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Aus alter Seit.
Frankbenberger Wirtjschajtsleben
in der Franzosenzeit.
VDon H. Völbeer, Beltershausen bei Marburg a. d. L.
a) Landwirtschaft.
Die mittelalterliche Lurze Blũtezeit Frankenbergs war ge—
ichwunden durch das Aufblühen anderer Städte in der Nähe,
durch Verlegung der Handelswege und den unsjeligen Brand vom
Jahre 1476; ihre Kücklehr wurde auch durch den Dreißig- und den
Siebenjãhrigen Krieg verhindert. Im 18. Jahrhundert bildete den
Haupterwerbszweig, wenn auch die Gewerbe (vor allem die Woll⸗
weberei) von Bedeutung waren, wie in fast allen hessischen Städten
die Landwirtschaft. Eine1121in Hessen ins Leben gerufene Kommerzien⸗
Kommijsion sollte dafür sorgen, daß stets genügend Getreiĩde von an—
gemessjenem Preise im Lande war!). Die Aufgabe ist auch, mit Aus⸗-
nahme der Kriegsjahre 1156— 1763 und 1806- 1818, gelöst worden.
Auch in Franbenberg befand sich ein Kentamt, und auf dessen
Fruchtboden (im ehem. Kloster) wurde wohl das von dem hereschaft-
lichen Vorwerßk Wolbersdorf geerntete und das von zinspflichtigen
Grundstũcken abgelieferte Getreide gelagert. Bei der nach dem
Siebenjährigen Kriege eingetretenen Teuerung sollte das Kom—
merzien⸗Kollegium dahin wirben, daß u. a. der „Nahrungszustand
der Untertanen“ verbessert wurde. Schon in den nächsten drei
Friedensjahren waren durch sjeine Einwirkung die Preise im richtigen
Derhältnis zu Arbeitslohn und Gehältern gestaltet, und das geläng
auch wieder nach dem Serfall der französischen Fremdherrschaft.
Dreiviertel des gesamten bestellbaren Sandes der Gemarkung
Frankenberg lag, wie das Steuerbuch und Lagerstück von 1788
derichtet, anhöhig und bergig. Als der beste Boden galt der
hom Kriegacker, Atzenhain, Cleuenschlag, Leimenkaute, Johannis-
iand, Petersgrund und beim Teich. Im Frühjahr ũberschwemmte
die Eder oft das Land, und in den angrenzenden herrschaftlichen
Waldungen befand sich viel Wild, das in den Feldern viel Schaden
anrichtete. Herrschaftliche Güter befanden sich hier nicht, wohl
aber besaßen hier Grund und Boden: das Hospital Haina, das
tãdtijche Hospital, die Pfarrer zu Kengs-(wohl Rengers)hausen,.
Köddenau und Viermünden, die Pfarrei Geismar, die Kirchen—
Lasten zu Röddenau und Viermünden, die „gemeine“ Stadt und
die Wolf von Gudensberg, von denen „ein geschlossenes Gut, so
denjelben blos lehnbar“ war, bewirtschaftet wurde.
Die Feldmark war 1170 bis 1118 vermessen und rebktificiert
porden. Die gejamte Gemarbkung umfaßte 10680 Casseler Acker,
uind zwar 5700 Acker bestellbares Land, 1300 Acker Wiesen, 350
Acker Gärten und Gemüseländer, 300 Acker Wald und 2400
Acker Deriescher und Huten. Die Güter wurden unter sämtliche
Seschwister zu gleichen Teilen verteilt. Keine Dreifelderwirtschaft
bestand hier nicht, das Ackerland wurde nach Belieben aufs Vorteil-
hafteste benußt und das Brachfeld mit Klee, Kartoffeln, Erbsen
usw. angebaut. Der Preis eines Ackers im Kauf betrug bei gutem
Land 120 Rtl., die Pacht zehn Rtl. Geerntet wurden von einem
Acker guten Landes 120 Garben, mittleren 80 und schlechten 20
bis 40 Garben?“). Ein „Verzeichnis der gegen einen gewihssen
zährlichen Grundzins ausgetanen Grundstücke der Gemeinde Fran—-
benberg vom Jahre 1812* enthält 274 Nummern mit 117 Rtl
J gGr. 918/36 Pf. „Sinse“.
Als im Jahre 1810 der Präfekt anordnete, daß in den Cantons
Marburg und Amdneburg Baumschulen anzulegen seien, hatte
Franbenberg bereits eine Baumschule; wenigstens fand am 23. 8.
1810 die Dersteigerung von Birnen aus der Baumschule statt, die
jür den Stadtjäckel eine Einnahme von etwa sechs Rtl. ergab.
Auch 1813 fand ein Verkauf von Kirschen und Sommerbirnen
aus der Baumschule statt; und da 1814 das Obst mißraten war,
zing nur 1Rtl. 6 Pf. daraus ein. Doch schon 1809 wurde wegen
den „einreißenden Diebereien“ der Stadtgärtner Steinhauer auf-
gefordert, die Obstfrevler zur Anzeige zu breingen. Um seinen
Fifer anzuspornen, versprach man ihm ein Drittel der Strafe als
Lohn und Verschweigung jeines Namens.
Wohl haben auch noch Feinde aus der Vogelwelt die Obst⸗
erträge gemindert. ÜUberall in Hessen hören wir von einer
Hemeinde Einnahme unter dem Titel Sperlingsböpfe. So wird
auch dem Kämmerer Loderhose in Frankenberg am 31. 12. 1809
das Kegister zur Erhebung der Sperlingsgelder im Betrage von
25 Rtl. 6 gGr. 8 Pf. zugestellt. Es waren wohl die Sperlinge
o zahlreich geworden, daß man zu einem Kadikalmittel seme
Zuflucht nahm und jeden Haus- oder Gartenbesitzer zur Abliefe⸗
1) v. Geyso. Oberh. Bl. 4/1922. 2) Ortsbeschreibung von 18855.
»ung einer gewissen Sahl von Sperlingskböpfen verpflichtete). Als
ies Mittel etwa nicht fruchtete, machte man wohl aus der Not
ine Tugend und ließ sich statt der Naturallieferung die „Sperlings-
gelder“ zahlen.
Am 25. Januar 1813 ũberreichte nãmlich der Domãnen⸗Direltor
on Schen? in Marburg dem General-Direktor der Domänen
n Cassel ein Verzeichnis der im Renterei⸗Amt Frankenberg im
Jahre 1812 gehaltenen Tauben und des davon gefallenen Sehntens
ind ein Verzeichnis des bei dem Renterei ⸗ Amt Frankenberg für
as Jahr 1812 aufgekommenen Einzugsgeldes von Ausländern nebst
Zelegen, mit der Bitte um Erteilung der Einnahme-Ordreo.
Der General-Direbtor autorisierte denn auch am 10. Februar
813 den Domänen ;Direktor, ũber die bei der Rezeptur Franken-
erg pro 1812 an Taubenzehnten aufgebommenen „fünfzehn gute
ßroschen 5 Pf.“, sowie an Einzugsgeld „zehn gute Groschen 1/,Pf.“,
ie erforderlichen Vereinnahmungs-Ordres zu erteilen?).
Am 285. Mai 1809 registrierte der Maire Volckmar, daß der
ßrabenrain, den bisher Werner Prinz gegen ein jährliches Pacht-
jeld besessen hatte, zu einer Pflanzschule für junge Pappeln benutzt
perden solle. Der Grabenradin sei daher dem Stadtgärtner Stein-
auer, damit die Pflänzlinge gesämt werden, zur Begrasung in
Aacht gegeben worden. Im Frühjahr 1817 werden der Stadt
frankenberg von dem Obervorsteher von Boyneburg in Haina
5 Pappel ·Stecklinge ũberlassen. „An dem Rlosterweg vorm
eustãädter Tor, Sur Plantage“, werden gleichzeitig „statt der ver-
allenen Kastanienbäume“ acht starke Pappelstämmchen von dem
Zader Michael Stähle gepflanzt. Die 1850 bzw. 1815 bei der
Oschreufa und Teichmũhle abgetriebenen Pappeln, die der Stadt
ine nicht unbedeutende Summe einbrachten (35 Rtl. bʒw. 262 M.),
nögen zur Seit der Fremdherrschaft gepflanzt worden sein.
Die Sahl des (1188) in der Stadt gehaltenen Viehes war:
0 Pferde, 28 Ochsen, 431 Kũhe und 3190 Schafe. Jeder Bürger
onnte Schafe halten nach dem Verhältnis seiner Ackerzahl. Es
purden 11 Pferche, jeder mit 250 Stück, gehalten, und gn. Herr⸗
haft erhielt zur Kenterei Frankenberg von 50 Stück einen Mast-
ammel oder dafür 2 Kil. Die Schafhuten werden als sehr
esund bezeichnet. Bei jedem Pferch hielten die dazu gehörigen
Bũrger einen Schäfer, der jährlich an Lohn bekam: 530 Schafe
eeĩ gefüttert, I0 Mött Korn, 5 Mesten Gerste, 5 Mesten Erbsen,
Mesten Samen, 2 Rtl. Jungenlohn, 5 Rtl. Käsegeld, 1 Mast-
»ferch und 5 Gulden für den Trunkb oder solchen in natura—
Mit einem Stũck eigener Waldung, der Freöhlichsseite, 1248
Acker 8 Rth. groß, mit Buchen, Eichen und etwas Birkenholz
ewachsen und „von guter Gewächsigbeit“, war die Stadt versehen.
die Mast in dieser kleinen Waldung war auch nicht weiter zu
echnen, als daß die Suchtschweine der Stadt darin gehũtet wurden.
Die Mastschweine dagegen mußten in die angrenzenden herrschaft-
ichen Waldungen eingetrieben werden, wofür bei voller Wast
on einem Stück wöchentlich 2 Alb. bezahlt wurden. Die Stadt
nußte auf ihre Kosten einen Maststall aufschlagen lassen. Das
azu nötige Holz wurde von dem herrschaftlichen Förster unent-
jeltlich angewiesen. Inbezug auf die Hute- und Weidegerechtig-
leit „exercierte“ die Stadt mit allem Vieh in ihrer sehr großen
ind weitläufigen Feldmark, auch hatte sie Koppelhute in den sehr
zroßen Huten und Drieschern. Durch eine ausgebrochene Kind⸗
iehseuche war im Jahre 1813 viel DVieh verendet. Noch 1810
rhob man daher eine Viehsteuer, die 152 Rtl. 20 Alb. 5 Hll. betrug.
b) Handel und Geweerbe.
Sum Betrieb des Handels oder eines Handwerks war in der
franzosenzeit ein kgl. Patent erforderlich, jowie die Sahlung
iner jährlichen Patentsteuer; dagegen unterlag die Wahl des
Vohnortes beinerlei Beschränkungen. Im Obtober 18090 wurden
ie Handwerkber in Marburg aufgefordert, Patente für ihr Geschäft
u lösen. Auch in Frankenberg wird eine gleiche NAufforderung
elassen worden sein. Hanowerber mit mehreren Geschaäften hatten
ũr jedes Geschäft ein Patent zu lösen. Alle Behörden wurden am
. September 1809 aufgeforedert, zu prũfen, ob jeder Reisende
nit einem Passe versehen jei. In der Folge durften Kauf- und
dandelsleute sich nicht mehr der Patente statt der Pässe bedienen.
Die Patentsteuer war durch Gesetß vom 5. August 1809 ein⸗
efũhrtꝰ), nach dessen Artibel 2 „ein jeder, der innerhalb des
xöonigreichs Handel, Industrie, ein Handwerkb oder ũberhaupt sonst
in Gewerbe treibt, ein Patent zu lösen verpflichtet“ war. Von
inem Selbstberwaltungsrecht der Stadt bonnte auch hier nicht die
3) I Antertan des Fürstbischofs von Fulda, Heinrichs VIII. von Bibra
750 bis 1789), mußte zum Schutze des Obstes jährli
ingen. — 3 — 58 3 8 — Dbhenendeden Sogten hriee Sbagen