Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Kabenhaupt halbverhungert ergeben mußte. Der bald darauf 
abgeschlossene westfälijsche Frieden machte den furchtbaren Kriegs— 
leiden ein Ende, doch hat es lange gedauert, ehe sich die Staͤdt, 
die von 4000 Einwohnern auf 800 zujammengeschmolzen war, von 
den Derwüstungen und Schrecken des Krieges erholte. 
Die in Trũmmer gelegte Burg wurde nicht wieder aufgebaut, 
da das Plateau als fester, haltbarer Plaß nicht geeignet war und 
die umliegenden Höhen zu viele Angriffsmöglichkeiten darboten. 
Durch den Siebenjährigen Krieg wurde die Stadt nicht viel in 
Mitleidenschaft gezogen. Franzosen, die sich in der Stadt ein— 
quartierten, bezahlten Quartiergelder, die im Jahre 11614 3um Bau 
des Kathauses eine willbommene Beihilfe boten. Das bisherige 
alte Kathaus wurde später dem zweiten Prediger als Wohnung 
ũberwiesen. 
Als Napoleon im Anfang des neuen Jahrhunderts das Hessen⸗ 
land treuloser Weise ohne Kriegserklärung überfallen und in Besitz 
genommen hatte, brachte die Franzosenherrschaft unter Jéerôme 
wieder neue Unruhe und Bedrängnis mit sich. Damals wurde 
Homberg der Ort. in dem sich rũhrige und entschlossene Männer 
mit Anhänglichkeit zu dem angestammten Fürstenhaus zusammen- 
fanden, um das hessische Heimatland von dem verhaßten Joch zu 
befreien. Die Beratungen der Daterlandsfreunde fanden in dem 
Gebäude des freiadligen Fräuleinstifts Wallenstein in Homberg 
statt, dessen Damen sich der Verschwörung mit Begeisterung an— 
geschlossen hatten. Am 22. April 1809 überreichte Karoline von 
Baumbach auf dem Marktplatz zu Homberg dem Führer der auf- 
sttändischen Truppen ein von den Stiftsdamen gesticktes rot-weißes 
Banner mit der Inschrift: „Sieg oder Tod im Kampf fürs Vaier— 
land“. Da die Erhebung nicht einheitlich genug vorbereitet war, 
wurde sie in dem Gefecht bei der Knallhũtte leicht unterdrũckt. 
Während es dem Oberst von Dörnberg gelang, nach Böhmen zu 
fliehen, wurden die Schuldigen, darunter die Stiftsdamen. die sich 
an der Agitation beteiligt hatten, streng bestraft. Das Stijftsver- 
mögen wurde beschlagnahmt, das Stift selbst geschlossen, aber nach 
Jérömes Sturz wieder eröffnet und Marianne von Stein als 
Abtisjin wieder eingeseßt. 1832 siedelte das Stift nach Fulda 
ãber, wo ihm im Harstall'schen Haus am Bonifatiusplatz ausreichende 
Käume zur Verfügung gestellt wurden. 
Gedenbktafel zur Erinnerung an die Synode. 
Photograph Fritz Kaufmann, Homberg. 
Die dem Stift gehörenden Gebäãude und Gärten in Homberg 
vurden vom Staat angekauft für Unterbringung des Lehrerseminars, 
velches im Jahr 1885 von Cassel nach Homberg übersiedelte, nach⸗ 
dem für dessen Unterbringung der Bau eines Seminargebäudes 
jzowie eines Glonomiegebaudes in der Freiheit fertiggestellt war. 
Als sich im Laufe der Seit die Räume unzulänglich erwiesen, 
wurde in der Bahnhofstraße ein Neubau errichtet, der am 24. 1. 
1819 bezogen wurde. Die alten Gebäude wurden von der Stadt 
hzw. vom Kreis zu Schulzwecken und zur Anterbringung des 
Landratsamts angebauft. 
Durch die Umgestaltung der Lehrerbildung gehören Präparanden- 
anstalt seit Ostern 1922 und Seminar seit Ostern 1025 der VDer— 
zangenheit an, was der Stadt einen schweren Verlust brachte, doch 
hofft man, durch die zu Ostern 1923 eröffnete staatliche Aufbau— 
schule, die im Seminargebäude untergebracht zur Seit schon die 
4 Klassen Unter- und Obertertia, Unter⸗ und Obersekunda auf- 
weist und bestimmungsgemäß bis zum Abiturientenexamen durch⸗ 
zeführt werden soll, einigermaßen entschädigt zu werden. Daneben 
besteht die wohl kurz nach Einführung der Reformation ins Leben 
gerufene städtijche Kebtorschule (frühere Lateinschule) vorerst noch 
unverändert fort. 
Von anderen Lehranstalten beherbergt die Stadt noch seit 1888 
die bommunalständische Taubstummenanstalt, die im Jahre 1013 
in dem am Fuß des Schloßbergs gelegenen Neubau ein ansprechendes 
und zweckmäßig eingerichtetes Heim gefunden hat. Der Weiter— 
bildung der angehenden Landwirte dient die Landwirfschaftliche 
Schule, welche die Räume der frũüheren Präparande bezogen hat. 
Das in der Freiheit gelegene Hospital zum heiligen Geist, iĩm 
Jahre 1368 von dem Presbyter Heinrich Bischof gegründet, mit 
26 ha Land und 16 ha Wald ausgestattet, gewährt bedürftigen Per- 
onen beiderlei Geschlechts in ihren alten Tagen bis zum Lebens— 
ende Aufnahme und Pflege. 
Nachdem die Vöõlberschlacht bei Leipzig dem Königreich West— 
falen ein Ende gemacht und Kurfürst Wilhelm J. die Regierung 
wieder übernommen hatte, eilten auf seinen Aufruf auch die Hom- 
berger wehrhaften Männer zu den Fahnen, um an der ruhmreichen 
Fortsetung des Freiheitskampfes im Jahre 1814 teilzunehmen. 
Eine in der Stadtkirche angebrachte Gedenktafel hat die Namen 
der Homberger Freiheitskämpfer der Nachwelt äberliefert. 
In dem Revolutionsjahr 1848 fehlte es auch in Homberg nicht 
Photograph Fritz Kaufmann, Homberg. an Ruhestörungen. 
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Innenansicht der Kirche.
	        
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