Sebanntlich sei der Lindenberg vor der Stadt zu einem hepflanzt, so daß nach wenigen Wochen die Melsunger ihren wüsten
sffentlichen Vergnügungsplatß sehr geeignet, wenn er auf der Ober. Hüugel nicht wieder erkannfen. Am Geburtstage des Kurfürsten —
läche geebnet und mit schicklichen Pflanzungen besetzt werde. Es 8. 1. 1831 — sollte der Platz eingeweiht und der ðffentlichkeit
ey dieses bey dem WMangel solcher Anlagen hierselbst auch der bergeben werden. Das gab ein Fest für die ganze Stadt.
allgemeine Wunsch der Surgerschaft. Die Kosten der Einrichtung Die Kompagnie jollte zum erstenmal öffentlich auftreten und
vũrden sich nicht ũber 50 Ktle. belaufen, und wenn man Straj- uuch Peoben ihrer Schießkunst ablegen. BSürgermeister und
rbeiter dazu verwende, würden die Kosten noch beträchtlich nie- Städtrat wurden als Ehrengäste besonders eingeladen. Um 11
driger Lommen. Man Lonne auch säumige oder zahlungsunfähige Uhr trat die gesamte Kompagnie —4 Offiziere, 20 Anteroffiziere,
Kammerey-Schuldner zur Arbeit verwenden. Ser Stadtrathh sSpielleute und 1800 Mann — auf dem Markbtyplatz an. Nach
verde deshalb gebeten, dieserhalb einen bestimmten Schluß zuͤ rfoligter Aufstellung wurden die Gewehre in Rotten zusammen-
fasen und die Zusführug der Onlage, dem Kreissebretär zu über, jestellt, und unter dem Klang der Kirchenglocken schritt man zZum
laßen. Demnächst solle dem Stadtrath die Nachweisung gestellt ßotteshaus, um an dem festlichen Gottesdienst teilzunehmen. Rach
werden. Seendigung stellte sich die Kompagnie zur Parade auf. Ganz
Seschlud: Der Stadtrath genehmigt den Vorschlag gern; Nelfjungen umsaumte den Platz. Manch Frauenauge schaute mit
erblärt sich bereit zum Beitrag der angetragenen erforderichen Stolz auf den einzelnen Mann, der ihr besonders nahe stand.
Hilfe mĩt Geld und Strafarbeiten oder Kaãmmereyh⸗Schuldner und Zuf der Kathaustreppe stand die gesamte Stadtoerwaltung, vorn
slelit burfürstlichem Kreisamt anheim, die Genehmigung Kurfürst· her Bürgermeister, der mit Stolz aufj „jeine Bürgergarde“ blickte.
licher Kegierung auszuwirben. Leise unterhielt er sich mit Hauptmann Wagener. Da melden
Der Magistrath ie Offigiere· Wagener wendet sich der Kompagnie zu. Trommel⸗
Lotz, Müller, Naumann, Kiemann, pirbel erschallt. Kommando ertönt. Und nun fliegen die Gewehre
Leibrod, Sänger, Wassermann, in die Schulter. Alle Griffe werden gezeigt. Die Zuschauer
Lowe, Eysel, Kiemann, Worst, ufen Beifall. Die Truppe seht sich in Bewegung. Die Tambours
Wagener, Kreissebretär.“ chlagen einen Marsch. Mit angefaßtem Gewehr in dröhnendem
Der Beschluß wurde durch das Kreisamt umgehend der darademarsch jührt der Hauptmann seine Kompagnie als besondere
Kegierung vorgelegt. Nach baum 14 Tagen schon traf die Ant. Ehrung am Stadtrat vorbei. Die Spitze schwenkt in die SBrũcken⸗
vort ein: jasse und jeßt gehts im Gleichschritt zum Lindenberg. — Leider
Auszug aus dem Communal- und Instituten-Protobolle der jt in den Abten beine Aufzeichnung über das Fest selber. Es
Kegierung der Provinz Niederhessen. st aber nach anderen Notizen anzunehmen, daß Wagener die
Kassel, am 19. April 1881. Anlage feierlichst der Stadt übergab und gauch der redegewandte
Nre. 940. Das Kreisamt zu Melsungen berichtet wegen Einrichtung ßũrgermeister das Wort ergriff. Bald halite der Platz vom
eines wüsten Hügels, des s. g. Lindenberges bei der Siadt donuer der Gewehre, und ein schönes Volbsfest spielte sich hier ab.
Melsungen zu einem öffentlichen Vergnũgungsplatze. deider endete der Tag mit einem ernsten Mißllange. Der Bürger-
Sejchluß:“ Die beabsichtigte Anlage (unleserlich), daß die garde schien der Plaß nur für ihre Swecke geschaffen. Das hatte
deshaibigen Kosten, soweit sie nicht durch eine zu veranstaltende uin dem Tage schon zu bleinen Reibungen geführt. Am Nachmittag
Subskripiion unter den wohlhabenden, insbesondere den nicht daten die beiden amtierenden Schießmeister den Burgermeister,
m dgemeinheitlichen Verbande stehenden Bewohnern von den Ehrenschuß für den Kurfürsten abzugeben. Der BSürgermeister
Melsungen zu decken sind, aus der Kämmereykasse bestritten war über diese Ehrung ganz besjonders erfreut. Mit den Offizieren
perden wird genehmigt und hat das Kreisamt hiernach das ind dem Stadtrat trat er zum Schießstand, um den Schuß zu tun.
Nötige einzuleiten und zu verfügen. Da krat ihm ein Bürgergärdenmitglied — den Namen wollen wir
Die Anlagen des Berichts gehen hierbei zurüch. ieber verschweigen — eñntgegen und wehrte ihm, sein Vorhaben
Hasjenpflug.“ nit den Worten „Ein Fremder darf hier nicht schießen und muß
Wagener ging entschlossen an die Ausführung des Planes. udem noch ¶Silbergroschen zahlen.“ Das war eine Beleidigung
30 Kilr hatte ihm die Stadt bewilligt. Am 8. Moi 1881 es Surgermeisters und des Kurfürsten. Bürgermeister und Stadt⸗
vandte er sich in einem Schreiben an die hier bestehende „Kasino- ai verließen sofort den Platz. Wagener verlangte eine sosortige
Jeselljchaft· und in einem weiteren Schreiben an die Einwohner. ẽntschuldigung des Attentäters. Es bam zu unliebsamen Aus-
Diesmal mit Erfoig. Am Lindenberg waren unterdessen Arbeiter inandersehungen. Der Hauptmann verließ — da man seinen
lätig. Gräben wurden eingeebnet; der Steinbruch zugeschüttet, neue vohlmeinenden Kat nicht umgehend befolgte, den Platz und teilte
Spaͤzierwege angelegt, der Schießstand geschaffen und alles mit ver - im selben Abend noch dem Siadtrat mit, daß er sein Amt als
ledenarlisen und auch gar seltenen Baumen und Sträuchern schön dauptmann der Bürgergarde nioderlede.
Dom Pulsschlag der Heimat.
Schnurrpfeiferecien.
Konrad Gutmann.
Sommermorgen, Dämmerung huscht von Hügel zu Hügel der
Knũllandschafl. Dunkble Gestalten eilen dem Sandsteinbruch zu,
zer dort im Felde eines Dorfes liegt. Kaum schaut, die Sonne
iber die höchsten Knüllberge, erblingt schon das, eintönige Pinb-
Pink ihrer „Spitzen“, mit denen sie die Sandsteine letzter Hand
m Steinbruche zu Ouadern formen.
Anter diesen Arbeitern befindet sich auch Konrad Gutmann.
Das ist kein Schwälmer, nein, ein „Langhöher“, ein Mensch, nahe
den Breißigern, blaß jein Gesicht, dünn sein Bart. Er wird von
allen ein bißchen über die Schultern angesehen. Konrad Gutmann
hat schon ein paar Jahre hinter eisernen Gardinen im Suchthaus
zugebracht. In Beziehung auf mein und dein bennt er näãmlich
lemen Unterschied, er heißt mitgehen, was niet. und nagellos ijt.
So wars auch diesmal gewesen: Nacht, Mondenschein, vor
'hm ein Garten mit Gackgomern (Gurken); weit und breit bein
Mensch zu sehen und zu hören. Das mußte Konrad Gutmann
berleiten, alsbald in den nuͤr von einer „durchlässigen“ Hecke, mit
einer unberschlossenen Brettertür umgebenen Garken einzusteigen
und die Gurben zu lesen, die ihn nichts angingen.
Er hatte sich garstig verrechnet. Gerade war er am Einpacken,
da tauchte der Herr des Gartens auf, und Gutmann erhielt von
hm eine gesalzene Tracht Prügel „auf Abschlag“. Dann wurde
ex auch noch angezeigt. Ein bißchen knollig (viel)!
Das Gericht faßte die Sache mild auf und verurteilte Gulmann
nuer“ dazu. daß ihm 25 aufgezählt werden sollten. Das war damals so.
Diese Prozedur, die Guftmann aus seiner Zuchthauszeit zur
Henüge Launte, drũckte auf sein Gemũt. Er dachte: Wie fängst
u's schlau an, daß die „gefühlvolle“ Geschichte diesmal mild ver⸗
ãuft. Kichtig, jetzt hatte er's.
Am WB. Juli sollte er sich die Tracht holen. Schon wochen⸗
und monatelang sammelte er alle Buchenasche, die bei seiner
Aeinen Wirischaft abfiel, geduldig zusammen, und als er am 25.
Jull in aller Herrgottsfrühe langsam und bedächtig nach Neidiffele
chlenderte, trug er einen dreiviertel gefüllten Sack mit Buchen-⸗
dizasche auf der rechten Schulter. Die Asche verhandelte er dem
zeifensieder, ging bis zwischen die Gärten vor dem Städtchen und
zand sich da den Aschensack um den gefährdeten Korperteil. Dann
chritter stolz wie ein Spanier auf das Amtsgerichtsgebãude los.
Gleich empfing ihn der Gerichtsdiener und meinte ingrimmig:
‚Willst die wohl dein „Trabtement“ holen?“ „Wie Ihr jeht, ja“,
intwortete Guimann. „Warte elin paar Augenbllcke, ich will's
dem Herrn Amtmann sagen, der muß dabei sein.“
„Es eilt mir gar nicht. ich warte gern“. bemerkte Gutmann
dazu mit Galgenhumor.
ODer Amsmann und der Gerichtsdiener Lamen nur zu bald,
ind der Amktmann befahl sogleich barsch, daß Gutmann in den
Zeller geführt werden solle. Dort wurde er auf einen hölzernen
Sock geschnallt, der sür derartige Swecke da stand. und der
Herichtsdiener sing an, seine Pflicht zu tun.
Kaum jsauste aber der erste Hieb pfeifend nieder, füllte sich
ruch schon der bleine Kaum so mit Aschennebel, daß sich der
rũckend auf die Atmungswerklzeuge des Amtmanns legte. Und
als der dritte Schlag herniederfuhr, da wurde das so arg, daß der
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