Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Aus alter Seit. 
Homberg, 
die hejsische Keformationsstadt. 
VDon C. Werner. 
Die im Regierungsbezierk Cassel gelegene, zur Seit 3500 Ein⸗ 
wohner zählende Kreisstadt Homberg a.d. Efze rüstet sich, das 
400 jährige Jubiläum der am 21. und 22. Obtober 1526 in ihrer 
altehrwũrdigen Stadtkirche abgehaltenen Synode, welche dle Ein— 
tührung der Reformation in Hessen zur Folge hatte, festlich und 
vũrdig zu begehen. 
Homberg, gar malerisch am Fuß des Schloßbergs gelegen, 
besonders bekannt als alte hessische Seminarstadi, in der 90 Jahre 
lang (von 1835—21925) annähernd wohl 3000 Lehrer ihre beruͤfliche 
Ausbildung gefunden haben, hat in den alten Staͤdtteilen jein 
mittelalterliches Geprãge bewahrt. Eine Anzahl gut erhaltener 
Fachwerbhãäujer mittelalterlicher Bau⸗ 
kunst sind noch vorhanden. AUnter 
diesen fällt besonders ins Auge das 
am Warbt gelegene Maysche Haus, 
aus 1617 stammend, welches erst Lũrz 
lich renobiert und, in seiner ursprüng- 
lichen Gestalt wiederhergestelit, mit 
seiner reichen Ornamenti nicht 
weniger bemerbenswert ist wie das 
gleichfalls am MWarktplatz gelegene., 
1480 erbaute Gasthaus „Sur Krone“, 
in welchem Landgraf Philipp der 
Großmũtige während der Synode 
gewohnt haben jsoll, ein prächtiger 
Fachwerkbau, der mit seinen bunt 
demalten Balben und vorspringenden 
Erlern außerordentlich ansprechend 
wirkt. Die Hauptjsehenswürdigkeit 
der Stadt aber bildet die im 14. Jahr⸗ 
hundert entstandene und im Jahre 1892 
schön restaurierte gotische Pfarrkirche, 
in welcher vor 400 Jahren die denk 
wũrdige Synode abgehalten wurde, 
wie eine neben dem reichverzierten 
Hauptportal angebrachte und gleich⸗ 
alls im gotischen Stil gehaltene Ge⸗ 
denbtafel besagt. 
Wenn auch die Nachrichten aus 
der ältesten Geschichte der Stadt gar 
spärlich sind und bestimmte Angaben 
über das Gründungsjahr fehlen, so ist 
doch wohl anzunehmen, daß die Land⸗ 
grafen von Hessen und Thäringen, 
Konrad und Heinrich Raspe IV. welche 
wiederholt in Homberg verweilten, 
dem Ort Stadtrechte verliehen haben, 
da sie in Urkunden aus den Jahren 
1231, 1283 und 1234 den Ort zum 
ersten Male als Stadt und mit den 
Worten in oppido nostro (in unjerer 
Stadt) als ihre Stadt bezeichneten, 
wonach Homberg als Stadt im Jahre 
1931 auf eine siebenhundertjährige 
Dergangenheit zurũckzublicken berechtigt jsein wũrde. 
Da der 420 Meter hohe Basaltbegel, an dessen Fuß sich der von 
gut gepflegten Gärten umgebene Ork bis zur Efze hinzieht, die 
ganze Gegend beherrscht, so erschien er sür die Anlage einer be 
jestigten Burg zur Sicherung der Durchgangostraße besonders ge⸗ 
eignet. Dies führle dazu, auf dem Platedu des Berges ein 
Schloß zu erbauen. Wahrscheinlich ist dies im Anfang des 12. 
Jahrhunderts nach der etwa im Jahre 1127 erfolgten Verbindung 
der beiden Länder Hessen und Thüringen zum Schuß der an dem 
Berge vorbeiführenden Straße erstanden. Sicher ist, daß das starb 
befestigte Schloß in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderfks der 
Sitz des Edelgeschlechts von Hohenberg war, voñ dem uns zuerst 
Kentwig von Hohenberg 1162-1105 in Urbunden der Hersselder 
Abte wie der Grafen von Thüringen entgegentritt. Zum Schutz 
der Bewohner, die sich am Fuß des Schloßbergs ansiedelten, 
wurde der Ort mit Mauern umgeben, deren Keste mit ihren gut 
erhaltenen Torpfeilern, Torbogen und emporragenden Wehr⸗ 
heute noch Seugnis von der stark befestigken Umwallung 
iblegen. 
Gasthaus „Sur Krone“. 
Nachdem die Befestigung im Anfang des vorigen Jahrhunderts 
iufgehoben war, wurde die Stadtmauer zum Teil 'als Fußpfad 
»enutzt. Als aber bei einer am 11. April 1801 abgehallenen 
Revision der Straßen, Winbel und Gäßchen festgestellt wurde, daß 
er Fußpfad, abgesehen von der Gefährlichbeit der Passage, vielfach 
nißbräuchlich als Schleichweg und Diebespfad sowie zu Stelldich— 
ins benußt und als abkömmlich bezeichnet wurde, wurden die Su— 
angstreppen zu der Stadtmauer entfernt und der Fußpfad abgestellt. 
Die Nachrichten aus dem 13. 14. und 15. Jahrhundert sind 
ehr dürftig. In den Jahren 1318 und 1356 wurde die Stadt von 
einer verheerenden Feuersbrunst heimgejucht, der die mit Stroh 
edeckten Häuser und ihrem aus Rohrgeflecht bestehenden Fach 
verk bei der unzureichenden Wasserzufuhr reiche Nahrung boten. 
Auch von einer Seuche, die 1346 —1349 in Hessen wütete, wurde 
ie Stadt nicht verschont. 
Im Jahre 1356 grũndete Landgraf Heinrich IL, der Eiserne, 
mit der Freiheit einen neuen Stadt⸗ 
teil, durch welchen die Stadt erheb⸗ 
ich erweitert wurde. Diese Vor— 
tadt war auch mit einer von 2 Toren 
durchbrochenen Mauer umgeben, hatte 
rine eigene DVerwaltung und außer 
zer im Jahre 13608 erbauten Heiligen 
Heistirche, die auf dem Hof des 
Hospitals zum Heiligen Geist stand, 
noch eine zweite Kirche St. Nibolaus 
auf dem Klobes-Kirchhof. Während 
diese seit 1332 nicht mehr zum Gottes- 
dienst verwendet und bald darauf 
abgebrochen wurde, hat die Hospitals⸗ 
lirche der Freiheiter Gemeinde noch 
ängere Seit als Gotteshaus gedient. 
Als aber die jelbständige Oerwaltung 
des Staͤdtteils Freiheit aufgehoben 
purde, hatte dies auch in birchlicher 
Beziehung die SZusammenlegung der 
Freiheiter Gemeinde mit der Ober— 
stadt zur Folge. Die Kirche, welche 
immer mehr verfiel, wurde 1805 
abgebrochen, ebenso bald darauf das 
baufällig gewordene Pfarrhaus. 
Im 14. Jahrhundert erstand der 
Bau der im gotischen Stil gehaltenen 
Pfarrkirche in der Oberstadt, zu 
Ehren der Jungfrau Maria Marien- 
irche genannt, deren wuchtiger Turm, 
vie wir aus einer ũber den Grund— 
nauern angebrachten Inschrift er— 
sahren, im Jahre 1814 unter dem 
Kirchenbaukassenmeister Heinrich von 
Hesenrode erbaut worden ist. 
Anter dem Landgrafen Hein— 
»ich II, dem Eisernen, gelangte der 
Handwerberstand sowie das Innungs- 
wesen zu hoher Blüte — Homberg 
war damals auch vorübergehend 
Pfand für den Brautschatz seiner 
Schwoester, die an den Herzog Kudolf 
bon Sachsen verheiratet war. 
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts ließ der Erzbischof und 
Zurfürst Hermann von Köln, ein hessischer Peinz, welcher Homberg 
As Abfindung (Leibgedinge) erhalten hatte und sich hier oft längere 
Seit aufhielt, die Burg abbrechen und neue, siattlichere Gebaͤude 
in ihre Stelle setzen. 
Als Landgraf Wilhelm II., der Mittlere, starb, begann sür 
domberg eine unruhige Seit. Für den erst im 5. Lebensjahre 
tehenden Sohn Philipp wurde eine vormundschaftliche Kegierung 
ingesetzt, welche mit UÜbergehung seiner Mutter, der ehrgeizigen 
Anna von, Mecklenburg, in die Hände der erbbverbrũderten Herzöge 
on Sachsjen gelegt wurde. Als dann der an der Spihe der 
ñegentschaft stehende Landhofmeister Ludwig von Boyneburg für 
en unmündigen Landgrafen Philipp und die sächsischen Regenien 
ie Erbhuldigung verlangte und abgeschickte Gesandte mit deren 
ẽntgegennahme beauftragte, verhielt sich Homberg sowie auch Trehsa, 
ie es mit der Landgräfinwitwe hielten, ablehnend und verhöhnte 
bendrein noch die Abgesandten. Dies hatte zur Folge, daß 
Bohneburg mit 1200 Keitern und 3000 Schũhen und Landsknechten 
nit Feldschlangen anrückte, um die Widerspenstigen zu bestraäfen 
Hofphotograph Eberth, Cassel.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.