vergingen, und Kaupert hatte die Goldklumpengeschichte schon
beinahe vergessen. Da sieht er eines Tages seinen guten Freund
wieder den Schloßplatz herkommen und an der Hand seinen etwa
zwöõlfjährigen Jungen. Kaupert, in der Erinnerung an die Prũgel,
die er dem Bauersmann verabfolgte, machte sich hinter die Haus—
tür und beobachtete, was nun kommen würde. UAnd richtig! Der
Dater bleibt mit seinem Jungen vor dem Kaupertschen Hause
stehen, sieht es eine Weile gedanbenvoll an und spricht dann zu
seinem Jungen: „Junge, das wäll ich dä sahn, in dissem Huse
herrscht Ordnunge; fressen un suffen, was dä zum Halse ninn wäll,
awer — au ganz briminale Schläge“. K. D
Fritzekus.
In R. bei Homberg lebte vor längerer Seit ein sonderbarer
Kauz, der Fritzekus. Er war ein armer Schlucker und soff wie'n
Steinesel, wenn er was hatte.
Als Fritzekus fühlte, daß ihm der Tod beine lange Galgen-
feist mehr gewähren würde, sagte er: „Ich will aber erst was
haben von meinem Fell. Versaufen will ich's“. And er verkaufte
es für sechzehn Taler an die anatomische Klinik in Marburg.
Als das Geld bis auf den letzten Heller versoffen und es
auch jonst mit dem Alten Matthäi am letzten war, reiste er nach
Marburg, lebte dort nur noch wenige Tage und überließ seine
sterblichen Keste der Anatomie zu Studienzwecken. K.
FritzeLusöl.
Der Frißebus war schon eine ganze Weile tot und bald ver—
gessen im Dorf. Da wurde der Justus, der nicht so ganz hell
unterm Dach war, schwer krank. Hartleibig war er. Und der
Dobtor verordnete ihm Rizinusöl. Der Vater holte eine Flasche
voll in der Apotheke. und der Sohn sollte einnehmen. Aber
er Karl, sein Schulbamerad, jagte ihm einen Schrecken ein und
agte: „Das ist ja Fritzekusöl — Fett vom alten Freitzebus, der in
Marburg ausgebocht worden ist.“ Nun nahm's der Justus nicht
in, ließ sich auch durch bein gutes und Lein böses Wort dazu be—
vegen. Er wollte lleber sterben als Fritzekusöl trinken. Und so
jeschah es denn auch bald, daß er das Seitliche segnete. K.
Fahne, ich weihe dich.
Der Kriegerverein in Tripsdrill feierte sein Fahnenweihfest.
Der ganze Ort war ausgerückt, und auch die Bewohner der
nächsten Dörfer standen Mann an Mann auf dem Festplatze.
Jetzt Lam der große Augenblick, daß der Vorsitzende die
fahne dem Fahnenträger übergeben sollte. Er hatte sich dazu
eine jchöne Rede ausgedacht. Aber, wie das so geht, als er die
eingen wollte, o weh, da gab sein Gedächtnis nur die Anfangs-
vorte wieder: „Fahne, ich weihe dich ...“ Kunstpause, dann
olgten dieselben Worte, etwas ängstlich: „Fahne, ich weihe dich...“
Damit war's aber auch gänzlich aus, nichts von der ganzen wohl—
urchdachten Kede fiel dem Kedner ein, und, in seine Mundart
erfallend, jagte er halb erbost: „Da, höt Ehr see.“ Schw.
Immer was Neues.
Hännesche ging nun schon das dritte Jahr zur Schule, und
o fragte ihn denn eines schönen Tages sein Pedder: „Du, säg
emol, Pedderche, bie gett's da en dr Schul?“ Da machte der
Junge ein ganz schwernotsches Gesicht und meinte gedehnt: „Gutt,
dedder! Bann's bloß net alszu was Nauwes gebb. Bann mr
nennt, mr hett das Sesammezieh gelännt, bemmt schonnd die
Abzieherei, on bann mr die alecklich kann. gett's o das Deeln.
On so alszu wäs Nauwoes. Schw.
a⸗ 4 qæ
Vom Büuchertische der Heimat.
Frieda Bücking, Aufsätze und Briefe. Mit einem Geleit⸗
wort von Alfred Bock. Im Nuftrage von Verwandten und
Freunden als Privatdruck herausgegeben von Richard Uhde.
Mäünchen 1926, Marsplatßz 1.
Was hier, auch in äußerlich schöner Form, geboten wird, ist
nicht mehr und nicht weniger als das Vobument eines schönen
Lebens, das, in geistiger Weise sich gestaltend, fest und tief im
hessijchen Heimatboden wurzelte und zugleich in die Weite der
Welt sich erhob. Frieda Bücking, 1883 in Alsfeld geboren und
1925 in Casjel gestorben, war zweifellos eine der geistvollsten
Frauen, die der hejsijche Volbsstamm hervorgebracht hat. Sie besaß
nicht nur eine durchaus eigene Art, Welt und Menschen zu sehen
und zu erleben, sondern auch die Fähigbeit, diesem Erleben einen
durchaus eigenen Ausdruck zu geben. Dieser NAusdruck sind ihre
Aufsätze und Briefe, die größtenteils in der „Franbfurter Seitung“
erschienen sind und von einer umfassenden Geistesbildung wie von
einem lebendigen und reichen Gemütsleben fesselnde Beispiele ver-
mitteln. Es handelt sich hier um ein gutes Dutzend von Aufsätzen
erzählender Art aus Italien, Griechenland und — Hessen, vor
allem aus der Schwalm, und von diesen letztern ist zu sagen,
daß sie vielleicht das Beste sind, was in so anmutig plaudernder
Form je über Schwalm und Schwälmer geschrieben worden ist.
Die Verfasserin schöpft allerdings aus der Fülle eines starben,
persönlichen Erlebens, die Schwalm war ihr besonders ans Herz
gewachsen, und sie erfreute sich dort auch einer besonderen Beliebt
heit. Jeder Freund des hessijchen Volbsstums wird deshalb dieses
Buch mit Entzücken lesen, zu dem der Dichter Alfred Boch,
ein guter Bebannter der Verstorbenen, eine ebenso warmherzige
wie instruktive Einleitung gegeben hat. W. S.
Joseph Dillmann, Der alte Friedhof in Sachsenhausen
mit seinen heimat⸗ und Kulturbundlichen Wahrzeichen. Frank⸗
furt a. M. 1926. Englert 8 Schlosjer. 85 S. gr. 80.
Oor längerer Seit wurde an dieser Stelle ein prächtiges
Buch religiösen Volksstums „Auf Apostelpfaden in Franbfurt a. M.“
angezeigt. Der Verfasser dieses schönen Büchleins, der bebannte
Frankfurter Heimatforscher Joseph Dillmann, hat nun die Geschichte
eines alten Sachsenhäuser Friedhofs dargestellt. Das Werbchen ist
mit einer Reihe künstlerisch vorzüglicher Silder verziert und für die
Geschichte des Friedhofs wie besonders auch einer großen Anzahl
Frankfurter Familien wichtig. Es Lann warm empfohlen werden
für jeden, der sich mit Friedhofskunst und Friedhofsgeschichte bo—
assen will.
Frankfurt a. M. K. Wehrhon.
Fischer⸗Friesenhausen, Sehnende Seelen. Ein Buch der
Sehnjucht. 2. Folge. Neue Gedichte. 1.-8. Auflage, der Gesamt-
A——
Fischer·Friesenhausen ist und bleibt der Dichter der Liebe.
Wie aus allen seinen Werken, so blingt auch aus diesen Versen
mmer und immer wieder die Liebe, die frohe, jauchzende, glück-
iche oder auch die traurige, enttäuschte, zerstörte. Die Verse und
Keime haben etwas Sanftes, Weiches, Einschmeichelndes und
verden darum besonders dem weiblichen Geschlechte zusagen. Es
st ein eigener, unbeschreibbarer Hauch, der von diesen Dichtungen
iusgeht, wie wenn sich stiller, warmer Sonnenschein über blumen—
eicher Flur lagert.
Franbfurt a. M. K. Wobhrhan.
VDoll und Scholle, Heimatblätter für beide Hessen, Nassau
ind Frankfurt a. M., 4. Jahrgang, Heft 8: Dieterich, De. Julius
Zeinhard, Marburg und Hessen; Siegel, Gustap, Die Hessen-
Laselschen Truppen im Dreißigjährigen Kriege; Woringer, August,
die HessenCasselschen Chasseurs von der Armee; Becker, ODr.,
?duard Edwin, Schloß Ludwigseck; Brehm, Maria, Seltsamkeiten;
osch, Or. Philipp. Die Schlotheims in HessenCassel; Kleine
Zeiträge zur Volks- und Heimatlunde; Neues aus der Heimat.
familiennachrichten; Der Familienforscher. — Heft 9: Haupt,
)rof. Or. Georg, Die Kunst- und Historischen Sammlungen des
dessischen Landesmuseums und Friedrich Back; Kutsch, Ferdinand,
Ddas Landesmuseum Najssauischer Altertümer in Wiesbaden; Grill,
krich, Das Kunsthaus Heylshof in Worms; Siegel, Gustab, Die
dessen· Cafjeljchen Truppen im Dreißigjährigen Kriege; Leitolf-
Jöth, Emma, AltDarmstädter Geschichten; Beyer, Adolf, Nieber-
Jalls Totenmasbe; Sitterling, Richard. Theodor Koch-Grünberq;:
ferhard. Huberft. Albrecht Schwant.
Hessenland, Illustrierte Monatsblätter für Heimatjsorschung,
dunst und Literatur, 88. Jahrgang, Heft 8: Bopf, Dr. Die bur—
essische Verfassungsbewegung bis zum Jahre 1831; Woringer, A.,
kin hessischer Robinson; Schaefer, Dr. Bernhard, Der Hirsstein
m Habichtswald als Naturschutzgebiet; von Carlshausen, Rach-
lãnge zur Jahresversammlung des Vereins für hessische Geschichte
ind Landeskunde in Gelnhausen; Ruppel, Heinrich, Sommerregen;
zchwarzkopf, Nikolaus, Der Löwenzahn; Scheffler, Dre. W., Reu—
rdnung des Hersfelder Museums; Struck, Vr. Gustavb, Schick⸗
ilswege der Oper und ihr Kreislauf im Staatstheater 1925/26;
atwesen, A. Vom Schauspiel im Staatstheater; Ruppel, Heinrich,
zeife; Aus Heimat und Fremde. — Heft 9: Hopf, Vr. Die bur—
essische VBerfassungsbewegung bis zum Jahre 1831; Von der Drei—
undertjahrfeier der Aniversität Marburg; Braun, Ph., Kraut
ind Rüben. Erinnerungen eines Marburger Teutonen aus den
jahren 18651867; Wilson, Emmy, Die Lehrersfrau von
ßehiesdorf; Neuer Aufruf zu einer Jubiläumsspende an die
Universität Marburg; Aus Heimat und Fremde: Cauer. L.
Viedersehen u. a.