens und des Nachmittags ihre Schale 
aromatischen Kaffees als Selbstverständlichkeit hmnehmen, ahnen 
kaum, daß noch vor 150 Jahren der, Kaffeegenuß bei 
schwerer Geld- oder Gefängnisstrafe verboten war. 
W— 
und man ihn 1744 an allen deufschen Fürstenhöfen trank. blieb der 
uns heute felbstverständliche Genuß doch lange Seit ein Vorrecht 
der höheren Stände. Nur der Adlige, Geistliche u. d. Standes - 
personen erhielten sog. Brennscheine und durften sich den Kaffec 
elbst brennen. Man woilte damit verhũten, daß das Volb sich an 
den Kaffee gewöhne und dafür viel Geld außer Landes gehen 
lasse. Um das Jahr 1765 wurde der Kaffee aber auch im Volbe 
heimisch. Der Genuß desselben verallgemeinerte sich bald so sehr— 
daß die Reglierungen, insbesondere auf dem platten Lande, eine 
Schwächung der Gesundheit befürchteten, weshalb sie es für nötig 
hieiten, dagegen einzuschreiten. Es war damals die Ansicht auf— 
dekommen. daß der Kaffeegenuß die Menschen entkräfte und ver 
veichliche, und die Fürsten wollten verhüten, daß derjenige Teil 
er Unkertanen, der die Soldaten für das Heer lieferte, von diejem 
Ibel betroffen wũrde. So ergingen dann allenthalben im deutschen 
dande die Verordnungen gegen das Kaffeeteinlen. Landgraf 
friedeich Il. von Hessen-Kassel (1460 - 1185) erließ am 28. Januar 
765 eine Verordnung. nach der die Kaffeekrämereien auf den 
dörfern sämtlich aufgehoben und der Kaffeegenuß bel zehn 
Talern Strafe oder 14 Tagen Gefängnis verboten wurde. 
Ver Kaffeegeschirr besaß, hatte sich binnen sechs Wochen „davon 
oszumachen?“. Wenn man sich den damaligen Wert des Talers 
»or Augen hält, so wird man erst die ganze Strenge dieser VDer- 
»ednung ermessen. Die Polizeiorgane wurden angewiesen, in 
dieser Beziehung regelmäßige Visitationen vorzunehmen. 
Trotz dieses Verbotes griff aber der Kaffeegenuß im Hessen- 
iande weiter um sich Am 11. März 1113 erschien deshalb eine 
neue verschärfte Ordnung. Damit „diesem landverderblichen Un- 
wesen, wodurch die Untertanen in 
merklichen Verfall ihrer Nahrung 
gerieten, der Bürger und der Land⸗ 
mann in jsemer Arbeit aufsgehalten, 
ja öfters von den Semigen zu Hause, 
wenn er abwesend, heimlicherweise 
bpertan werde, was er mit saurer 
Mũhe sich zu erwerben bemüht, auch 
bieles Geld außer Landes ginge“, 
nicht länger nachgesehen worde, 
wurden Übertretungen mit einer 
Strafe von zwanzig Talern 
geahndet. Dem Magustrat, der die 
Innehaltung dieser Verordnung ũber- 
wachen mußte, stand Kassation bevor, 
wenn er Nachlässigbeit zeiate, wobei 
er umso weniger auf Nachsicht zu 
hoffen hatte, als es „ihm leicht war, 
die UÜbertreter durch den bloßen Ge⸗ 
ruch des Kaffees gewahr zu werden“. 
Auf die Kaffee-Einfuhr setzte man 
eine Abgabe m Höhe des halben 
ODerbanfopreises. 
Nur den Honoratioren, die den 
AUntergerichten nicht unterworfen 
waren, den Offizieren. sowie den⸗ 
jenigen Kaufleuten. Fabribanten und 
anderen Leuten von Ansehen und 
VODermögen. welche die landes herrliche 
Dispenjation erwirkt hatten, war das 
Kaffeeirinben gestattet. Eine der— 
artige „Dijpensation“ für einige 
Hersfelder Kaufleute ist in 
E. Demmes „Chronik von Herosfeld“ 
enthalten und soll im Originaltert 
foluen: 
Extract weheimen Kaths Protocolli d. D. 
Cassell, den 14ten November 1175. 
Kes. Denen supplicirenden Kaufleuten Schröder, Gebrüdern 
Ziegler, Morchut und Happich zu Herßfeld wird das gebethene 
Foffetrinken dergestalt hiermit gestattet, daß sie jedoch den auf den 
Loffee gesetzten Impost davon gehörig entrichten und solchen 
Personen welchen das Coffeteinben verboten ist. selbigen nicht 
en. mithin bein unerlaubtes Coffe Gelag bey sich gestatten 
ollen. 
Um die Verordnung gegen das Kaffeetrinken besser zu hand- 
»aben und die „Sünder“ möglichst alle zu erfossen, wurde durch 
andesherrliche Anordnung vom 6. August 1113 dem Denun— 
lanten der vierte Teil der Strafe als Prämie zugewiesen. 
Da mogen unsere lieben Frauen gar oft in Bedrängnis gewesen 
ein, wenn sie sich verbotenerweise hinter verschlossenen Türen ein 
zchãlchen Kaffee gönnten, ob da nicht doch irgend ein neidischer 
Mensch herumschnüffelte. 
An Stelle des verbotenen Kaffees bũrgerte sich das Schokolade⸗ 
rinben ein. Da „dieses Getränk aber in Ansehung des Seitver- 
ustes und Aufwandes bostbarer als das Kaffeetrmben selbst“ 
etrachtet wurde, nahm der Landgraf Veranlassung, am 11. Februar 
774 dieses in gleicher Weise zu verbieten und die Einfuhr mit 
einer Abgabe in Höhe des halben DVorkbaufspreises zu 
elasten. 
zli⸗ diese Verordnungen bonnten jedoch den Siegeszug des 
daffees nicht aufhalten, wie aus einer DRerordnung vom 14. De ʒember 
1792 hervorgeht. In dieser wurde noch einmal auf die bereits 
estehenden Verordnungen hingewiesen mit dem Befehl, daß in 
leineren Städten und Dörfern Kaffeekrämereien überhaupt nichtf
	        
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