Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Das Dorf wird bereits 1370 als landgräfliches Gericht ge 
nannt. Im Dorfe bestand aller Wahrscheinlichkeit nach ein heer⸗ 
jchaftlicher Freihof. Sicher war es ein im Dienste des Land⸗ 
grafen stehender Lehnsmann dieses Hofes, der von 1370 bis 1399 
SBurgmann in Meljungen war. Er hieß Hellwig von Tabolds. 
husen. Im Jahre 1453 hielt Landgraf Ludwig J. in unserem 
Dorfe einen Schiedsstag ab. Landgraf Ludwig II. verlieh im 
Jahre 14710 wiederum einem Hellwig von Taboldshusen einen 
Burgsitz in Melsungen am Rotenbuͤrger Tor. Das Geschlech 
icheint dann ausgestorben zu sein. Ob es ein Adelsgeschlecht war, 
ijt nicht erwiesen, auch nicht wahrscheinlich; jedenfalls handelt es 
sich um einen Herkunftnamen. Mit dem Burgsitß in Melsungen, 
den die von Taboldshusen innehatten, wird im“ Jahr 1508 ein 
Johann Nordeck vom Landgrafen Wilhelm IV. belehut. Nach einer 
Arkunde von 1585 befindet 
sich auch der herrschaftliche 
Hof im Dabelshüjser Feld 
im Lehnbesitz der Herren 
von Nordeck. 
Noch im 18. Jahrhundert 
ist dieser landgraäfliche Frei— 
hof nachweisbar. Am 15. 
März 1714 wurde er zur 
Haãlfte der Witwe des Johann 
Kothe zu Dagobertshausen 
auf 12 Jahre verpachtet 
gegen 8/2 Diertel Frucht 
und die Verpflichtung, sobald 
der Landgraf ins Feld zog, 
ihr bestes Pferd zum Vor— 
jpann an die Geschütze zu 
geben. Vermutlich verblieb 
diese Hälfte des Gutes der 
Familie Kothe in Erbpacht, 
und der Pächter wie auch 
der des anderen Teiles 
wurden im Jahr 1801, als 
im Königreich Westfalen alle 
Lehen für freies Eigentum 
erbllärt wurden, Eigentümer 
der Höfe. Jedenfaälls ent— 
prechen noch jetzt die beiden 
größten Höfe des Dorfes 
Getzige Besitzer: Bürger⸗ 
meister Heinrich Kothe und 
Friedrich Maurer) den beiden 
Hälften des ehemals land⸗ 
grãflichen Hofes. 
Um das Jahr 1400 
jcheint im Dorfe ein ziem⸗ 
licher Wohlstand geherrscht zu 
haben. Das beweist der Bau 
der verhältnismäßig großen 
Kirche. der von Sr. Holt- 
meyer in diese Seit verlegt 
wird. Damals gehörte däs 
ganze Dorf noch dem Land— 
grafen; Abgaben brauchten 
nur diesem entrichtet zu 
werden und waren wohl noch nicht allzu hoch. Vom Krieg war 
die Gegend lange verschont geblieben. Ba schuf man denn ein 
Gotteshaus, das sicher zu den schönsten und interessantesten Hessens 
gehört (Sage vom Bau der Kirche s. HeimatSchollen Rru 6 1926.) 
Das Herbeischaffen der gewaltigen Menge Sandsteine mußte 
durch Hand- und Spanndienste der Sewohuer unentgeltlich be⸗ 
sorgt werden. Bausachverständige Mönche und wohl auch geübte 
Steinmetzen wurden vom Kloster Hersjeld, dem ja die Kirche 
unterstand, hierher gesandt. 
Die Kirche wurde als feste Wehrkirche angelegt. Sie sollte 
den Leuten nicht nur Gotteshaus sein, sondern auch eine Sufluchts⸗ 
stätte, wenn feindlicher Überfall drohte. Ein mãchtiger Turm — 
wie ein Bergfried — mit meterdicker Mauer wuchs empor. Eine 
leicht zu verteidigende Wendeltreppe führte zu dem oberen Teile 
des Turmes. Die Mauern wurden mit Schießscharten versehen. 
Ganz oben wurde ein Wehrgang angelegt mit vier Schießscharten 
nach jeder Himmelsrichtung. NRur uüͤber der Mille des Turmes 
befand sich vermutlich ein Dach, das die Glocken jchützte. Der 
Wehrgang war offen. Das sich hier sammelnde Kegenwasser floß 
durch die noch jeßt vorhandenen Wasserspeier — kunstboll in Stein 
gehauene Affen — nach außen ab— 
Das Kirchenschiff, wie auch die hohen Türen — mit Aus— 
nahme von einer — und die Fenster zeigen den gotischen Baustil. 
Eine starke Mauer schloß in weiter Kunde die Kirche ein, 
Kaum lahssend für die Leute und ihr Vieh in Notzeiten. 
Manchmal mag die Kirche ihre Angehsrigen geschützt haben. 
Venn in den Kaämpfen zwischen den Ländgrafen und den Erz⸗ 
oischofen von Mainz die feindlichen Scharen von Fritzlar und Fels 
erg Lommend ins Fuldatal nach Melsurngen zogen, waͤren Menschen 
ind Tiere hinter den starken Mauern in Sicherheit. 
Nach der Synode in Homberg am 21. und 22. Obtober 1326 
purde auf Anordnung des Landgeafen Philipp die Keformation in 
hessen eingeführt. Auch in unserer Kirche wurde nun evangelischer 
Sottesdienst abgehalten. An die vorreformatorische Seit erinnern 
noch die beiden Weihwasserbecken an den Türen, die Nische an 
der Sũdwand, in der sicher 
ein Heiligenbild stand, und 
das Sabramentsschränkchen 
im Chor, das mit einer hand⸗ 
werksmäßigen Kreuzigungs- 
gruppe geschmückt ist. 
NMachdem wir so einiges 
»om Bau und von der ersien 
Beschichte der Kirche gehört 
)aben, wenden wir uns nun 
wieder dem Leben der Be— 
wohner zu. Kümmerlich war 
noch immer der Ertrag der 
Felder, schwer und hart die 
Arbeit mit den z. T. unge⸗ 
ũgen Werkzeugen. Die Drei⸗ 
felderwirtschaft herrschte noch. 
Der größte Teil der Ge— 
narkung war Weide und 
Hute. Davon zeugen noch 
heute einige Flurnamen, 3. 
B. waren die Wuhlländer 
VDolbsmund: Wullän) der 
HPlatz des Schweinehirten und 
einer Schar, an der Schäfers- 
ecke fanden die Schafherden 
ihr Futter, wenn sie nicht auf 
den brachliegenden Ackern 
grasten, und auf der Kuh— 
olatte und dem Kuhplatz 
veideten die Rinder. 
Außer ihrer eigenen 
Arbeit hatten die Bewohner 
dem Landgrafen mancherlei 
Hand und Spanndienste zu 
kun und Abgaben zu leisten; 
so hatten sie 3. B. die Pflicht, 
den Müuühlgraben der land— 
gräflichen Mühle zu Körle 
zu reinigen und instand zu 
halten. Ein Abschnitt des 
„Milßunger Sahlbuches von 
15715* berichtet, daß das 
Dorf Tabelshaußen vor un— 
gefähr 33 Jahren (also etwa 
540) mit dem Dorfe Ostheim durch Verjügung des Landgrafen 
Wilipp aus dem Amt Homberg genommen und in das Amt 
Milßungen geordnet sei. Über die Steuern und Abgaben der Se— 
vohner zu Taboldshaußen wird in dieser Urbunde folgendes bestimmt: 
1J. Steuern und Abgaben: 
Land- und Bausteuern müssen sie gleich den anderen im Amt 
errichten und geben. Es haben aber die von Wallenstein darin 
zween Mann, dieselben sagen, ihre Junbern habens ihnen ver— 
hoten zu tun. Insgesamt müssen die Bewohner geben 
zu Walpurgis 1 Goldgulden zu Ruhegeld, 
zu Michaelis 2 Goldgulden zu Ruhegeld, 
20 Albus Weinfuhrgeid, 
lAlbus Dreschergeld. 
2. Kauchhühner: 
So manch ein Haus, darin ein Kauch wird gehalten, so manch 
ein Huhn müssen sie dem Landgrafen geben. „Derjselben jeynd 
ß und mit dero von Wallenstein zween Männern — 28* 
3. Gehölze. 
An dem Eichhölzlein nach der „Grünins Mähle“ hat der 
Landgraf den vierten Pfennig an allem, was darin gefällt wird. 
A A yAO 
VDV— 
Hersfeld mit dem Leu im Wappen, teure, traute Heimatjstadt, 
Deine Giebel, deine Gassen nie dein Kind vergessen hat. 
Kaiser zogen deine Straße, und dein Nam' war hochgeehet, 
Da du schon vor tausend Jahren standest kühn und sturmbewehrt. 
hoch am Rathaus hängt durchschossen Engerns stolzer Rilterhut, 
ündend als ein warnend Seichen Bürgersinn und Bürgermut. 
Und ob auch des Stiftes Kirche ward zerstört durch Feuers Macht. 
himmelan stehn Turm und Mauern, Seugen ihrer alten Pracht. 
Und du, alte Klosterschule, ewig jung in Glanz und Flor, 
Emsig ziehen die Scholaren ein in deiner Weisheit Tor. 
Wer in deiner Geistesschmiede als ein Lernender je stand, 
Weihte freudig seine Kräfte dem geliebten Daterland. 
Mocht es stũrmen, wettern, toben um die alte Lullusstadt, 
Immer gab's ein Grünen wieder, nichts dich überwunden hat. 
Kleinod du im Hessenschilde, durch der Bürger Tugend reich, 
Blühe noch durch manch Jahrtausend, der Germaneneiche gleich! 
Oertont von Fritz Hoffmann. Karl Vöolkber. 
A äA-. CA CC
	        
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