Kede sein, und es war ihr nicht möglich, ihren Aufgaben gerecht
zu werden. Wenn der Maire Volckmar am 17. November 1809
Erlaubnisscheine für acht auswärtige Hausierer: Erlanger 8F Comp.,
Salomon Süß, Raphael, francisco Ferrari, Franc. franconi, Joh.
Jost Mäller, Joh. Jost. Vehle und Sebastian Oppenius erteilt,
dürfte es sich um solche Patente handeln.
Im Mittelalter lag den Sünften unter Oberaufsicht der Stadt⸗
perwaltung die Versorgung des lolalen Marktes ob. Landgraf
Karl erließ am 29. Juli 1693 die erste Sunftordnung in Hessen.
In den letzten Jahren vor der Fremdherrschaft unterschied man
hier jechs Klassen von Handwerbern. Durch Geseß vom 5. Aug.
1808 wurde der Sunftzwang aufgehoben und eine allgemeine
Gewerbefreiheit eingeführt). Alle Sünfte und Gewerbs-Korpo⸗
rationen wurden durch Dekret vom 22. Jan. 1800 aufgehoben
und deren Vermögen und Schulden vom Staate übernommen.
Welche Wirbungen das für Frankenberg hatte, dürfen wie ermessen
an dem Beispiel Marburgs, wo am
10. Sept. 1800 in der Wollweber⸗
zunftstube in Weĩdenhausen die Zunft-
iaden, Kannen und Herbergsschilder
perbauft wurden, nachdem man schon
am 5. Sopt. die bupfernen Kannen,
Tische, Bänke und andere Schuh—
macherzunftgerãte verkauft hatte. An⸗
statt die Zünfte zeitgemäß zu ver—
bessern, nahm man eine verfrũhte Auf⸗
lösung der Sünfte vor. Da ein Patent
zur Ausũbung eines Gewerbes leicht
ꝛrworben werden bonnte, war der
Pfuscherei Tür und Tor geöffnet.
Ein nicht zu rechtfertigender Eingriff
in die Privatrechte aber war die
Einziehung des Sunftvermögens.
Trotz der Abneigung gegen die
alte Gewerbeverfassung ließ sich Kur⸗
fürst Wilhelm L nach seiner Rückbehr
fũr eine Wiedereinführung des alten
Zunftzwanges bestimmen. Bereits am
3. Wärz 1816 wurde die burhessische
Zunftordnung bekanntgegeben. 8 12
derselben bestimmt: „Alle Arten von
Gejpinst, Weberei und Tuchbereitung
sind jedermann ... gestattet“. Und
der 8 16 sjagt u. a.: In den Städten,
in denen vor 1801 beine Zünfte be—
standen hatten, wie in Gemünden,
Kosenthal, Schweinsberg, Bocken⸗
heim u. a. bönnen die sjonst zünftigen
Geworbe von den Handwerbern un—
ʒünftig fortbetrieben werden.
Außer 464 bontribuablen Hãusern
befanden sich (1188) in Franbenberg
bier freie Häuser, der Tuchmacher.
zunft und dem Färber Kuhn zustehend,
„als das Färbe Bleich Haus und die
Tuchmacher Walkemühle und die der
Zeugmacherzunft gehörige Walke—
müũhle“. In der Stadt wohnten: 475
Männer, 5600 Weiber, 614 Söhne,
143 Töchter, 41 Gesellen und Lehr—
ungen, 31 Knechte, 124 Mägde, mithin
in Summa 2594 Menschen“. Darunter
waren fsolgende „Hantierungs- und gewerbetreibende Personen“:
a) Sũnftige: 83 Tuchmacher, 15 Krämer und Handelsleute, 25
Schuhmacher, 23 Weißgerber, 8 Sattler, 23 Lohgerber, 19 Metzger,
JSchmiede, 8 Schlosser, ꝰ Schreiner, 1 Sinngießer, 2 Drechsler, 38
Bäcker, 12 Schneider, WLeinweber, 15 Seugmacher, 4Hutmacher, ꝰ
Strumpfweber, 10Maurer, 1Schiefer-oder Dachdecker,Eijenhändler.
b) Unzünftige: 83 Knopfmacher, 2 Kupferschmiede, 5 Faß
bender, 1 Töpfer, 1 Wagner, J Schornsteinfeger, 2 Apotheber,
wovon einer zugleich Doctor medizinae ist, J Chirurgius, 2 Bader,
1 Clanteur, J Musikant und Turmmann, 6 Seifensieder, 8 Fenster⸗
macher, 3 Simmerleute, 8 Tuchbereiter, 1 Schweinehändler,]
Wollkämmer, 40 Ackerleute, welche neben ihrem Ackerbau um
Lohn ackern und fahren, auch Keitpferde um Lohn halten, 1 Schön⸗
färber, 1J Waidfärber, 1 „ledern Hosen Schneider“, 1 Buntpapier—
'abrikant, 3 Buchbinder, 1 Cernquier, „so eben angekommen und
noch ein Freijahr hat“, 144 Tagelöhner und einzelne Weibs-
oersonen, welche nähen, waschen und mit Stricken für andere Leute
) Bovensiepen, Kurhess. Gewerbepolitik.
ich nähren, 17 Lohn-Schäfer, 4 Schutz · und Handelsjuden, 6 Wirte,
Braumeister, 6 Branntweinschãnber, so auch, die BäckerPro⸗
ession dabei treiben, J Weinwirt, 5 Branntweinbrenner, 5Mahl·
nüller incl. der 2 Stadtmũller, 3 Gloder Schlagmüller, 2 Schneide⸗
nüller, 1 Papiermacher, 2 Walbkemüller, bei welchen aber der
Ackerbau die Hauptjsache ist.
Kolonialwaren, damals „Bremer Waren“ genannt, vertrieb
der „passive“ Handel; und da die Kinder derjenigen Honoratioren,
enen das Studium nicht gestattet war, sich der, Kaufmannschaft
widmeten, gab es)) Kaffeehandler schon im Abermaße. Auch
mit dem Vertrieb von Südfrũchten und Sucher beschäftigten sich
»iele. Im Jahre 18171 waren in Frankenberg folgende Kaufleute:
Jacob, Hch. Andr., David und Just. Hch. Trojt, Wilh. Finger,
Bg. Vöhl, Andr. Schade, Gg. Sumbe, Konr. Schade, Dav. Renner,
Joh. Hch. Hayn, Gabr. Schönfeld und Kasp. Loderhose.
Oerhältnismãßig früh hören wir von den Tuchmachern in
Franbenberg, und die Angehörigen
des Klosters St. Georgenberg traten
bald (1290) mit ihnen in Wettbe⸗
perb. Von den altherbömmlichen
Handwerkern waren die Wollentuch⸗
macher die bedeutendsten und hatten
den größten Verdienst. Su ihrer
Zunft gehörten auch, wie in Mel⸗
jungen, eine Anzahl Meister, die
einen Teil des Unisormtuches für die
»ejsischen Truppen lieferten. Daß
zie hiesigen Tuchmacher mit denen
ainderer Städte im vorigen Jahr—
hundert nicht gleichen Schritt hielten
wenn auch ein „Industrie⸗Verein“ ins
Leben trat und 18608 bis 1810 eine
Spinnereĩ· Gesellichaft der Tuchmacher
»estand) ist wohl eine Tatsache.
Doch hatten noch 1817 nicht
vweniger als 25 Meister Tuchrahmen
auf dem Weidland: Jab. (Ww.),
Joh., Andr., Johs., Christen, Konr.
und Wern. Beyer, Just. und Hieron.
(Ww.) Giebelhaus, Konr. Willers⸗
dorf, Hch. Johs. (sen. u. jun.), Hartm.
und Gg. Reuschäfer, Kon. (sen. u.
un.)) Dan. und Jab. Schade, Chstn.
Dietrich und Johs. Keil, Hch. Adler,
FIdch. Cramer, Dan. Võhl, Nib. Sirgaci.
Einen matten Abglanz von dem
rinstigen Ansehen, das die Tuchmacher
in Frankenberg genossen, bietet folgen-
der Vers, den die Armen bei Feiern
der Tuchmacher noch im vorigen
Jahrhundert aufsagten, um elne Gabe
u erhalten:
Die Tuchmacher, das sind Grafen,
Zie arbeiten die Wolle von Schafen.
Die Tuchmacher, das sind Fürsten,
Sie teinken, wenn sie dürsten.
Trinken sie nicht Bier und Wein,
Treinken sie doch Branntewein.
daßt uns nicht zu lange stehn,
Denn wie müssen noch weiter geh'n
Preußen und andere Nachbar—
staaten legten hohe Sölle auf die
Ausfuhr mancher Rohstoffe und die
finfuhr fremder Waren, worunter besonders die Lohgerber,
Topfer, Seinweber und Wolltuchfabribanten litten. Die Perũcken⸗
nacher, vor allem aber die Weißgerber, wurden durch den Wechjel
er Mode geschädigt. In Marburg (Kämmer 28) und wohl auch
n Franbenberg wurden die schaf- und wildledernen Hojen 1818 nur
ioch selten bei Arbeitsleuten gesehen, wohl aber wurden sie etwas
I auch in besseren Kreisen noch getragen, wie wir noch hören
verden.
Vordem war die Loh- und Weißgerberei in Frankenberg sehr
erbreitet. Die uns aus dem Jahre 1817 zugänglichen Vamen
der 23 Mitglieder der Lohgerberzunft sind: Joh., Hch. Andr.,
Jab. (en. u. jund), Kasp. und Hch. Finkeldey; Konr. Hch., Andr.
ind Joh. Hch. Prinz; Dan., Jost Henr. Ehstn., Johs. Kirchen-
erwälter und Kämmerer Loderhose; Wern. Chstn. und Gg.
Menzler; Heinr. und Wern. Ortwein; Johs. Kindelaub; Davb.
Fenner. Vier Glieder der Familie Loderhose hatten je 3wei
Kalbbauten inne, alle ũbrigen Lohgerber je eine.
7) in Melsungen, Seitsche. 25 6.
Kinder-Grabmal auf dem Hersfelder Friedhof.
Copyright: Foto Zinn.
5pãtherbst mit seinen grauen Nebeltagen, seinen sturmdurchschauerten Nächten
ind dem besinnlich stimmenden Totensonntag fingt vernehmlicher als jede
indere Seit des Ieheg⸗ den dumpfen Choral von der VDergänglichbeit alles
Irdischen. Das Leben überdaueende LSiebe schmückt und pflegt die Kuhe-
tãtten der Verstorbenen. Ein ergreifend wirkendes Werk neuzeitlicher
Friedhofskunst gaibt unser Bild in dem Kinder-Grabmal auf dem Hersfelder
Friedhof wieder.