Swischen gemeldetem Eichhölzlein und dem Heidelberge (2)
haben die von Tabelshaußen einen Ort Holzes. Was sie von
Sehölze darin hauen, davon geben sie dem Herrn halben Forst,
denselben erlegen sie zu Homberg.
4. Schaftrift.
Von jedem „Perch“ müssen die Schäfer dem Herrn Landgrafen
jährlich einen Christhammel und ein Christlamm geben und geben
jetzt von 100 Stücken alles Viehes wie die von Ostheim 2 Gold-
gulden; ist aber das Hundert nicht voll, so müssen sie der Sahl
nach bezahlen. — Es hat aber die Kirche eine freie Schaftrift,
deren 200 Stück triftfrei gehen; was aber darüber ist, davon
mũssen sie gleich den anderen zu Tabelshausen dem Herrn Steuer
entrichten. Diese Vergũnstigung ist der Kirche durch Landgraf
Ludwig II. im Jahre 1462 gewährt.
Wenn uns auch die Geldbeträge der Steuern gering erscheinen,
so haben sie doch, da Geld eine seltene Ware war, sicher nicht
weniger gedrũckt als die heutigen Steuerbeträge. Daß die Ab—
Jaben teilweise in Naturalien — Hühnern, Schafen — gefordert
purden, beweist eben, daß man hohere Geldforderungen an die
Leute nicht stellen kLonnte. Hinzu bamen noch die Hand- und Spann-
dienste, die besonders in Kriegszeiten außerordentlich drückend wurden,
So verging die Seit. Von Krieg und größerem Unglück ver—
schont, lebten die Leute zufrieden ihre Tage. Da brausten Unheil
und Verderben im dreißigjährigen Kriege über deutsches Land.
Auch unser Dorf bekam sein übervolles Maß an Not und Tod
zu bosten. Die Bewohner mußten Kriegsfuhren oft bis nach
Westfalen hin machen für Freund und Feind; denn sowohl die
Katholischen unter Tilly (16204, 1625, 1626) und General Merode
1625 /26) wie auch die Evangelischen unter Herzog Christian von
Sraunschweig (April 1026) durchzogen das Fuldatal. Futter⸗ und
Lebensmittellieferungen mußten ausgeführt werden, so daß den
Leuten für ihre eigenen Bedürfnisse und für ihr Vieh oft wenig
übrig blieb.
Achtzehn schwere Kriegsjahre vergingen. Vor äußerster Not,
vor Brand, Plünderung und Tod war das Dorf bisher verschont
geblieben. Nun war das Jahr 16036 herangekommen und brachte
Unheil und Verderben im ÄÜbermaß.
General Göß belagerte mit seinen Kriegshorden, den wilden
und wüsten Kroaten, Stadt und Burg Homberg. Die Belagerung
dauerte längere Seit. Da durchzogen einzelne Abteilungen des
Heeres die Umgegend, trieben den Bauern das Vieh von der
Weide, forderten Lebens und Futtermittel, die die Bauern selbst
ins Lager beingen mußten. Da kam manch einer ohne jein Sug-
vieh zurück und mußte noch froh sein, wenn die rohen Kriegs-
mechte ihm das Leben gelassen hatten; denn Mord und Totschlag
waren an der Tagesordnung. Auch die Leute von Dagoberts—
haujen hatten viel zu leiden.
Das Dorf lag damals noch nicht so dicht um die Kirche herum
wie heute, sondern die Höfe lagen einzeln. Bis nach Elfershausen
hin. das damals noch keine eigene Kirche hatte, lagen die Häuser
Dom Pulsschla
Das Lullusfest in Hersfeld.
Es ist ein gutes Seichen dieser sonst nicht gerade erfreulichen
Zeit, daß man die Liebe zur engeren Heimat pflegt, daß man alte
Oolbssitten in Ehren hält und neu zu beleben jucht und in Heimat—
nujeen die Erinnerung an der Väter Seiten wach erhält.
Auch die Erhaltung und Neubelebung alter Volbsfeste ist er—
vüũnscht, vorausgesetzt, daß jede ÜÄUbertreibung vermieden wird.
Es ist z. B. recht bedenblich, wenn „jur Hebung des Fremden-
perbehrs“ oder aus sonst einem schönen Grunde, in einer Sejit,
die doch immer noch Notzeit ist, allzuoft Lostspielige Veranstaltungen,
denen man schwer widerstehen bann, auf dem Peäjsentierteller
gereicht werden. Gute Volbksfeste müssen durch sich selbst wirken. —
wenig kbosten und allen zugänglich sein.
Nicht jede Stadt hat wie Hersfeld das Glück, ũber ein rechtes,
echtes Volbsfest zu verfügen, das Lullusfest, das durch seine Eigen-
artigkeit außerordentlich stark wirkt. Lullus ist der Gründer Hers—
felds. So steht es auch am alten Lullusbrunnen vor dem Kathaus
geschrieben, allerdings lateinisch: Conditor (S Begrũnder), welches
Wort schon manchen Lejer zu dem falschen Schluß verleitet haben
joll, Lullus sei Konditor gewesen. Nein. Luilus war weder
Konditor noch Bäckermeister, sondern Abt und Nachfolger des
Bonifazius auf dem erzbischöflichen Stuhl in Mainz. Er starb am
16. Oktober 181. und dieser Tag wurde im Jahre 852 zux Er—
erstreuf. Drangen nun die Feinde in solch einen einsamen Hof
ein, so bonnten sich die Leute gegen eine Plũnderung nicht wehren.
Vurden sie dagegen das Herannahen der Feinde gewahr, so
lüchteten sie mit ihrem Vieh hinter die starken Kirchenmauern und
varen für den Augenblick in Sicherheit. Die Feinde wagten sich
ann nicht heran:; denn gar gefährlich drohten aus den Schieß-
charten einige Büchsenlaͤufe, die die um ihr Leben besorgten
Zroaten zurũckschreckten. Sie hörten wohl das blöbende Vieh,
nußten aber ohne Beute abziehen. Aus Wut steckten sie bald
ier, bald dort ein Haus in Brand und schwuren dem Dorfe und
einen Bewohnern blutige Kache.
Da eroberte der General Göß die Burg Homberg, weil sich
ie Verteidiger wegen Wassermangels (eine Magd war in den
Brunnen gefallen) nicht mehr halten bonnten.
Nun wälzte sich das siegreiche Heer im August 1636 gegen
slorden. Den Hommerweg (Homberger Weg) bamen die Scharen
erab. Sum Teil hatten sich die Leute in die nahen Wälder
eflũchtet; andere suchten bei der Kirche Schuß. Aber gegen die
tarben Kriegshaufen bonnten die Mauern nicht lange schützen.
NMit Kanonen zerschoß der Feind die Tore. Brandbkugeln flogen
ns Kirchendach und zündeten im Gebäll. Bald waren Kirchhof
ind Kirche erstürmt, obwohl sich die Bauern mit ihren Waffen,
nit Axten und Sensen tapfer wehrten. Aller Widerstand war
ergeblich. Nur wenige Leute bonnten entrinnen. Männer, Frauen
ind Kinder wurden von den entmenschten Scharen erschlagen, ja,
neist schrecklich zu Tode gequält.
VDom Turm holten die Feinde die Glocken herunter, aus der
rennenden Kirche raubten sie die Orgelpfeifen. Das Vieh trieben
ie von der Weide fort; die Ernte auf den Feldern vernichteten
ie; jeden Wertgegenstand aus den Häusern nahmen sie mit.
Dann steckten sie die leßten Gebäude in Brand.
Als nichts mehr zu rauben war, zogen sie ab. eine rauchende
crũümmerstätte hinter sich lassend.
Als endlich sich die gefluͤchtelen Bewohner wieder ihrer Dorf⸗
tätte näherten, sahen sie nichts als Jammer und Elend. Hier
anden sie erschlagene Freunde, dort lagen halbverbohlte Leichen
inter Brandtrünmmern. Und wo am Worgen noch ihr liebes Haus
zestanden hatte, war ein Haufen rauchgeschwärzter Steine der
raurige Äberrest.
Das Heim verbrannt, liebe Angehörige geschändet und ge—
õtet, die Gärten zertreten, die Felder verwüstet, das Vieh ge—
aubt, wer bönnte sich das Elend der Übriggebliebenen ausmalen?
Da mag sich mancher auch den Tod gewünscht haben.
Aber das Leben geht weiter, und die Seit heilt auch den
eftigsten Schmerz. Die bei der Vernichtung des Dorfes verschont
ebliebenen Leute bauten sich zuerst im dichken Walde Hütten von
daub und Gezweig. Sorgsam waährten sie das wenige gerettete
dieh, ihren einzigen dürftigen Reichtum. Ausgestellte Wachen
eobachteten die Gegend, ob vielleicht der Feind zurückkäme; aber
der zog andere Wege und brachte Tod und Verderben in viele
Hrte des Hessenlandes. GSchluß jolgt.)
g der Heimat.
nnerung an Lullus zum bkirchlichen Feiertag bestimmt und somit
as Fest eingejetzt, das wir heute noch als weltliche Feier begehen.
In alten Seiten hatte das Fest für die Hersfelder auch eine
vietschaftliche Bedeutung. Dreĩ Tage und drei Nächte herrschte
Lollsfreiheit“‘. Da brauchten Metzger und Bäcker beine Abgaben
iuf ihre Waren zu zahlen. Auswärtige Biere und Weine, auf
enen jsonst beträchtliche Steuern lagen, bamen frei in die Stadt.
die Stadtverwaltung jselbst ließ eine große Hütie auf dem Marbkt
lufschlagen, in der gegessen, getrunken und getanzt wurde.
das Feiern ist dann sörmlich übertrieben worden, und es wird
vohl seinen guten Grund gehabt haben, wenn der Oberschultheiß
ßrußemann im Jahre 1790 glaubte einschreiten zu müssen. Er
oollte sogar gleich das Kind mit dem Bade ausschũtten und machte
er Casseler Regierung den Vorschlag, das Aufschlagen der Hũütte
ind das Auftreten der Musikanten zu verbieten, „in welchem
falle das sogenannte Lullusfest mit der Seit von selbsten aufhören
ind gänßzlich eingestellt werden dörffes. Die Antwort lautete
iber, daß „es zwar bey der jährlichen fayher dieses festes jein Ver—
leiben haben, von Euch aber auf Erhaltung guter Ordnung dabeh
munterbrochen gesehen werden soll“.
So war das Lullusfest gerettet. Es wäre auch sehr bedauer—
ich gewesen, wenn das ganze Fest wegen törichter Übertreibungen
in vorzeitiges Ende gesunden hätte. Denn außer den erwähnten
festfreuden als Folge der „Lollsfreiheit“, die später ganz auf—
ehoben wurde. wies das Lullusfest dreierlei auf. was das