ohne den gebührenden Radau vor sich und endete mit dem von
den Gewählten gespendeten Freitrun?.
Die Kompagnie hatte nach dem Lurfürstlichen Geseß ihr eigenes
Hericht. Als Strafe galten: einfache Verwarnung, Tadel vor
berjammelter Mannschaft, Geld- und Arreststrafen, Ausstoßung
aus der Kompagnie. Das durch die Wehr zusammengesetzte
Bericht hatte mitunter Gelegenheit, Strafen zu verhängen. Meistens
handelte es sich dabei um Widersetzlichkeiten. Sehr oft finden wir
aber auch Wachvergehen. Bei der eingerichteten Bürgerwache,
einer Art Feuer- und Nachtwache, war in den Jahren eine gewisse
Rachlässigkeit entstanden. Man verließ das Wachtlokal vor der
Zeit, wartete nicht auf Ablösung, ging auch mal äberhaupt nicht
hin. So folgten Geldstrafen. War der Bestrafte nicht in der Lage,
eine Strafe zu zahlen, so mußte er dafür städtische Arbeiten verrichten
(empfehlenswerte Einrichtungl). Als Arrestlokal diente das Amts-
gefängnis. Und nach den Ouellen hat hier manches Mitglied Muse ge⸗
funden, über die Ausdeutungsmög-
lichkeit eines vorschnell gesprochenen
Wortes eifrigst nachzudenben.
*
Dritter Teil:
Mas das Jahr 1848 brachte
und wie in Melsungen
Kevolution war.
So rollte des Dienstes gleich⸗
gestellte Uhr ihre Seit ab. Man
exerzierte, veranstaltete Schieß⸗
ibungen, saß zu Gericht, wählte
Oorgesetzte, schimpfte ũber die Seit,
jfeierte Feste und sandte dem Stadt⸗
eat Kechnungen zur gefälligen Be—
gleichung zu. Und mitten in diese
behãbige Bũrgerruhe donnerte auf
zinmal ein rasendes Gewitter
hinein. Es zog herauf das Jahr 1848
Die geschichtlichen Ereignisse
dieser Seit sind bekannt. Uns
interessieren hier nur die lokalen
Ereignijse im Susammenhang mit
unserer Bürgerwehr.
Schon das Jahr 1841 hatte
einen Vorgeschmack bommender
Eroignisse geboten. Die in ganz
Deutschland eingetretene Mißernte
machte sich in unserer Stadt eben⸗
falls bemerkbar. Lebenomittel
waren zü baum erschwinglichen
Preisen zu haben. Fleisch war außer⸗
ↄrdentlich Rnapp. Wahre Treib⸗
jagden wurden von Unberufenen
in den nahen Wäldern abgehalten.
Die äußerst spärlich vorhandene
Frucht wurde am hellen Tage vom
Felde gestohlen. Endlich wurde
es A— geehen daß am
7. utnant Lotz ei
Baßg⸗ nepun i ee Ojfiziersepauletten und Offiziersdegen der Melsunger Bürgergarde
Felde betraute. Swar frat wieder lum eee nee ee eeend
Ordnung ein. Doch die sich nun
ũberstürzenden Ereignisse griffen auch in die Bürgergarde ein-
schneidend ein.
Am 6. März 1848 war in Hessen der Landtag einberufen
worden, der am 11. 3. zusammentrat. An diesem Tage erschien
das Presjegesetz, das die eingeführte Sensur aufhob und der Presse
die ersehnte Freiheit brachte. Am 10. 4. 1848 wurde das Am-
nestiegesetz verabschiedet, das allen denen Straffreiheit zusicherte,
die sich am Umsturz und an der Verletzung der Verfassung beteiligt
hatten. Am gleichen Tage wurden die Wahlen zur National-
oersammlung ausgeschrieben. Melsungen bildete den 6. Wahlbezirk
(Hessjen zählte 11 Bezirbe), zu dem noch die Amter Felsberg,
Spangenberg, Witzenhausen, Großalmerode und Lichtenau gehörten.
Man jchwamm in einem Meere vaterländischer Begeisterung —
auch in unserer Stadt.
Seitens der burfürstlichen Regierung erinnerte man sich in
diesen ereignisreichen Märztagen der Bürgerwehr. Man erblickte
in ihr das Instrument zur Aufrechterhaltung der Kuhe und Ord-
nung im Lande. Am 21. März 1848 erschien die Verfügung
Nr. 905 H. Pe., die die Bürgergarde neu aufleben ließ und ihr
weitgehende Rechte und Befugnisse einräumte.
Der damalige Hauptmann Heine, ein Mann von Tatbraft
und Entschlossenheit, macht am 29. 8. 48 den Stadtrat darauf
rusmerksam, daß seit 5 Jahren keine Äbungen stattgefunden hätten
ind somit die Kompagnie nicht ausgebildet sei, die Seit erfordere
ofortige Abhilfe. Und nun begann wieder das Leben von 1881,
ingefeuert durch die Erlebnisse der Gegenwart. Ein ehemaliger
Unteroffizier Hartmann Schulz, der in der Stadt als Pensionär
vohnte, übte allabendlich mit jungen Bürgergardisten. Eine für
eden Ernstfall eingerichtete Mache wurde im Rathaus untergebracht.
Munition beschafft und Schießũübungen wurden veranstaltet. Natürlich
ab es bei den abendlichen, stundenlangen ÜUbungen Hunger und —
Durst. Ein Einwohner, Philipp Rehn, beantragt deshalb bei dem
Nagistrat, daß er bei den UÜbungen den Mitgliedern Wecke und
Sranntwein feilbieten dürfe, was gestattet wurde. Den Marsch
egeln die Muͤsibanten, die von Tambour Kilian unterrichtet wurden.
Zald tritt ihm ein Wettbewerber in der Person eines F. Kaul
entgegen, der am 13. 3. 48 für sein Spiel 12 Taler fordert. Doch
»as Vorspielen seiner Kapelle fiel nicht zur Sufriedenheit qus, und
er begnügte sich schließlich mit
d Taler Gehalt. Doch damit gab
iich Kilian nicht zufrieden. Er
zriff zum musibalischen Wettstreit
und berichtet hierüber in seiner
Fingabe an den Stadtrat:
„Es wird den Mitgliedern
des verehrlichen Stadtrates nicht
entgangen sein, daß am vorigen
Sonntag, als der Tambour
Kilian des Morgens um Ahr
Keweille schlug, derselbe vom
Pfeifer Kieber in Schwarzen⸗
derg mit einem bleinen Flötchen
unterstützt wurde, wodurch jedes
musikalische Ohr gewiß recht
angenehm überrascht worden ist,
indem durch die Flötenbegleitung
Harmonie herbeigeführt ward.“
Entweder entbehrte nun der
Stadtrat des musibalischen Ohres,
oder er hatte mehr Sinn für die
Harmonie des politischen Gesche—
hens, genug, ein Stadtmusibus Feld-
ner schlägt den Takt und beginnt
pãter (26. 11. 48) eine eigene Ka-
pelle auszubilden — Die Wehr
elbst war wieder in Ordnung. 200
Mitglieder gehörten ihr an. Da
jie jedoch nur 131 Gewehre hatte,
o lieferte das burfürstliche Seug-
haus aus den allerdings veralteten
Bestãnden 80 Stũck aus.
Doch nun sollte auch Mel⸗
ungen jein KRebolutionchen haben.
Die Ereignisse dieses Tages sind
jo heiterer Natur, daß wir ihnen
gern einige Seilen widmen.
In jenen Märztagen herrschte
ãberall eine nervõse AÄUberreizung,
die ja verständlich ist. Jeder bleine
Vorfall wurde bei der sogar jehr
ũberreizten Regierung in Cassel
zur rebolutlonären Bewegung ausgedeutet. Unausgesetzt sausten
bie Stafetten nach Cassel — amtliche und nichtamtliche — und
hrachten mitunter die tollsten Nachrichten.
Auf Grund der burfürstlichen KRegierungsverfügung vom 21. 8.
848 haiten Bürgermeister Baumann und Bauptmann Heine nach
Lassel'am 2N. 83. berichtet: „Es ist bis jetzt hier nicht die geringste
Störung der öffentlichen Kuhe und gesetzlichen Ordnung vor—
eremmen.“ Am gleichen Tage noch sollte jedoch das Ereignis
zintreten.
Der jũdische Handelsmann Wertheim aus Rotenburg mußte
vohl einige Glaubensgenossen, die seine Kunden waren, bei einem
Heschãft mächtig über den Löffel barbiert haben. Auch andere
Zunden schienen mit ihm nicht zufrieden. Am besagten Tage er—
chien Wertheim in unserer Stadt, um zu erfahren, wie sein Ge—
chãftchen bekommen sei. Er besuchte zur ersten Orientierung einen
ßlaubensgenossen in der Nähe der Kirche. Doch hatte dieser bein
derständmis für das Gebaren seines Geschäftsfreundes. Nach er—
egter Auseinandersetzung kam es zu Tätlichkeiten, die sich vom
daus auf die Straße sortsetzten. Im Nu war die nötige Menschen⸗
nenge zur Stelle, die mit aufmunternden und zündenden Worten
n das Gefecht eingriff. Einige Suschauer, die auch zu den
ackierten gehörten, griffen auch tätlich ein, und bald war die schönste
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