„eimat · Schollen
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst
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Erscheinungsweise 2mal monatlich. Bezugspreis 1,20 Mop. im Vierteljahr. Frühere
Jahrgänge können, soweit noch vorrätig, vom Heimatschollen-Berlag nachbezogen werden 6. Jahrgand
Der falsche Feldpyredigern d Von Thoodor Apel.
Daß es auch in der guten alten Seit zu Ende des
16. Jahrhunderts an geriebenen Gaunern und Schwindlern
aicht gefehlt hat, bezeugt ein Abtenstück aus der Orts-
ꝛepositur Treysa des Marburger Staatsarchivs mit der
Aufschrift: „Betrifft Einen, so sich Lucas Neander genennet
auand für einen gewesenen Feldprediger in Ungarn ausge—
geben, auch falsche Briefe gemacht, wie nicht weniger ein und
andres entwendet, weswegen er eingezogen worden amo 1599.“
Das Stück beginnt mit einem Bericht des Treysaer
Schultheißen Dauer an den Hauptmann der Burg Siegen-
»ain, Eitel v. Berlepsch, worin er meldet, „das gestriges
Tages der Pfarrherr von Simmersrode mir blagend vor—
gebracht, nachdem einer, so sich Lucas Neander nennt und
ein Feldprediger in Ungarn gewesen sein will, samt sonsten
noch einem ihn um ein Viaticum (Sehrgeld) angesprochen
uind sjich berufen auf eine Vorschrift, die ihm auf Befehl
injres gn. Fürsten und Herrn von D. Gregorio Schönfelden,
Hofprediger zu Cassel, mikgegeben worden, und dabei an—
gezeigt, wie eben berührter D. Schönfeld Visitator worden,
er auch innerhalb 14 Tagen hin und wieder zu visitieren
entschlossen sei, daß er ihm für seine Persone!/ fl. und 2
Mahlzeiten, aus dem Gottesbasten aber J1 Keichstaler habe
zugeführet. Als er, Kläger, aber zu Waltersbrück eine
Predigt zu tun gehabt und diesen Gast zu Hause gelassen,
pabe er ihm einen Petschaftring beneben sonsten einem King
und einen Sahnstiecher gestohlen und sich darmit aus dem
Staube gemacht. Dieweil nun der Täter allhier zu Treysa
angelangt sein jolle, so wolle er mich gebeten haben, Amts
wegen mit allem Fleiß nach ihm zu forschen und ihn als
ꝛine verdächtige Person einzuziehen, ob er des Seinen
2) Aus dem in Vorbereitung befindlichen Buch „Der zerbrochene Galgen und
indere Kulturkuriosja aus dem Hessenlande“. DVerlag A. Bernecker. Melsungen.
iederum habhaft werden möchte. Darauf er ausgebkund-
haftet und zu Derhör gezogen worden ist. Wann die ge—
ohlenen Maaren dann, als der Petschaftsring, der andere
ring und der Sahnstiecher sich bei ihm befunden und aus
er Supplikation an Bürgermeister und Rat zu Treysa
ornehmlich offenbar, daß er das Baefehlschriftlein fälschlich
uf D. Schönfelden geschrieben und auf ihn damit gelogen,
ie Pfarrheren hin und wieder betrogen und die Armen-
asten der Auslagen beraubt, und in seinen Worten gar
nbeständig sich verhält, so habe ich ihn erstlich allhier in
haft genommen und, dieweil ich gleublich berichtet werde,
aß er gleichergestalt um Cassel hero sich verhalten haben
olle und sich vor einen rechten Stationierer und Landstreicher
njehen läßt, überschick ich ihn Ew. Gestrengen samt den
Sriefen, so bei ihm funden worden, ferners gegen ihn nach
er Gebühr zu verfahren haben.“
„Hiermit Ew. Gestrengen dem Schirm des Höchsten und
—chatten des Allmächtigen unterdienstlich empfehlend.
Geben zu Treysa, den 16. Feb. ao. (15)99.
Ew. Gestr. dienstwilliger Dauer.“
Hieran schließt sich ein Postskriptum aus derselben Feder
es Inhalts: „Als diese verdächtige Person durch die Stadt-
necht nach Siegenhain hat sollen geführt werden, hat er
ch beinahe eine ganze Stunde aufgehalten und aus'm
ßefängnis nicht aussteigen wollen und unter anderm
ebundet, daß das Testimonium oder Vorbittschrift, so ihm
). Greg. Schönfeld, Hofprediger, mitgeteilet, geschrieben
ind unterschrieben und sich dessen auf unsers gn. F. u.
heren Befehl berufen, falsch und er dasselbige ohne dessen
)orwissen ihm im Rücken nachgeschrieben. Der Ehr. Pfarr-
err von Simmersrode verbeut mir diesen Morgen, daß ich
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