Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Leutnank war berauscht in Bettinens Mähe 
und hätte alles getan, was sie wollte. 
Und Baettina selber war so selig im Glück 
der Dorfreude und fühlte außerdem so 
sicher die beabsichtigte Ernsthaftigbeit der 
Bünderode und ihres Schwagers, daß ihr 
jchien, dieser Bedeutsambeit müßte efwas 
wesentlich anderes entgegengesetzt werden, 
und sie hatte es im Gefühl, daß das die 
Kirmes sein könnte. Körper und Geist 
waren ihr gleich gestrafft, des Tages Glück 
und Freude aufzufangen, wie der Wind— 
harfe Saĩten immer bereit sind, dem himm- 
lischen Kind zu willen zu sein. 
Dem Leutnant schien es nicht möglich, 
für die beiden Frauen Pferde von der 
Posthalterei der Stadt zu entleihen. Des— 
halb ritt er in gestreckter Eile mit eĩnem 
Burschen nach G. und meldete sich voll 
Eifer schon am Abend zurück mit zwei 
schönen, ruhigen Pferden aus des VDaters 
Stall. Dann ging er mit den vergnüglichsten 
Gefühlen an den kommenden Tag zu Bett. 
Während seiner Abwesenheit hatte sich 
für die beiden erziehungseifrigen Menschen 
Taroline und Savigny Gelegenheit geboten, den Sweck 
der Keise zu erfüllen. Sie hatten den Schmetterling Bettina 
n ihrem Simmer überrascht und gefangen. Und das Wesen 
atte ganz wider Erwarten sich so ruhig und gesittet betragen 
ind alle Ermahnungen scheinbar so zerbnirscht über sich ergehen 
assen, daß die Günderode bald Mitleid fühlte, sie in die Arme 
hloß und sie so fast gegen Savignh, den sie doch selbst 
erufen hatte, in Schutz nahm. Dieser aber, der den 
schmetterling ebenso lieb hatte wie Karoline, Lürzte gern 
eine Ermahnungen, und so endete der Tag zu allgemeiner 
*ufriedenheit. Denn auch Karoline und der Professor 
onnten sich nun, sozujagen nach getaner Arbeit, von Herzen 
reuen auf den morgigen fröhlichen Kitt. — — — 
Nun waren die Freunde schon eĩnige Stunden unkerwegs. 
Als zu Mittag die Hitze zunahm, bogen die Keitenden 
»om Wege ab, und bald hielten sie an einem von riesigen 
Kede des Landesoberpfarrers D. Möller auf dem Marktplaß 
Hofphotograph Eberth. Cassel. 
ich freu mich auf die Keise. Dabei will ich vergessen, was 
ich bei Ihnen soll. Denn meine Frau Lulu hat mich aus— 
gelacht — und Sie! — weil wir wollen der Bettine Mores 
iehren. Wenn wir das wollten, seien wir noch meschuggener 
als die Bettine selber! — Wir wollen viel hoffen, das ist 
ilbri J 
heilbringend! Ihr Sabignh.“ 
Da war nun der Professor schon am Freitag mittag in 
F. angelangt, hatte mit dem Leutnant von Gilsa im Römischen 
Kaisjer Simmer genommen und saß am frühen Nachmittag 
im ernsten Gespräch mit der Günderode in deren schönem 
Lrühlen Simmer. Bettina ging unterdessen voll holdester 
Leichtigbeit mit dem Leutnant um, führte ihn durch die Gärten, 
brachte den jungen, guten Menschen zur 8o jährigen Schwoster 
Gärktnerin und war so voller Lust und Launec, daß der Mann 
alles vergaß: den verehrten Freund Savigny. der drinnen 
seine Stirn voll Kummer um Bettina falzte, 
die wartenden Eltern im Dorfe G. — und daß 
er nur den einen Wunsch hatte, möglichst viel 
einer Freizeit mit diesem würzigen Sausewind 
zu verbringen. — 
Deshalb war's ihm eine Freude, als 
Bettina ihn mitnahm in die Lühle, halboffene 
Laube und ihn bat, vom Leben zu Hause auf 
den Dörfern zu erzählen. Und als er nun 
ooll Anschaulichkeit von der Kirmes sprach, 
wie sie jetzt rings herum im Lande gefeiert 
wurde, da sprang Bekttina auf den Tisch und 
auchzte und rief, daß sie alle zur Kirmes 
wollten — morgen, heute, sofort! 
Indem bam Karoline mit dem Professor — 
ihr warf sich Bettina an den Hals, und nach 
rurzem Hin und Her, das reich war an er— 
tauntem Stirnrunzeln Savignys und bittenden 
Slicken der Günderode — beschloß man, 
norgen, am Sonnabend, ins Städtchen S3. zur 
Kirmes zu reiten. 
Dabei hatten Karoline und Savigny die 
gleiche Hoffnung, daß sich leicht Gelegenheit 
zu ernster Aussprache finden würde. Der 
zu Homberg. 
Einholung und Begrüßung der neuen Glocken zu Homberg. 
Photograph Carl Eigenbrod. Homberqa. 
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