ihn der Haft nicht erlassen wolle, da ihm Schreiben zukämen,
daß er sich bei anderen Pfarrherrn ungebührlich verhalten und
da er ihm zukäme, daß an einem Mantelchen und, wie er itzo
hefunden, zu erbennen sei“ (der Treysaer Schultheiß scheint bei
dem letzten Satz etwas aus der Konstrubktion gefallen zu sein).
Es muß ein ganz gefährlicher Bursche, mit allen Salben
gerieben, gewesen sein, dieser falsche Amtsbruder, der die
echten so übel begaunert hat. Nicht genug, daß er den
anzupumpenden Pfarrherren eine gefälschte Empfehlung des
hebannten Hofpredigers vorweist; um sie für diese Empfehlung
rmpfänglicher zu machen, bindet er ihnen auch noch auf, der
Hofprediger sei zum Visitator ernannt und werde in den
nãchsten 14 Tagen hie und da visitieren (und sich natürlich
erkLundigen, wie sie den armen Exsulanten aufgenommen). Als
Exsulanten bezeichnet er sich in den beiden vorliegenden, fast
gleichlautenden Bittschriften, deren eine er dem Magistrat zu
Treysa überreicht hat, während die andere an einen Junker
— vielleicht den Siegenhainer Hauptmann — adrossiert ist.
Beide Sittschriften sind noch von einer zweiten Person, die
ja auch der Bericht des Schultheißen nennt, die aber sonst
—
als Samuel Schonfeldt, das andere Mal als Samuel Leihaus.
Sie geben an, daß die Bittsteller aus Ungarn Lommen und
dort Feldprediger unter dem Wohlgebornen Herrn Melchior
h. Rädern gewesen, aber „von genanntem Patrono, weil er
zum lügenhaften Szepter der Papisten getreten, verlassen“,
aun im Exilio leben und auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Die Sittschreiben sind mit frommen Worten und Wünschen
eeichlich gespickt, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn
auch verständige Leute darauf hineingefallen sind, da der-
gleichen Angaben in jener telephonlosen und verkehrsarmen
Zeit auf ihre Kichtigkeit kaum nachzuprüfen waren. Erst
das Betragen des Schwindlers — denn um den einen
MNeander) handelt sichs in erster Linie — und die von ihm
oerübten Diebstähle haben die Betrogenen auf die Unwahr-
scheinlichkeit ihrer Angaben aufmerbsam gemacht und die
Anzeige und Verhaftung herbeigeführt.
Auch die angebliche Empfehlung des Bittstellers durch den
Hofprediger Schönfeld und dessen Anweisung an die Pfarrer
ist in ganz geschickter amtlicher Form abgefaßt, vielleicht ist auch
die Schrift des Hofpredigers nachgeahmt, sodaß der Betrug nicht
leicht zu erkennen war. Sie lautet nach dem vorliegenden Original:
„Auf Befehl unjres gnädigsten Herrn sollen die Pfarr-
herrn des Landes gegenwärtigen Heren, so Feldprediger in
Ungarn gewesen, aus der gemeinen Kirchenkasse, nach eines
jederem Vermögen etwas mitteilen, damit sie sich desto baß,
weil auch einer unter ihnen mit Leibesschaden beladen, er—
halten und fürstlicher Gnade zugesagte promotion erwarten
mögen. Actum Cassell in die conversionĩs Pauli ao. 99.
gez. Greg. Schonfeldt D. Hofprediger mp.“
Auf der Rüchjeite steht in anderer Schrift: „D. Schönfeldts
Vorbittjchrift im Namen unsres gn. F. und Herrn ausgegangen“,
und weiter unten: „Ist falsch uff's Täters eigen Bebändtnus.“
Neben dieser gefälschten Empfehlung des Hofpredigers
liegt dann eine Klageschrift an den Hauptmann von Siegen
haĩn, datiert Borben, 117. Februar 1509, von 4 Pfarrern,
Johann Streicher zu Borben, Sacharias Freund zu Naßen-
erfurt, Johann Auwel zu Dillich und Gerlach Kreölin zu
Zimmersrode, unterschrieben, worin der saubere Feldprediger
„ein spitzbübijcher Schelm und Dieb“ genannt wird. „Er
hat viel von D. Schönfeld wissen zu sagen, der sei sein
Detter, sei Superintendens worden und werde bald zu ihnen
zommen, und er seĩ Pfarrer zu Merdenhagen (Wartinhagen),
hat auch einen geschriebenen Catechism gezeigt, welcher sollt
Jeftruckt werden. den ihm der Doct. geschenkt haben solle.
Er soll auch viel Geld bei sich, und darunter etliche Stück
Hold und harte Taler gezeiget haben, welches er ohne
zweifel nicht so redlich wird überkommen haben.“ Es folgt
die Bitte, daß der Hauptmann von dem Besitz des gefäng-
ich eingezogenen Spitzbuben die geplünderten Armenbasten
vieder zu ihrem Gelde möge kommen lassen.
Daran gehängt ist ein Postskriptum des Simmersroder
Rarrers: „Dieser leichte Gesell hat auch seines Namens
erleugnet, sich zu Neuenheim Emanuel, zu Simmersrode
zoorgius Schönfeld genennet, item zu Neuenheim bei Hennen
Albriten, da er 2 Nächte bei geherberget, mit 5 Gold-
tücken und etlichen harken Talern gepranget, überm Gesäuff
Hott und seinen heiligen Namen schändlich gelästert, von sich
esagt, er sei kein geistlich, sondern ein weltlich Pfaff, item zu
fefurt, Simmersrode und anderen Orten sich vor einen
dediggesellen ausgeben, item zu Erfurt um des Pfarrers
Tochter fragen lassen, ob er dieselbe nit konnte zur Ehe be—
ommen, denn er sei Pfarrer zu Merdenhagen, damit ihn
imser gn. F. u. Herr Landgraf Moritz zu Hessen begabet
ätte. Was nun aus solchem vergessenen leichten Gemüt zu
chließen, Lönnen Ew. Gostrengen leichtlich ermessen.“
Man scheint damals in Hessen prompte Justiz geübt zu
»aben. Am 15. Februar 1599 hat der Simmersroder Pfarrer
Zlage gegen den falschen Amtsbruder beim Schultheiß zu
Treysa erhoben, am 160. hat der Schultheiß den Gauner schon
ingezogen und verhört und mit einem Bericht trotz seines
zträubens gefangen an den Hauptmann Eitel v. Berlepsch
ach Siegenhain abführen lassen. Und bereits am 11. sendet
Serlepsch ihn mit einem Begleitbericht, der die von dem
zchultheißen vorgebrachten Tatsachen wiederholt und das
fingeständnis des übeln Gesellen samt seinen faulen Ent—
huldigungen enthält, an die Gestrengen, Edlen, Ehrenvesten,
dochgelehrten Herren Cantzler und Käte, seine insonders
juten Freunde in Cassel, und wartet auf Kosolution, „wie
nan sich gegen ihn (den Spitzbuben) verhalten solle.“
Leider lasjen die vorliegenden Abten diese Kesolution
ʒermissen und schweigen über den Erfolg der Klage. Den Kopf
vird es dem Spitzbuben nicht gebostet haben, er wird ver—
nutlich nach einer längeren Gefängnishaft über die Grenze
bgeschoben sein, da man solche Gesellen immer lieber
en Bewohnern des Nachbarterritoriums gönnte als den
ignen Landesbindern. Um so sichtbarer tritt der Erfolg der
fente uns entgegen, die der falsche Feldprediger im Hessen-
ande gehalten, in Gestalt einer Sammelliste, die an ihrer
5pitze die Anweisung „Was mitgeteilet wird, soll aufge-
eichnet werden“ mit der angeblichen Anterschrift des Hof-
redigers Schönfeld enthält. Danach haben gespendet der
Zotteskasten zu Geismar 18 Alb., zu Lohne 18 Alb.,
Zirchberg 19 Alb., der Vogt zur Gershausen (7) 14 Alb.,
Hottesasten Niedenstein 20, Schitz (Obervorschütz) 18,
Obermölleich 13, Niedermöllrich 16, Gensungen 18, Sennern
16. Homberg 20, Großenenglis 16, Günstedt 16, Arns-
ach 16, Kerstenhaujen 16, Borben 18, Kleinenenglis 80,
dillich 18, Simmersrode 18, Allendorf a. Landsburg 14,
»er Dogt zu Erfurtshausen 18, 2 Pfarrer ex propriis
8 lb. Ein anderer Settel verzeichnet als weitere Gaben
KReichstaler vom Gottesbasten Sischhausen, 13 Alb. vom
Rfarrheren zu Simmersrode gesteuert, Gudensberg ex aerario
O Alb., Gottesbasten zu Niedenstein 20 Alb. Homberg aus dem
Hottesasten 1 Reichstaler, Gottesbasten zu Borben 20 Alb.
Es muß doch ganz lohnend gewesen sein, damals in Hessen
en ungarijchen Feldprediger a. D. und vertriebenen Exsulanten
u spielen, eine Art Vorspiel für die Kriegsgewinnler unserer
zeit. Wenn man doch für letztere auch einen Schultheiß von
Treysa und einen Hauptmann von Siegenhain fändoe!
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