Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

zuzahlen und den „Hund aufs Haublotß“ zu bringen. Swischen 
beiden Parteien steht Bürgermeisters Annegret, untadelig an Leib 
und Seele; ihre eben aufleimende Liebe wird in dem mit allen 
Listen und Schlichen geführten Männerstreit zertreten. Der Alt. 
bürgermeister berliert sein Amt und durch seines Sohnes Schuld 
auch Hab und Gut. Sein sühnendes Ende rückt ihn uns trotz seiner 
Selbstsucht und Gewaltsamkeit nahe. Annegret, jseine Tochter, 
findei ein Unterbommen in der Nähe ihres blinden Jugendfreundes, 
und so schließt die tragische Handlung nicht ohne einen hoffnungs · 
hellen Auͤsbiick. — Die Gestaͤlten des Romans sind scharf umrisjen, 
ihr Denken ist vielfach von Vorstellungen düsteren Aberglaubens 
umwittert, ihe Humor echt und bodenständig. Die Sprache hat. 
wie die Volkssprache, aus der sie schöpft, Salz und Pfeffer oder 
mit Scheller zu reden, „farbige Bildhaftigkeit“. — Jedes der 
Silder von Carl Bantzer isi an und für sich ein Meisterstũck. Beide 
Dichter und Seichner, haben echte Bauernköpfe gemalt. Das Buch 
bedarf Leijnes empfehlenden Wortes; es empfiehit sich selbst. KR. 
Der Gang ins Leben. Erzählung einer Kindheit. Von Sija 
Tetzner. Eugen Diederichs Verlag, Jena 1026, 155 Seĩten. Preis 
broschiert 3. —¶ RM., gebunden 5. — RM. 
Neben dem Licht glũckseliger Spiele wird der Schatten leicht 
vergessen, der von den dunklen Rätsjeln des Lebens aus über jede 
zu Geistigem hinauf sich entfaltende Kindheit fällt. Lisa Tetzners 
Kechenschaftsbericht über ihre Kindheit handelt von Beidem, vom 
Sicht und vom Schatten, und läßt beide zu ihrem eigenen Herzen 
reden, ohne Ketuschen. Und so geht von diesem ũberaus warm. 
blütigen Werk wiederum der unnennbare Sauber aus, der alle 
Lebensbũcher schopferijcher Menschen bennzeichnet. Ihnen ist ge 
geben, von den persönilchsten Dingen so zu erzählen, als ob sie 
Dinge eines jeden wären, denn jeder, der ihnen innerlich zuhört, 
fühlt sich im tiessten Sinn dieses Wortes getroffen. Er fühlt sich 
gekroffen, weil, was Lisa Tetzner erzählt, wahr ist, wahr und von 
einem starken Herzen erlebt, aus dessen geheimnisreichem Gehäuse 
es zurückklingt in die Welt wie eine Melodie aus der unendlichen 
Musik der Menschheit. Lisja Tetzner hat ungezählten deutjschen 
Kindern durch ihr Märchenerzählen im Volbe Köstliches gegeben, 
das nicht ohne Frucht bleiben kann in dem bünftigen Dajein dieser 
Kinder; und sie hat durch die schlichten Erzählungen von ihren 
Wanderfahrten in Thũririgen, Schwaben und im Industriegebiet 
unzaäͤhligen Erwachsenen das Herz weit und froh gemacht. Mit 
diejem neuen, scheinbar so anspruchslosen Buch erhebt sie sich 
eleiner sprachlicher Regelwidrigkeiten unerachtet, ũüͤber den Grad 
ihrer bisherigen Wirkung hinaus in jenes Wertbereich einer in 
plastijchem Heimat · Erinnern wurzelnden Lebensbeschreibung, für 
weiche der Terminus blassisch gerade als zulänglich erscheint. w. S. 
Pestalozzis Liebe. Dramatische Idylle in vier Aufzũgen. 
Von Karl Engelhard. 2. Auflage. A. Bernecker, Heimat- 
schollen⸗Derlag, Meljungen. 
Die gesamte deutsche Padagogib rũstet sich, den hundertsten 
Todestag ihres großen Ahnherrn Johann Heinrich Pestalozzi am 
17. Februar 1020 festlich zu begehen. Kechtzeitig erscheint daher 
die zweite Auflage der dramatischen Idylle „Pestalozzis Liebe“ 
bon Karl Engelhard, dem früh verstorbenen hessischen Dichter, der 
selbst ein Jugenderzieher gewejen ist und vom Wesen des berũhmten 
Padagogen manchen Hauch verspürt hat. Er schildert in jeinem 
Spiel, dessen Stoff er den im Druck längst allgemein vorbereiteten 
Siebesbriefen Pestalozzis entnommen hat, dessen Herzensbeziehung 
zu Nannette Schultheß, einen Seelenbund, der so tief verwurzell 
wie heftig erlämpft war und in dem Maße, wie er ins allgemein 
Menjchliche strebie, ũber das Alltãgliche hinausragend ũberzeitliche 
Sedeutung gewann. Es ist Engelhard zweifellos gelungen, diejses 
Schickjal zweier ungewöhnlicher Menschen ebenso einprägsam wie 
tabtvoll zu gestalten, und da er den Figuren des Spieles mehrfach 
Worte in den Mund legt, die er den erwähnten Briefen ent- 
nommen hat, eignet dem Ganzen eine menschlich warme, lebens- 
polle Anziehungskraft. Das Stũck wird als Festspiel im Saal 
des Volksbildungsheims zu Frankfurt am Main und vermutlich 
auch von Vereinen anderer großen Städte aufgeführt werden, da 
es jũr diesen Sweck wie geschaffen erscheint. -er. 
Die drei Leben des alten Schreibers. Erzählung von 
Otto Schweighofer. 1926. A. Bernecker. Heimatschollen-Oerlag, 
Meljungen. 
Aus gemũtvoller Kleinmalerei, die sich gern zu Rückblicken 
auf lang Vergangenes ablenkben läßt, ersteht allmählich, kaum 
merkbar und doch höchst eindrucksvoli, das Lebenobild eines alten 
Mannes, dem in der selbstlos vãterlichen Sorge fũr die „Nachbarsche“ 
ein heimliches, von warmer Menschlichkeit durchglũühtes und ge⸗ 
hobenes Glück sich entfaltet, ein Glück allerdings, dessen dornige 
Krönung aus dem Verzicht erwächst. Eine Erzählung voll harter, 
alltäglicher Wirklichkeit und doch wieder voll echter Poesie, die wie 
ein schönes, objschon trauriges Märchen anmutet. Sein Held, der 
alte Schreiber, steht hoch und fern über dem Getriebe der Welt, 
und eben deshalb bann der Verfasser aus einem um die eigene 
Jugend betrogenen Herzen soviel Güte und Liebe erblühen lassen, 
hne den Eindruck Lünstlicher Steigerung zu erwecken. Nus der 
chwãrmerischen Oerehrung für die Frau ersteht für den alten Mann, 
der in seinem ersten Leben durch eine Schurkerei das Elternhaus 
ind damit die Lebensfreude verloren hatte, ein zweites Leben neu 
erwachter Innigkeit, aus diesem das dritte, das geistig schöpferische, 
das durch jenes frühe Mißgeschick nur verschũttet gewesen war und 
nun zu einer Lösung aller Konflikte führt, einer Lösung, die der 
alte Mann freilich nur in der Todesstunde erlebt. Alles in allem 
eine Menschendarjtellung von tiefer Herzlichbeit, die der Teilnahme 
des mitfühlenden Lesers gewiß jsein dars. — er. 
Wilhelm Reuter. Su gihn die Gäng. Gedichte, wie et ju 
giht und wie mer schwätzt em Nassauer Ländche. Marburg a. d. Lahn. 
N. G. Elwert'sche Veriagsbuchhandlung 1926. 104 Seiten, Gr. 80. 
Das mit Bildern von Max Waibel zu Franbfurt a. M. aus- 
gestattete neue Werb zeigt unsern bekannten und geschätzten Nassauer 
heimatdichter mehr von der heiteren Seite, doch sind auch manche 
renste Gedichte in diesem Bändchen zu finden. „Et eß dochwochsen 
halb Kends un halb Ochse;“ aber der Scherz nimmt hier, einen 
zroßen Teil ein, und das mit Recht, ist es doch echter Oolkshumor, 
hem wir hier begegnen, dem Volke abgelauscht und in volkstümlicher 
Form wiedergegeben. Es ist ganz böstlich zu lesen, wie eine Frau 
suse Gedäts em sune blaads bißchen Wurscht macht“, wie der 
Hannes Pitt, der „of die Frei gung“, das Alter seiner Ammie 
ejtstellt, wie der Bauer das Gespenst erschlägt, wie „de Schneire 
»f de Kermes“ immer Streit anfängt usw. usp. Das muß man 
ailes selber lesen. In seinem echten Humor ist es ein herzerfrischendes 
Bũchlein, das einem unverdorbenen, noch für Heiterbeit empfäng⸗ 
ichen Menschen in dieser schweren wirtschaftlichen Seit manch 
eichte Stunde bereiten wird. K. Wehrhan. Frankfurt a. M. 
Deutsches Wandern 1027. Künstlerijcher Wochenabreiß- 
alender, herausgegeben vom Verband jũr Deutsche Jugendherbergen. 
Burgen vom Rhein und im Hejsenland, ernste Ordensschlösser 
rus Deutschlands Osten, Höfe aus weltferner stiller Heide, gemüt- 
iche Stadttũrme, die schönsten deutschen Landschaften sind auf 
28 Seiten auf Kunstdruckpapier in vortrefflichen Aufnahmen 
viedergegeben und mit mundartlichen lustigen Textproben in inneren 
zusammenhang gebracht. Trotz der sehr schönen Aufmachung be— 
rãgt der Preis nur 2. RM. (Wilhelm · Limpert· Derlag, Dresden⸗ 
A. 1.) Im selben Verlag erschien ein wirklich wundervolles 
Bũchlein fũr die Schuljugend, Der Freudenborn 1921, ein Jahr⸗ 
»uch für unsere Jugend zur Pflege der Heimatliebe, des Tier⸗ 
ind Pflanzenschutzes und des Naturgenusses auf der Grundlage 
rohen Wänderns und Weilens, herausgegeben vom Verband für 
Deutsche Jugendherbergen — Geschichten, Silder, Lieder, Kätsel und 
Aufsätze —, recht geeignet, Liebe zu Pflanze und Tier, zur Heimat 
ind zum Dateriand zu wecken. Das 64 Seiten starke Büchlein 
ostet nur 25 Pfg. Endlich noch das Guckbästlein 1927. Ein 
zaͤhrbuch für unsere Kleinen der UAnterklassen, ein 82 Seiten 
larkes Bũchlein in der gleichen Aufmachung wie der Freudenborn, 
nit 560 Sildern, inhaltlich eingestellt auf das Denk und Auffassungs- 
ermögen der Kleinen von 6 bis 11 Jahren. Preis 10 Pfig. Es 
inthält außer einem Monatsbalendarium mit lustigen Kinderbildern 
eine Anleitung, sich einen Guckkbasten zu bauen, Gedichte, Sprũche, 
Märchen, Erzähiungen. Abzählreime, Kätsel und Scherzfragen, 
zchnellsprechsãtze, Neujahrswũnsche und lustige Seichenkunststücke 
uind ũberall dazwischen erst für diesen Kalender neu gezeichnete, innige 
und lustige Bilder. Der jũr die gebotene vorzũgliche Ausstattung 
anerklärlich billige Preis ermöglicht auch die größte VDerbreitung. 
VDolb und Scholle, Heimatblätter für beide Hessen, Nassau 
und Frankfurt am Main, 4. Jahrgang, Heft 11: Walbe, Heinrich, 
Alte Grabmäler auf hessischen Friedhöfen; Haupt, Georg, Von 
euer Friedhofskunst; Horn, Adolph, Die Steinindustrie an der 
Bergstraße; Siegei, Gustav, Die HessenCasselschen Truppen im 
zo jaährigen Kriege (Schluß); Hollatz, Dorothea, Auf dem Fried⸗ 
yof zu Lichtenberg; Theiß, Anna, Das Weib; Schweter, Walter, 
Ailerseelen; Scriba, Otto, Die heilige Baulinie unserer Kirchen. 
Zeitschrift des Geschlechtes Stück“, J. Jahrg. 
Nr. 51/52 vom 1. 11. „Des KRätsels Lösung“ (Auflösung des 
Ahnenbaumrätsels in voriger Nummer); Berichtigung, Echo, 
„Ahnenkunde“, ein einleitender Artikel mit zwei Musterbeispielen 
ziner Stamm- und Ahnentafel betreffend die Eschweger Familie 
Spillner.Findlinge“ (Fortsetzung) und Ankũndigungen, denen wir 
I a. die Anregung zur Abhaltung eines Familientages in Cassel 
im kommenden Sommer entnehmen. 
Nachdeuch nur dach Abereinkunst mit dem Herausgeber geltattet. 
hderausgeber⸗ Kourad Bernecker. Deuck und Verlag: A. Bernecher. Mellsungen.
	        
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