Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

lebnis des Germanentums, das den Grundton seines Schaffens 
bildet, und der hinreißende Schwung, mit dem er dieses 
Erlebnis lyrisch und dramatisch verlautbart, sind zweifel- 
los zu stärkster Auswirbung bestimmt. Eine solche Seelen- 
glut bann nicht umsonst gewesen sein, bann nicht fruchtlos ein 
heldisches Menschentum verzehrt haben. Eine schönere Zubunft 
vird erweisen, daß Karl Engelhard, ob auch sein irdisches 
Teil jung in Flammen aufging, seinem Volbe, das er innig 
geliebt hat, lebendig geblieben ist über die Grenzen des 
rdischen Seins hinaus. 
Zu denen, welche die Nachwelt unter die viel zu früh Ge— 
storbenen zu rechnen hat, gehört auch der Dichter der Diemel- 
landschaft, Heinrich Bertelmann (f 1920). Wehmütige 
und humorvolle Stimmungen vereinigen sich in seinem mehr 
betrachtenden und darstellenden als erzählenden Schaffen mit 
ebenswahren, farbigen Schilde⸗ 
eungen von Landschaften und 
Menschen, die allesamt geeignet 
ünd, den Leser, und freilich den 
hejsischen ganz besonders, recht 
»on innen heraus anzuheimeln. 
Denn ganz von warmem, inni⸗ 
gem Heimatgefühl durchdrungen, 
edet Bertelmann in Vers und 
Prosa von all' den zarten und 
feinen Dingen, die den Alltag 
des Hessenmenschen mit den 
unvergänglichen, sonntäglichen 
WVerten des Gemüts durch— 
etßen. And die schöne Seit, die 
zu erleben den Eltern der heute 
ꝛewachsenen Generation beschie⸗ 
den war, winkt aus diesem dich- 
terijschen Wirken der Nachwelt 
ihre Grüße zu. So ist es 
zein Wunder, daß die Lebtüre 
»on Bertelmanns schmalen 
Büũchern!) ein tiefes Gefühl 
des Bedauerns wachruft; denn 
die reife, abgellärte und mensch- 
iche freie Art, in welcher sie 
geschrieben sind, läßt es als 
gewiß erscheinen, daß der Dichter, 
daß Heinrich Bertelmann, wenn 
er noch länger hätte schaffen 
rönnen, ein Künder der hessischen Karl Engelhard f. 
HDolbsseele und des hessischen Volkslebens geworden wäre. 
wie es nicht viele bisher gegeben hat. 
Eine ganz andere Natur offenbart sich in den Werben 
des rheinhessischen Lyrikers und Erzählers Wilhelhm 
Holzamer, der ebenfalls, mit 37 Jahren (1907) gestorben, 
zu denen gehört, die im Leben nicht den zur Vollendung 
aötigen Kaum gefunden haben. Sein Wesen stand unter dem 
Unstern einer Tragik, die darin lag, daß die äußere Form 
eines Daseins dem inneren Drang, der ihn beseelte, zu eng 
erschien. Die Stärke dieses Dranges nach Schönheit und 
Lebensfreude gibt seinen Gedichten und Erzählungen?) die 
ennzeichnende Prägung. Holzamers Helden sind ausgesprochene 
Individualisten und leugnen ihre Verwandtschaft mit einem 
alten „Achtundvierziger“‘, dem Großvater des Dichters, 
eineswegs. Aber sie sind, der Sahl nach, mehr Träumer 
WWerkbe von Heinrich Bertelmann: 
Hessische Höhenlujt. Dee Liebenbach. Anter der Linde. 
Werbe von Wilhelm Holzamer: 
Petor Nocklee, Erz. Der — Sebastian, K. Ellida Solstratten, K. Pariser 
Frzählungen. Gaedichte. Carnesie Colonna, Phantasien. 
uind Philosophen als Kämpfer und Tatmenschen und neigen 
azu, mit der entschiedenen Abgrenzung der eigenen Atmo— 
phäre gegen die Umwelt sich abzufinden. Das kann jedoch 
ucht wundernehmen, wenn in Betracht gezogen wird, daß 
n Holzamers schöpferischer Eigenart das lhrische Moment, das 
ztimmung; und Bildhafte, dem eigentlich Geistigen die Wage 
Ȋlt, wie auf der anderen Seite die Heimatliebe mit dem 
*inn jür die große Welt einen Ausgleich herbeiführt, der 
ür den literarischen, weder stofflich noch formal beengten 
harablter dieses Dichters unabweisliches Seugnis gibt. 
Einer älteren Generation gehörte der Odenwälder Wald- 
farrer Karl Ernst Knodt an, der (1917) im einundjsech- 
igsten Lebensjahr die Augen, die sich so oft in schier fran⸗ 
iskanischer Weise an der Schöpfung Gottes ergötzt und die 
ür den Mitmenschen stets einen so gütigen Blick im Seelen— 
vorrat hatten, für immer zutat. 
Knodt war einer von den seltenen 
Menschen, deren entschiedenes 
CLhristentum in brüderlichem 
Fmpfinden für alles Lebende 
den gemäßen Ausdruck fand. 
Ddieses Empfinden gestattet 
bensoviel Frohsinn wie Fein— 
gefühl, ebensoviel Anspruchs- 
osigkeit wie Freude am Genuß 
»es Daseins, und so war die 
Behausung Knodts eine Art 
Wallfahrtsort für Viele, die sich 
der Schwere ihres Herzens zu 
entledigen trachteten. Adam 
Karrillon beispielsweise hat mit 
anmutiger Dankbarkeit von 
dieser Eigenart Knodts berichtet, 
die sich naturgemäß auch in seinen 
Gedichten!)) spiegelte. Knodts 
Lyriß hat in der Tat etwas 
Trostreiches; sie enthält nicht nur 
die Sehnsucht eines Menschen, 
der über die Welt hinaus das 
Ewige sucht, sondern auch die 
Erlösung, die ihm im Erlebnis 
ꝛben diejer Welt zu teil wird. 
Denn diese Welt, sie ist ja die 
sichtbare Verkörperung dessen, 
was der vergängliche Mensch 
als ewig anspricht, und so webt 
n der dichterischen Spiegelung des heimatlichen Waldes, wie 
je sich in Knodts Schaffen vorzugsweise findet, ein lebendiger 
hauch jener unnennbaren ewigen Heimat, in der alle Welt— 
ysteme und alle Lebensformen wurzeln. 
VDon dieser Frömmigbeit, von diesem positiven Christentum 
st auch das Schaffen der unlängst (1925) im Alter von 65 
sahren verstorbenen katholischen Dichterin M. Herbert 
etragen, deren zahlreiche Komane und Gedichtbände?) eine 
ehr starke Verbreitung gefunden haben. Aber wieviel sie 
uch schrieb — an die achtzig Bücher tragen ihren Namen — 
ewisjje geistige Elemente prägten immer wieder den Charabkter 
hrer Schöpfungen: bewußt jseelische Einstellung in gleichsam 
Werke von Karl Ernst Knodt: 
Aus meiner Waldecke. G. MAus allen Augenblichen meines Lebens, G. Ein 
Ton vom Tode und ein Lied vom Leben, G. Vom Bruder Tod. VBon Sehn- 
jucht, Schönheit, Wahrheit. Fontes Melusinae. 
Herbe von M. Herbert;: 
Die Wenderoths. K. Die Bartenwetzer, K. Miß Edda Brown, N. Jege 
iach dem Glück, K. Ein modernes Märchen, N. Alessandro Botticelli, N. 
kin Buch von der Güte, M. Verborgenheiten. Ged. Das fremde Leben, M. 
kinlehr, Ged. Idealisten, K. Der wilde Dorneck, M. Liebe und Tod, Ged. 
ebenslieder, Ged. Heimfahrten. Ged. Tröstungen, Ged. Flitter. N. Der 
zdieg des Kreuzes, Erz.
	        
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