Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Als der unheilvolle 8Sojährige Krieg entbrannte, brachen 
auch für Homberg Seiten bitterster Not an, unter denen die Stadt 
chwer zu leiden hatte. Schon im Jahre 1623 quartierten sich durch⸗ 
ziehende Truppen in der Stadt ein, verpraßten die Gülter der 
Finwohner und plünderten die Stadt aus. Sobald neues Kriegs- 
polk anrũckte, wiederholten sich die Brandschatzungen. Im Juli 1636 
iel die Stadt fast ohne Widerstand in die Hände des mit 13000 Mann 
und 18 Geschũtzen von Fulda anrũckenden Generalfeldmarschalls 
Keichsgrafen von Götz, da die Bürger die Stadt preisgegeben 
ind auf der Burg Suflucht gesucht hatten. Die Burg, unter dem 
Kommando des Oberstwachtmeisters Engelhardt Breul aufs tapferste 
berteidigt, fiel erst nach langem Widerstand, als den Verteidigern 
das Wasser ausging. Nachdem Götz abgezogen war, geriet die 
Stadt in neue Bedrängnis, da Oberst Tirell mit einem Kegiment 
Irländer einrückte, die Bürger aufs schwerste bedrückte und Stadt 
und Schloß in Brand steckte. Die Schultheißen, der Bürgermeister 
oon Haxthausen und mehrere Bürger wurden als Geijeln nach 
Dortmund mitgeschleppt und erst im folgenden Jahre gegen ein 
hohes Lösegeld wieder freigegeben. Bayrisches Kriegsvolb, welches 
im folgenden Jahre unter General Johann de Werth das Hessen⸗ 
land raubend und plündernd durchzog, hat auch Homberg nicht 
verschont. 
Besonders hart mitgenommen wurde die Stadt im Jahre 1640, 
als sie abermals von der bayrischen Armee auf dem Marsch nach 
Fritzlar ũberfallen und an allen Enden in Brand gesteckt wurde. 
Nur wenige Häuser wurden von der Feuersbrunst verschont. Der 
Turm der Kirche wurde in seinem oberen Teil zerstört, wobei er 
jeine Glocken verlor. Stadt und Schloß lagen in Trümmern, die 
Straßen waren leer und öde, die Bewohner geflüchtet und nur 
wenige zurũckgeblieben. Diese errichteten am Schloßberg einige 
Hũtten und ein festes Haus, um vor dem umherstreifenden und 
blündernden Kriegsvolb eine Suflucht zu haben. Im Jahre 16041 
besetzte der Kaijerliche General Graf Holzapfel wieder die Ruinen 
ind ließ bei seinem Abzug den Oberstleutnant Gerhard mit einer 
Soesaßzung zurũck, welche jedoch den größten Mangel litt und sich 
im folgenden Jahre dem anrũückenden hessischen Generalwachtmeister 
Kieche vom Marktplaßz aus Hofphotograph Eberth, Cassel 
und die Huldigung zu erzwingen. Um die Stadt vor härteren 
Maßnahmen zu bewahren, zogen Bürgermeister und Kat dem 
feindlichen Heer bis zum Spieß bei Spießbappel entgegen. Nach- 
dem die Unkerwerfung angenommen und die Tore der Stadt ge— 
oͤffnet waren, leisteten die Bürger die Huldigung. Die Rädelsführer 
wurden festgenommen, der Stadt eine Kriegssteuer von 2000 Gulden 
als Buße auferlegt und die Tore niedergerissen. Außerdem aber 
hatten die Bürger, von denen viele die Heimat verlassen mußten, 
sehr unter der Plũnderung der Landsbnechte zu leiden. Da diese es 
besonders auf den Raub von Hühnern abgejsehen hatten. erhielt der 
Kriegszug den Namen „Hühnerfehde“. 
Wenn sich auch die Bürger dem Swang gefügt hatten, so 
blieb doch die Abneigung gegen die landfremden Regenten bestehen, 
wodurch die Landgraäfinwitwe Anna immer mehr Anhänger ge— 
vann. Als dann Boyneburg unerwartet abdankte, berief Anna 
am 2. April 1514 einen Landtag nach Homberg, zu dem sie mit 
dem Knaben Philipp selbst erschien. Nachdem sie hier von den 
Landständen als Vormünderin Philipps und als Kegentin aner— 
dannt war, erhielt Homberg seine Freiheit sowie seine Privilegien 
uind Rechte zurüũck, auch wurden die Tore der Stadt unter Annas 
Regierung wieder aufgebaut. 
Im Jahre 1518 wurde Philipp vom Kaiser Maximilian für 
volljährig erklärt und trat, noch nicht 14 Jahre alt, unter gar 
schwierigen Verhältnissen die Regierung an. Wie der jugendliche 
Landgraäf wiederholt in Homberg Landtage abgehalten hat, so hielt 
er auch die in der Mitte der Landgrafschaft Hessen gelegene 
Stadt geeignet als Tagungsort einer Synode, auf welcher ũber den 
rirchlichen Zwiespalt entschieden werden sollte. Mit dieser vom 
20.22. Oblt. 1526 abgehaltenen denkwũrdigen Tagung hat Homberg 
das bedeutungsvollste Ereignis in seiner geschichtlichen Dergangen⸗ 
heit aufzuweisen. Hat es doch die Einführung der Keformation 
owie die Aushebung der Klöster im Hessenlande zur Folge gehabt. 
Im Jahre 1536 wurden dle Altstadt und die Freiheit, die bis 
dahin mit eigenen Verwaltungen als zwei getrennte Städte neben- 
zeinander bestanden hatten, zu einem »corpus« vereinigt. Die 
Freiheiter Siegel wurden eingezogen und der Durchgang durch 
die VDerbindungstore freigegeben. In demselben Jahre wurde 
wieder ein Landtag in Homberad abgehalten. 
Turmportal der Kirche. 
Photograph Carl Eigenbrod, Homberg. 
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