Aus alter Seit.
Homberg,
die hejsische Keformationsstadt.
VDon C. Werner.
Die im Regierungsbezierk Cassel gelegene, zur Seit 3500 Ein⸗
wohner zählende Kreisstadt Homberg a.d. Efze rüstet sich, das
400 jährige Jubiläum der am 21. und 22. Obtober 1526 in ihrer
altehrwũrdigen Stadtkirche abgehaltenen Synode, welche dle Ein—
tührung der Reformation in Hessen zur Folge hatte, festlich und
vũrdig zu begehen.
Homberg, gar malerisch am Fuß des Schloßbergs gelegen,
besonders bekannt als alte hessische Seminarstadi, in der 90 Jahre
lang (von 1835—21925) annähernd wohl 3000 Lehrer ihre beruͤfliche
Ausbildung gefunden haben, hat in den alten Staͤdtteilen jein
mittelalterliches Geprãge bewahrt. Eine Anzahl gut erhaltener
Fachwerbhãäujer mittelalterlicher Bau⸗
kunst sind noch vorhanden. AUnter
diesen fällt besonders ins Auge das
am Warbt gelegene Maysche Haus,
aus 1617 stammend, welches erst Lũrz
lich renobiert und, in seiner ursprüng-
lichen Gestalt wiederhergestelit, mit
seiner reichen Ornamenti nicht
weniger bemerbenswert ist wie das
gleichfalls am MWarktplatz gelegene.,
1480 erbaute Gasthaus „Sur Krone“,
in welchem Landgraf Philipp der
Großmũtige während der Synode
gewohnt haben jsoll, ein prächtiger
Fachwerkbau, der mit seinen bunt
demalten Balben und vorspringenden
Erlern außerordentlich ansprechend
wirkt. Die Hauptjsehenswürdigkeit
der Stadt aber bildet die im 14. Jahr⸗
hundert entstandene und im Jahre 1892
schön restaurierte gotische Pfarrkirche,
in welcher vor 400 Jahren die denk
wũrdige Synode abgehalten wurde,
wie eine neben dem reichverzierten
Hauptportal angebrachte und gleich⸗
alls im gotischen Stil gehaltene Ge⸗
denbtafel besagt.
Wenn auch die Nachrichten aus
der ältesten Geschichte der Stadt gar
spärlich sind und bestimmte Angaben
über das Gründungsjahr fehlen, so ist
doch wohl anzunehmen, daß die Land⸗
grafen von Hessen und Thäringen,
Konrad und Heinrich Raspe IV. welche
wiederholt in Homberg verweilten,
dem Ort Stadtrechte verliehen haben,
da sie in Urkunden aus den Jahren
1231, 1283 und 1234 den Ort zum
ersten Male als Stadt und mit den
Worten in oppido nostro (in unjerer
Stadt) als ihre Stadt bezeichneten,
wonach Homberg als Stadt im Jahre
1931 auf eine siebenhundertjährige
Dergangenheit zurũckzublicken berechtigt jsein wũrde.
Da der 420 Meter hohe Basaltbegel, an dessen Fuß sich der von
gut gepflegten Gärten umgebene Ork bis zur Efze hinzieht, die
ganze Gegend beherrscht, so erschien er sür die Anlage einer be
jestigten Burg zur Sicherung der Durchgangostraße besonders ge⸗
eignet. Dies führle dazu, auf dem Platedu des Berges ein
Schloß zu erbauen. Wahrscheinlich ist dies im Anfang des 12.
Jahrhunderts nach der etwa im Jahre 1127 erfolgten Verbindung
der beiden Länder Hessen und Thüringen zum Schuß der an dem
Berge vorbeiführenden Straße erstanden. Sicher ist, daß das starb
befestigte Schloß in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderfks der
Sitz des Edelgeschlechts von Hohenberg war, voñ dem uns zuerst
Kentwig von Hohenberg 1162-1105 in Urbunden der Hersselder
Abte wie der Grafen von Thüringen entgegentritt. Zum Schutz
der Bewohner, die sich am Fuß des Schloßbergs ansiedelten,
wurde der Ort mit Mauern umgeben, deren Keste mit ihren gut
erhaltenen Torpfeilern, Torbogen und emporragenden Wehr⸗
heute noch Seugnis von der stark befestigken Umwallung
iblegen.
Gasthaus „Sur Krone“.
Nachdem die Befestigung im Anfang des vorigen Jahrhunderts
iufgehoben war, wurde die Stadtmauer zum Teil 'als Fußpfad
»enutzt. Als aber bei einer am 11. April 1801 abgehallenen
Revision der Straßen, Winbel und Gäßchen festgestellt wurde, daß
er Fußpfad, abgesehen von der Gefährlichbeit der Passage, vielfach
nißbräuchlich als Schleichweg und Diebespfad sowie zu Stelldich—
ins benußt und als abkömmlich bezeichnet wurde, wurden die Su—
angstreppen zu der Stadtmauer entfernt und der Fußpfad abgestellt.
Die Nachrichten aus dem 13. 14. und 15. Jahrhundert sind
ehr dürftig. In den Jahren 1318 und 1356 wurde die Stadt von
einer verheerenden Feuersbrunst heimgejucht, der die mit Stroh
edeckten Häuser und ihrem aus Rohrgeflecht bestehenden Fach
verk bei der unzureichenden Wasserzufuhr reiche Nahrung boten.
Auch von einer Seuche, die 1346 —1349 in Hessen wütete, wurde
ie Stadt nicht verschont.
Im Jahre 1356 grũndete Landgraf Heinrich IL, der Eiserne,
mit der Freiheit einen neuen Stadt⸗
teil, durch welchen die Stadt erheb⸗
ich erweitert wurde. Diese Vor—
tadt war auch mit einer von 2 Toren
durchbrochenen Mauer umgeben, hatte
rine eigene DVerwaltung und außer
zer im Jahre 13608 erbauten Heiligen
Heistirche, die auf dem Hof des
Hospitals zum Heiligen Geist stand,
noch eine zweite Kirche St. Nibolaus
auf dem Klobes-Kirchhof. Während
diese seit 1332 nicht mehr zum Gottes-
dienst verwendet und bald darauf
abgebrochen wurde, hat die Hospitals⸗
lirche der Freiheiter Gemeinde noch
ängere Seit als Gotteshaus gedient.
Als aber die jelbständige Oerwaltung
des Staͤdtteils Freiheit aufgehoben
purde, hatte dies auch in birchlicher
Beziehung die SZusammenlegung der
Freiheiter Gemeinde mit der Ober—
stadt zur Folge. Die Kirche, welche
immer mehr verfiel, wurde 1805
abgebrochen, ebenso bald darauf das
baufällig gewordene Pfarrhaus.
Im 14. Jahrhundert erstand der
Bau der im gotischen Stil gehaltenen
Pfarrkirche in der Oberstadt, zu
Ehren der Jungfrau Maria Marien-
irche genannt, deren wuchtiger Turm,
vie wir aus einer ũber den Grund—
nauern angebrachten Inschrift er—
sahren, im Jahre 1814 unter dem
Kirchenbaukassenmeister Heinrich von
Hesenrode erbaut worden ist.
Anter dem Landgrafen Hein—
»ich II, dem Eisernen, gelangte der
Handwerberstand sowie das Innungs-
wesen zu hoher Blüte — Homberg
war damals auch vorübergehend
Pfand für den Brautschatz seiner
Schwoester, die an den Herzog Kudolf
bon Sachsen verheiratet war.
Zu Anfang des 16. Jahrhunderts ließ der Erzbischof und
Zurfürst Hermann von Köln, ein hessischer Peinz, welcher Homberg
As Abfindung (Leibgedinge) erhalten hatte und sich hier oft längere
Seit aufhielt, die Burg abbrechen und neue, siattlichere Gebaͤude
in ihre Stelle setzen.
Als Landgraf Wilhelm II., der Mittlere, starb, begann sür
domberg eine unruhige Seit. Für den erst im 5. Lebensjahre
tehenden Sohn Philipp wurde eine vormundschaftliche Kegierung
ingesetzt, welche mit UÜbergehung seiner Mutter, der ehrgeizigen
Anna von, Mecklenburg, in die Hände der erbbverbrũderten Herzöge
on Sachsjen gelegt wurde. Als dann der an der Spihe der
ñegentschaft stehende Landhofmeister Ludwig von Boyneburg für
en unmündigen Landgrafen Philipp und die sächsischen Regenien
ie Erbhuldigung verlangte und abgeschickte Gesandte mit deren
ẽntgegennahme beauftragte, verhielt sich Homberg sowie auch Trehsa,
ie es mit der Landgräfinwitwe hielten, ablehnend und verhöhnte
bendrein noch die Abgesandten. Dies hatte zur Folge, daß
Bohneburg mit 1200 Keitern und 3000 Schũhen und Landsknechten
nit Feldschlangen anrückte, um die Widerspenstigen zu bestraäfen
Hofphotograph Eberth, Cassel.