Ende der Ofenbank neben dem Kamin und pachkte sach-
verständig Kienspäne auf ein brennendes Scheiterhäufchen.
Die Flammen züngelten. Das Kienharz knisterte. Wabernde
Lichtwellen fluteten in den Kaum. Die Spinnräder schnuerten.
Die Spinnerinnen plapperten.
Fritzchen vertiefte sich in das unruhige Flammenspiel und
horchte zugleich angespannt in das anschwellende Geschnatter.
Die Dorfneuigkeiten wurden ausgiebig durchgehechelt. Ha,
nun Lam es ...
Lang und breit erzählte die Schwester von der heutigen
Hühnerjagd. Auf den blühenden Gesichtern spielten um
die Wette mit den gespenstisch wabernden Kienspanlichtern
Erstaunen, Furcht und Schrecken. Die Bauernmädels waren
allesamt sachverständig in Hühnerzucht, also auch in Hühner-
krankheiten. Und davon wußte jedwede einige grausliche
Geschichten. Den Vogel schoß ein Mädchen aus der Fremde
ab, die vor Jahren auf einem großen Gute diente und das
Geflügel zu betreuen hatte. Dort hätte sie einmal ein ganz
struppiges Huhn gesehen und sich gar nichts dabei gedacht.
Don ihm wären alle anderen Hühner angesteckt worden und
nach kurzer Krankheit brepiert, alle. Selbst die armen Tage⸗—
löhner wären von dem Anglück nicht verschont geblieben.
Keiner wußte, woher die Krankheit kam. Einige meinten,
herumstreunende Sigeuner, die vom Gutshof weggeprügelt
wurden, hätten aus Kache das arme Dieh behext. Andere
behaupteten, die Krankheit käme aus heiler Haut, noch andere,
es flögen böse Gespensterchen in der Luft herum und setztken
sich bei nassem Wetter auf die schlafenden Tiere. Und noch
bieles, das man glauben bann, wurde erzählt. Der Tier—
arzt hielt einen langen und gelehrlen Vortrag, von dem beiner
was verstand. Auf seine Anordnung wurden alle Hühner—
leichon in ein tiefes Loch verscharrt und vorher mit ungelöschtem
Kalk bestreut., die Hühnerställe ausgemistet, reingescheueet
und ausgeschwefelt. Und das half. Er sagte auch noch,
das Übel müsse gleich am Anfang ausgerottet werden ...
Fritzchen türmte hastig Kienspan auf Kienspan. Die
knisternden Flammen lohten in den Schornstein. als sollten
sie einen ganzen Ochsen braten.
Das lustige Mädchenvölbchen fühlte sich bedrückt von den
naahenden Schrecken der Hühnerseuche. Das Gespräch ebbte
ab. Die Plappermäulchen standen endlich still. Nur die
Spinnräder surrten nervös. „Ach was“, rief ein lockerer
Aus q
Landwehren um Allendorf⸗Sooden.
VODon M. O. Johannes.
In Nummer 1 des 4. Jahrganges dieser Blätter habe ich
ũboer die vorgeschichtlichen Besfestigungen der hiesigen Gegend be—
richtet. Ich ergãnze heute das dort über die Landwehren Gesagte
nach inzwischen stattgehabter Beobachtung und Überlegung.
Landwehren sind eines der häufigsten und emfachsten unter
den alten Befestigungsmitteln. Wir begegnen ihnen in ungeheuren
Erstreckungen als Grenzen zwischen Ländern, aber auch in be—
schränkterem Umfange zum Schutze eines örtlichen Gebietes. So
unscheinbar, oft baum noch zu erbennen, wie sie uns heute entgegen-
treten, so zweckmäßig mögen sie in ihren einstigen Formen und
jũr ihre Seit, vielleicht mit Holzbauten verstärkt und durch Dorn-
verhaue bewehet, gewesen sem.
Die bostbaren Salzquellen von Sooden bedurften besonderer
Sicherung schon von Urzeiten an. Die Natur sorgte bereits durch
Gebirgswälle zu beiden Seiten des Werratales mit ihren Wäldern
jũr einen gewissen Schutz. Durch die Stützpunkte burgartiger
Befostigungen auf diesen Höhen verstärkte der Mensch diesen
gatürlichen Schutz. Empfindliche Stellen blieben nur die offenen
Flußauen talauf und talab. Und hier seßte nun die Aufgabe der
Landwehren ein.
Gehen wir vom Steintor in Allendorf die Straße nach Roke⸗
stein hinaus, die sich über eine alte Flußterrasse hinzieht, so breuzen
ʒeisig, stellte das Spinnrad in eĩne Ecke und die Holzpantoffeln
aneben und zog die Jacke und die Strümpfe aus. Die
Anderen folgten ihrem Beispiel und schickten sich zum Tanze an.
Fritzchen, der als Musikant berühmt war, bebam seine
ʒiehharmonika in die Hände gedrückt. Sein ungewohntes
eftiges Sträuben half ihm nichts. Was hatte der Junge
uur heute? Er verlor beständig den Faden, fiel aus dem
Takte, burzum. machte eine Katzenmusik, mit der auch die
villigsten und flinksten Mädchenfüße nichts anzufangen wußten.
Das Schelten verschlimmerte nur das Übel, und verdrießlich
nachte man sich vorzeitig auf den Heimweg.
Das Simmer war menschenleer bis auf Fritzchen, der
inster brütend in der Ofenecke hockte. So fand ihn die
Mutter, die vor dem Schlafengehen noch einmal nach dem
Kechten sah. Nach einigem Hin und Her gab es ein langes
Bebenntnis mit flehentlichen Bitten und Beschwörungen und
dicken Tränen.
Am nächsten Morgen wurde der Fall gründlich unter—
ucht. Man fand weder Hühnerläuse noch Anzeichen von
Käude, noch sonst irgend etwas Verdächtiges und Gefährliches.
Sengel, wo hast du denn den Strupp her“, polterte der
zroße Bruder, der anderen gerne Spitznamen anhängte.
fritzchen jchwieg hartnäckig. „Die ist nicht von hier“, war
as allgemeine Schlußurteil. Die dörfliche Aufregung legte
ich so schnell, wie sie gekommen war, und Strupp bonnte
ich in Frieden dem Eierlegen widmen.
Darin bewies sie eine wahrhaft tropische Fruchtbarbeit.
Jeden Tag ein Ei, und was für eins. Sie wurden besonders
jesammelt und erfreuten sich bei Dudelack eines Extralobes
ind einer Extrabezahlung. Ihre Herbunft wurde weislich
erschwiegen. „Die werden als echte NAusländer weiter
erkauft, Gevaltern“, flüsterte der Eiermann der Mutter
chmunzelnd ins Ohr. And wirblich stand nach einigen Tagen
m Kreisblättchen eine dicke Anzeige, wonach eben eine
Sendung Bruteier angekommen sei. Cochinchina. Garantiert
»cht und frisch. Su haben bei Dudelack, Geflügelhändler
ꝛn gros. Beim Lesen kickerte Fritzchen in sich hinein. Woher
die Eier stammten, das wußte außer ihm und der Mutter
nemand auf der Welt. Daß Cochinchina nicht in Australien
ag, wußte der pfiffige Dudelack schwerlich. Daß bein einziges
—A
par. das brauchten die Käufer nicht zu wissen. (Forts. folgt.)
ter Seit.
wie nach Überschreitung der sog. „Großen Höh“ einen Graben,
her, nur in nassen Seiten Wasser führend, aus dem Ausbachtale
»erauskommt und in Gestalt eines mit alten Kirschbäumen besetzten
Doppelwalles durch die Wiesen und das Aberschwemmungsgebiet
zur Werra verläuft. Er heißt „Lampertscher Graben“, und in
einem Namen entdecken wir alobald auf dem Wege über Lampert,
damfer eie Verstümmelung von „Landwehr“, wie sie auch aus
inderen Gegenden belegt ist. Wir haben also hier den rechts-
iferigen Te der Landwehr vor uns, die die Flußaue, in diesem
Jall' nach Osten, im großen und ganzen nach Süden abriegelt
j. Sbize: 1). Der Bau dieses „Lampertschen Grabens“ ist typisch
ür die hiesigen Landwehren. Er besteht aus einem doppelten
Valle, dessen Krone ũüber Hochwassergrenze liegt, und in dessen
Mitte ein Sächlein fließt, jofern der Sufluß aus den Bergen dazu
hinreicht. Von der rechtsuferigen Höhe herunter grüßt der Klaus—
zerg, dessen umwallter Wartturm mit seiner bevorzugten Aussicht
zinen uralten Beobachtungsposten bennzeichnet.
Gegenüũber diesen Landwehr-Abschnitte auf dem linken Ufer
cheint eine bũnstliche Befestigung ũberflüssig, da hier der vor—
pringende Kücken des Hirschenberges das Tal genugsam nach
Sũden abschließt. Trotzdem hat sich auch hier eine Landwehr be—
unden, wie der in der Gegend von 2. Sbizze) vorhandene Flur-
ame „An der Landwehr“ beweist. Straßen- und Bahnbau haben
hier das ursprüngliche Gelände stark in Mitleidenschaft gezogen.
Inwiefern die vorhandenen, angedeuteten Gräben und Hohlwege