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eimat· Schollen
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst
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Nr 1 / 1927 bl Erscheinungoweise 2 mal monatlich. Sezugspreis 1.20 Me. im Vierteljahr. Frũhere
FJahrgange bonnen, soweit noch porrätig, vom Heimatschollen-Verlag nachbezogen werden
7. Jahrgang
Der weitgereiste Schneider õ Von Thoodor Apelꝰ.
Wie ein Koman blingt die Geschichte, die uns die Abten
der Ortsrepositur Schmalkalden (Warburger Staatsarchiv)
erzählen, von einem Schneider, der ums Jahr 1600 jeine
Heimatstadt verlassen und als er nach 13 Jahren wieder⸗
zehrt, Heimat und Handwerk versjchlossen wiederfindet.
Hören wir zunächst ihn selbst, den Schneider Sebastian
Straub von Schmalkalden, und was er an die Kasseler Kegierung
unter dem 12. Juli 1612 zu berichten für gut befindet:
„Gestrenge, Edle, Ehrenveste, Hochgelehrte pp. Herren
Cantzler und Käthe, großgünstige, gepietende Herren, Ew.
Str. E. und Hgl. gebe ich underthänig zu erbennen, daß ich
bor 12 Jahren ohnegefahr zu Schmalbalden in eine große
schwachheit gerathen, darüber ich mich also verzehret, daß
nir und meinem armen Weibe nichts verblieben, auch meine
freunde mir garnicht zu hülffe kommen wöllen, daß ich wieder
auf die beine kLommen wehr, darumb ich mich nach Lübech
begeben, in meinung meinen Vettern daselbst, Hanß Korben
zu besuchen und mich bei demselbigen raths und thats zu
erholen, welches mit meines weibes und anderer guter freunde
wissen undt willen geschehen. Aber alß ich nach Lübeck
rommen, ist gedachter mein Vetter Lürtzlich verstorben, under⸗
dessen u. gn. F. u. Herr Landgraff Moritz zu Hessen nach
Hamburgk bommen undt schreiben von Herzog Carlen auß
Schweden angelangt; weil etzlich volck hierin zu schicken,
hab ich mich bei Graff Keinhardt von Solms vor einen
schneider eingesteldt, und bin mit in Lifflandt gezogen, Graff
Keinhardt aber hatt mich Hertzog Fridrichen von Lüneburg
zukommen lassen, undt als hochgedachter Hertzog vor Kiga
iodt geblieben, habe ich auß dem Lande nicht kommen
*) Aus dem in Vorbereitung befindlichen Buch: „Der zerbrochene Galgen und
mdere aiie Surioia aus dem Hesseniaude“. Verlag: A. Bernecker, Melsungen
önnen, undt hat mich Hertzog Carl nicht passieren lassen
völlen, wie männiglich wohl bewußt, wie es der orther mit
hrlichen Soldaten zuzugehen pfleget, habe ich darin bleiben
iadt vor einen Soldaten dienen müssen, welches sich also
n die 10 jahr verzogen. Endlich habe ich von Hertzog
carlen eine fahrpost bekommen undt wol etwas erworben,
iber auf der Sehe (See) sindt mir meine kleider, gespart⸗
seldt und was ich gehabt, alles drauf gangen, da auch das
chiff undt guth alle geblieben und wir nehrlich (knapp)
mser leben errettet, undt ich bin auf Denemark zukommen
indt mich daselbst in Dienst begeben, aber sehr schwerlich
in ich schwach worden, daß mich ein Edelmann mit nahmen
Telitz von Kronberg genandt, beim König loß gebeten, undt
ch bin also herauß kommen undt nach Schmalcalden in mein
datterland gezogen.“
„Nachdem ich mich aber wider daselbst niderschlagen undt
neines Handtwerbes gebrauchen wöllen, hatt Suũrgermeister
indt Kaͤth vorgeben dörffen, als wann ich mein Stadt-
indt Schneiderrecht verzogen hätte, undt dasselbige nicht
achgeben wöllen, ich kLauffte mich dann aufs neue zum
Zürger undt in die Schneiderzunfft, wann ich dann ein
Zürger des orths und die Schneiderzunfft vorlängst gehabt,
arnicht auß mutwillen, sondern aus ursachen, wie oben
egebet, jolange außen blieben, undt nicht erhöret, daß ein
helich man, welcher sich in briegen und frembden landen
ersuchet undt etwas lernet, sich dadurch seines Sũrgerrechts
indt der gulde Gülte, Kente) entsetzen undt dieselbige
adurch verliehren, sondern dieselbige vielmehr undt billig
in den ohngewanderten, stadtohnerfahrenen gesellen vorgezogen
berden solse. Derowegen ist an Ew. Str. E. undt Hochg.
geine undertbhänige biffe. Sie wöllen dem Herrn Ambt-