Auf der Heimatwarte.
Aufruf des Marburger Jubiläums-Ausschujsses.
Im Juni v. J. erließ der Ausschuß für die Vierhundertjahr⸗
eier der Universität Marburg, die im Juli 1927 bevorsteht, einen
Aufruf zwecks Errichtung eines Jubiläumsbaues, der das Univer-
itãts⸗Museum und das Universitäts⸗Institut umfassen soll. Stolz
und danlbar kann der Ausschuß auf den Erfolg dieses Aufrufs
blicken. Immerhin fehlen an den mindestens 1 Million RM. be⸗
ragenden Baubosten noch 130000 KM. Um die Fertigstellung
des BSaues nicht zu verzögern, ergeht ein nochmaliger Aufruf an
alle Kreise der hessischen Bepölberung, durch Gaben mitzuwlrben
an dem Ausbau der neuen Schöpfung.
Ein „Hessenband“ im „Deutsjchen Geschlechterbuch“.
Kegierungsrat a. D. Dr. Koerner in Berlin gibt ein Deutsches
Beschlechterbuch“ als familiengeschichtliches Sammelwerk heraus.
Zur vierhundertjãhrigen Stiftungsfeier der Universität Marburg
oll ein Hessenband erscheinen, der nur burhessische Familien ent-
alten soll. Die Sammlung und Bearbeitung des Materials hat
Oberpfarrer Hermann Knodt in Bad Nauheim ũbernommen. Jede
deutjche Familie, deren zuverlässige Nachrichten über mehrere Ge—
chlechterfolgen zurũckreichen, ist füͤr das Deutsche Geschlechterbuch
villkommen, und zwar für den Hessenband, wenn sie wenigstens
einige Seit in Kurhessen gelebt hat. Ausbunft gibt der Verlag
F. A. Starke in Görlitz.
Ein neuer BezirbsLonsjervator.
Der, Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung hat
den Bezirkskonjervator für den Kegierungsbezirk Cassel, Saurat
Dr. Holtmeyer, von diesem von ihm nebengamtlich verwalteten
Amte unter dem Ausdruck des Dankes für seine Mühewalkung
auf seinen Antrag hin entbunden. Hierdurch wird es Dr. Holtmeyer
mõglich, jeine ganze Arbeitsbraft seinem Hauptamte als Inventari-
ator der Bau- und Kunstdenkmäler im Bezirk Cassel zu widmen.
Bis zur Neubeseßung des Amtes werden die Geschäfte des Be—
zieksbonservators von De. Bleibaum in Cassel (Landesbibliothek)
oertgefũhrt, an den etwaige Suschriften zu richten sind.
Die alte Brücke zu Cajssel.
Nach der „Kasseler Post“ haben sich die Archive in Cassel und
Marburg des Urbundenjundes beim Abbruch der Eisbrecher im
fuldabett angenommen und sind dabei unter Verwendung der
isherigen Forschungsergebnisse zu wertvollen Ergebnissen ge—
vommen.
Der Bau der Brũcke erstreckte sich von 1509 bis 1512. Der
anscheinend nicht ganz einwandfrei bonstruierte mittelste Pfeiler der
SBrũcke machte schon 1514 jeine Wiederherstellung und 1521 seinen
Jänzlichen Neubau erforderlich. Derselbe Pfeiler wurde im Laufe
des 16. Jahrhunderts mehrfach instandgesetzt und mußte infolge
des starken Eisganges im Anfange des 17. Jahrhunderts von
Hrund aus erneuert werden. Daß auch diese 1608 begonnene
Erneuerung beinen dauernden Bestand hatte, besagt die aufge—
fundene Urbunde, die am 14. Juni 16081 zugleich mit einer Anzahl
von Silbermünzen in den Grundstein eines völlig neu errichteten
Pfeilers eingeschlossen worden ist. Die auf Schweinsleder ge⸗
chriebene und ausgezeichnet erhaltene Urbunde war sorgfältig in
einen Bleimantel gehũllt und verlötet. Der Wortlaut des lateinischen,
in der verschnörkbelten Ausdrucksweise des 18. Jahrhunderts ab.
gefaßten Schriftstückes kann etwa wie folgt ũbersetzi werden:
„Diese Pfeilermasse in der Mitte der Unterneustadtbrücke, die
eijssig und brüchig war, wurde zwar vor 13 Jahren wieder aufzu⸗
bauen begonnen, aber sie war infolge der durch die herumgebaute
Schutzwehr damals mit großer Gewalt einströmenden Waßermajse
weder genũgend befestigt, noch in allen Maßvberhältnissen zu Ende
geführt. Im Jahre nach der Geburt Christi des Beilands der
Velt, eintausendsechshunderteinundachtzig, unter dem durchlauchtigsten
Fürsten und Herren Carl, dem ersten dieses Namens Landgrafen
von Hessen, Fürsten von Hersfeld, Grafen von Katzenelnbͤogen,
Diez, Siegenhain, Nidda und Schaumburg pp. der die Chatten
Aũcklich regierte, und diesen Bau hier gnädigst befahl und unter
deitung der Archlitelten Johann Philipp Heppe und auch Johannes
Hartmann Wessel begann man in der Osterwoche, sie mit einer
neuen und mit Gottesgnade festeren, teiis aus Erde, teils dus
Holz hergestellten Schußwand zu umgeben und dann auszuschöpfen.
Dann begann man sie auf festgerammtem Boden von den untersten
fundamenten aus wieder in Verband zu bringen. Am vierzehnten
Tage des Juni in dem vorerwähnten Jahre wurde dieser Eckstein
als erster auf den Auftrag und Befehl des vorgenanuten durch·
auchtigsten Fürsten nach vorhergehender Anrufung Gottes feier⸗
ichst gesetzt, den Gott erhalten möge mit diesem unzerstörbaren
Peiler gleich wie der Hessen Stadt und Land.“
Die zugleich mit der Urblunde aufgefundenen Münzen wurden
dem Landesmuseum übergeben. Es sind: zwei Vieralbusstücke,
echs Achtalbusstũcke, acht Sechsalbusstũcke, zwölf VDierhellerstücke,
echzehn Dreihellerstũcke und dreiundzwanzig Einhellerslũcke, sämt⸗
ich in Silber.
Jubelfeier der Benediltinerinnenabteĩ Fulda.
Die Benediltinerinnenabtei zu Fulda beging die dreihundert-
ährige Feier ihres Bestehens. Sie wurde von dem Fürstabt
johann Bernhard Schen! zu Schweinsberg gegründet.
Vorgeschichtliche Funde.
Das große Hũgelgräberfeld bei Nieder-Mockstadt in Ober—
)essen, das auf sehr engem Raume mehr als hundert Grabhügel
irgt, ist vor einigen Monaten von Prof. Dr. Helmbe einer
ründlichen Durchforschung unterzogen worden. Es wurden Hals-
inge, Armeinge, Fibeln, Scheiben, Beile und andere Sachen ge—
orgen. Sämtliche Fundstücke bestanden aus Bronze. Wertvolle
funde hat Prof. Dr. Helmbe auch bei den von ihm geleiteten
Ausgrabungen zwischen Heldenbergen und Windecken gemacht. —
Im Nuftrage des Hanaqauer Geschichtsvereins hat W. Adam
im Rötelberg bei Langenselbold Ausgrabungen vorgenommen und
ein bisher noch unberührtes Hügelgrab angeschnitten. Er stieß auf
ein Brandgrab aus der älteren Eisenzeit, das 3zwei große, dick⸗
vandige Arnen, eine kleine Urne, zwei flache Schalen und als
ßrabbeigaben zwei Armringe aus Bronze, zwei bronzene Röhr-
hen, einen eisernen Dolch und einen kleinen Feuersteinschaber
nthielt. Der für die Wissenschaft wertvolle Fund ist der archäo—
ogischen Abteilung des Römijsch⸗Germanischen Sentralmuseums
n Mainz zugeführt worden. —
Im Kreise Hünfeld stieß man in der Gemarbung Molzbach
eim jogenannten Sandstrauß auf eine wohlerhaltene, mit Knochen⸗
esten gefũllte Bestattungsurne. Leider wurde durch die Hacke
er Deckel der Urne zertrümmert, ebenso gingen zwei Lleinere
Urnen, die jedenfalls Beigaben für den Toten enthielten, in Scherben.
ẽs fanden sich noch weitere zahlreiche Scherben, sodaß es sich hier
nicht um ein Einzelgrab, jondern um eine Reihe von Srandgräbern
andeln dũrfte. Die Fundstücke sind dem Hünfelder Heimatmujeum
iberwiejen worden.
Sbelettfunde bei Hahdau.
Bei, Ausschachtungsarbeiten auf dem Gelände der Domäne
daydau bei Altmorschen stieß man auf Teile menschlicher Sbelette.
die aufgefundenen Schädel trugen noch alle Sähne. Vermutlich
at man es mit Soldatengräbern aus der Seit vor etwa 110 Jahren
zu tun, als die Russen durch Hessen zogen.
Jugendherbergen.
In unserer engeren Heimat macht das Jugendherbergswerk
ũchtige Fortschritte. So wurde die Jugendherberge Glashütke
eĩ, Siegenhagen innen und außen erneuert und durch lichte Farben,
aubere Betten und zweckentsprechende Matratzen recht anheimelnd
ind wohnlich gemacht. Am 12. September ijt sie durch eine Ein-
veihungsfeier ihrer Bestimmung ũbergeben worden. —
Der Vorstand des Knäullgebirgsvereins beruft die Mitglieder
er Genossenschaft „Jugend- und Wanderherberge Knäll⸗
iuf den 8. Oktober (J Ahr nachm.) zur Hauptversammlung in
ie Knüllherberge. Fragen technischer und sinanzieller Art sind
u erledigen. Im Anschluß daran findet die Jahreshauptbersammlung
»om KGEV. statt. —
Die „Dereinigung zur Erhaltung der Burg Ludwig—
tein“ hielt am 26. September in den Käumen der Burg eine
agung ab, zu der auch Kegierungspräsident Dr. Stoelzel, Sandes
at Dr. Schellmann und Jugendpfarrer Schafft erschienen waren.
ym Berichtsjahr wurde die Burg von rund 11 000 Personen aufgesucht;
uch fanden viele Tagungen in ihren Mauern statt. Der frühere
Zegierungspräsident Springorum wurde durch Ehrenurkunde zum
ʒchiemherrn der Burg ernannt. Notwendige großere Bauaufgaben
ind nur durch den freudigen Opferwillen der Aligemeinheit zu lsen.
Die hereliche Jugendherberge auf dem Spangenberger
5chloß ging wegen vollig mangelnder Benußzung ein. Die Er—
jnung der frũheren Forsischule auf dem Schloß steht bevor, und
o wird in die an geschichtlichen Erinnerungen und Sagen reiche
BZurg bald wieder der frijchfrohe Jägergeist einziehen, dem an
ieser Stätte schon Otto der Schütz ergeben war.
J Nachdeucs nur nach Abereinunft mit dem Herausgeber gestattet.
Herausgeber: Konrad Bernecker. Druch und Verlag: A. Bernecker. Meljsungen.
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