Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

»lündernden Soldaten Napoleons niederschoß und dadurch v. Linggs 
Rettungswerb (am 20. 2. 1807) auslöste, ein Seelig. 9— 
Diejer sog. Hersfelder Franzosenseelig hat im Jahre 1815 ein 
Bittgesuch an seinen Landesfürsten gerichtet, das aber abschlägig 
eschieden wurde. Das Gejuch folgt. in Abschrijt anbei, die Heimat- 
Schollen“ mögen es der Allgemeinheit bringen! 
Der Bärger und Sattler Georg Selig zu Hersfeld thut 
allerunterthãnigste Vorstellung um Entschädigung wegen des ihm 
im Jahr 1801 von den Franzosen demolierten Hauses mit inhalt- 
licher Bitte: 
Aller Durchlauchtigster Kurfürst! 
Aller gnädigster Kurfürst 
und Herr! 
Ew. Königliche Hoheit ge— 
ruhen allergnädigst zu erlauben, 
daß einer Ihrer getreuesten Unter⸗ 
hanen, welcher 31 Jahre in aller- 
höchst Ihrer Garde gedient und 
Sergeant mit einem ehrenvollen 
Abschied begnadigt ijst, eine ehr⸗ 
urchtsvolle Bitte zu allerhöchst 
Ihren Füßen legt. 
Im Jahre 1806, wie ein ũber⸗ 
müthiger Ajurpator mit seinem 
Kaubheer die Staaten Ew. Königl. 
Hoheit überschwemmte und die 
heiligsten Rechte aller Vdlber 
perletzte, wurde mir zugemuthet, 
und sogar bei Todesstrafe be— 
sohlen, mich unter das fremde 
Tyrannijsche Panier zu stellen und 
zegen meinen Fürsten und Dater- 
land meiner Ehre und meinem 
Herzen zuwider zu dienen. Diese 
ränkbende und volkerrechtswidrige 
Gewalts Anmaßung erregte in 
meinem und meiner Kameraden 
Semüther tiefe Abneigung und 
eine gerechte Widersetzlichkeit. Es 
zrjchien der 24. Dezember 1806 
und ein Commando von 60 
Franzojen bam in unsere Stadt, 
um, wie allgemein vermuthet 
wurde, uns, ihrem Fürsten und 
Oaterlande treue hessische Soldaten 
aufzufangen und dem fremden 
Abendtheurer als Sclaven zur 
krreichung seiner schimärischen 
5wecke zuzuführen, um desto ge⸗ 
chwinder alle Völber unterjochen 
und edle Fürsten, welche von ihren 
Vöõlkbern geliebt waren, entthronen 
zu können. Diese Begebenheit 
erregte einen Aufstand in der 
hiesigen Stadt wie im ganzen 
Lande und hatte bey allen Greuel- 
khaten, welche der Feind verũübte, 
edoch die glücklichen Folgen, 
daß deßen Pläne in Hinsicht des 
Oerschleppens der Soidaten ver⸗ 
zitelt und aufgegeben wurden. 
Anter den damaligen äußerst 
hraurigen VDerhältnissen traf mich 
besonders tief erschütterndes Un⸗ 
glũck; die Kache des Feindes wollte 
Opfer haben, man beschuldigte 
mich besonderer Theilnahme an 
enen Insurrectionen, und um nicht 
in die Hände und Fesseln der 
Feinde als unschuldiges Schlacht⸗ 
opfer zu gerathen, mußte ich die 
Meinigen, mein Haus und meinen Heerd verlaßen und in jenen 
perhängnisvollen Tagen schmachvoll herum irren, und das Opfer 
jũr Tausende meiner Cameraden sein, welche sich gleich mir nicht 
den arglistigen Feinden anreihen wollten. 
Wahrend nun ich verfolgt in der Welt herumirrte, hatten die 
jeindlichen schändlichen Gewaltsstreicher mein Haus zerstört, auch 
mir alles das Meinige geraubt, und nun nach dem damaligen 
schmachvollen Frieden, bonnte ich durch den Schuß mehrerer hiesiger 
Magistratspersonen in meine Vaterstadt zurückbehren, dem und 
meines Hoerds. auch der Meinigen beraubt. nicht weniger mit 
zerrüttender Gesundheit, welche mir die erlitkenen Drangsale ge— 
tfört hatten. Bei diesjen unglaublichen drangvollen Begebenheiten 
»abe ich durch das Demolieren meines Hauses, welches der rach⸗ 
üchtige Feind damals der Erde gleich gemacht hat, einen Verlust 
on wenigstens 1000 Th. erlitten und sehe bis jetzt noch hierũber 
gzerechten Entschãdigung entgegen. 
Ich sehe mich daher Nothgedrungen an Ew. Königliche Hoheit, 
neinen allergnädigsten Kurfürsten und Herrn, mit der allerunter⸗ 
hänigsten Bitte zu wenden: Mein durch den Feind demoliertes 
Haus durch Sachlundige taxieren 
ůCA!)yA- CCDDAMÿ-— und mir die hiernach zukommende 
Entschädigung allerhuldreichst ver⸗ 
abreichen zu lassen. 
Der Erfüllung meiner aller⸗ 
unterthänigsten BSitte sehe um so 
hoffnungsvoller entgegen, da ich 
mich getrost auf das Seugniß der 
hiesigen Beamten berufen darf, 
daß ich mich stets in hiesiger Ge— 
meinde gegen meine rechtmäßige 
Obrigkeit vollkommen gehorsam 
und ruhig betragen und als treuer 
Anhänger meines Fürsten und 
Oaterlands damals unschuldig ge— 
litten habe. Vertrauend der aller— 
hõchsten Huld und Gnade meines 
ingebetenen Kurfürsten und Herrn 
ersterbe ich in kiefster Ehrfurcht 
Ew. Königl. Hoheit 
aller Unterthänigster 
Georg Seelig. 
Ehemaliger Sergeant 
im Regiment Garde 
jetzt Bũrger u. Sattler zu Hersfeld. 
Hoersfeld, den 16. July 1815. 
Die Wahrheit der unter⸗ 
hänigst vorgestellten Umstände, 
ind daß das Wohnhaus des Supli- 
anten, welches der Erde gleich 
jemacht wurde, noch nicht wieder 
iufgebaut sey — bescheinigt, 
Hersfeld, am 20. Julh 1815. 
L. 6.) Hartert, Oberschultheiß. 
Und nun im Jahre 1023 ver⸗ 
rieben wiederum Franzosen einen 
Seelig, gleichen Geschlechts, mit 
Veib und Kind aus dem besetzten 
Kheinland; die Ausweisungs 
befehle, im deutschen Wiesbaden 
erteilt, laufen wörklich: 
Franzosischer Ausweisungs⸗ 
efehl aus dem besetzten, deutschen 
Kheinland aus dem Jahre 1028, 
in deutscher UÜUberseßzung: 
Interalliierte 
Kheinland Oberbommission, 
Distrikt Wiesbaden 
Nr. 431/ Geheimbuch. 
Wiesbaden, den 8. Februar 1028. 
Anordnung: Von der Erwã- 
jung ausgehend, daß Herr Seelig, 
Oberzollinjpektor beim Landes⸗ 
inanzamt in Wiesbaden, seiner 
Amtsbefugnisse durch Beschluß 
der interalliierten Rheinlandober⸗ 
kommission in den besetßten Ge— 
bieten verlustig gegangen war, daß 
dieser Beamte ⸗6s troßdem 
unternommen hat, sich zu seiner 
Dienststelle in den beschlagnahmten Diensträumen des Landes— 
inanzamts zu begeben, und daß er auf ordnungswidrige Weijse 
ei einer Eröffnung, die ihm durch den Herrn Delegierten des 
zollkomitees ũber diesen Gegenstand gemacht worden ist, geantwortet 
at, daß er sich geweigert hat, sein Dienstzimmer zu verlassen und 
eshalb mit Gewalt aus diesem vertrieben werden mußte, daß 
erner sein störrisches Verhalten den Charabter eines Kebellen 
zegenüber der Oberkommisjsion und der Wäürde der Alliierten 
errãt, daß infolgedessen sein Verbleiben im besetzten Gebiet eine 
tãndige Gefahr für die Besaßungsteuppen bildef. hat die Ober— 
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