Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

„eimat· Schollen 
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatbkunst 
5 Erscheinun ise Amal monatlich. ezugsprei im Vierteljahr. Frũhere l 
Nr. 17 / 1926 sunaee noch and zugehreis tie enn endodher 6. Jahrgang 
Das Kirmeskleid õ Von Heinrich Kuppel. 
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„Sol — für dies Jahr wäre das Ackerwerb mal wieder 
getanl“ sagte der Kehreshofbauer mit zufriedenem Kopfnicken 
ind setzte sich zum Abendessen an den Tisch. Heute hatte 
er die letzten Stoppeln gestürzt und damit die Feldarbeit 
eschlossen. 
„Nun können wir Kirmes feiern“, meinte seine Tochter 
Lene und lachte ihn so von der Seite her an. 
„Wer Geld hat, bann Kirmes feiern. Dergiß das nicht, 
Mädchen!“ mahnte der Dater und warf einen wohlwollenden 
Slick auf die rank und schlanb gewachsene Tochter. 
Die Lene dachte, der Dater sei beiĩ guter Laune wie 
nicht alle Tage, und die Gelegenheit müsse sie wahrnehmen. 
Sie nahm sich also vor, mal leise auf den Busch zu blopfen, 
vwie's denn um ihren Kirmesstaat bestellt sei. Doch ehe sie 
noch etwas sagen kbonnte, trat der Ellervater ein. Der kam 
aus seinem Auszugsstübchen und setzte sich mit an den Tisch. 
Schweigend aßen sie. Nur selten fiel ein kurzes Wort. Der 
Dater wischte schon sein Taschenmesser ab und ließ es hör— 
bar einschnappen. Da hob Lene rasch den Kopf und meinte 
jo leichthin zur Mutter: „Soll ich morgen nicht nach Hors- 
teld fahren?“ 
„Ich weiß nicht, Mädchen, frag den Vater!l“ 
NMach Heesfeld?“ fragte der zurück. „Was willst du 
denn in Hersfeld?“ 
Ach“, zögerte die Tochter, „da wär so mancherleĩ zu tun.“ 
So mancherlei — was ist denn das für mancherlei?“ 
„Nun“, fiel die Mutter ein, „Zu holen gibts genug: 
Kosinen für die Kuchen, und Simt und Sucker und Musbat— 
auß — und was alles noch.“ 
„Hat das der Krämer-Ott nicht auch?* 
S shon“, gab Lene zaghaft zu. „aber —“ 
„Nun was denn: aber?“ 
Ein Kirmesbleid hätt' ich sehr nötig.“ 
Ach so, das ist das mancherleil“ lachte der VDater. 
Ich wußte doch, daß da noch was dahinter stecktel Nun, 
Mädchen, das muß ich erst noch mal mit deiner Mutter 
esprechen. Denn so geschwind schießen die Preußen nicht. 
da sind die vielen Abgaben — grawittisch“) könnte man 
‚erden vor lauter Steuerzahlen — und dann der Schuster, 
er Schneider, der Schmied und der Wagner, und Gott 
lls wissen, wer sonst noch alles mit einer gepfefferten 
zechnung kommt. Jeder denbt, jetzt hat der Sauer ein 
aar Sack Frucht verkauft, und da geht ihm das Geld nun 
wig und drei Tag nicht aus. Ach, wär's nur jol“ Der 
hater seufzte. Und die Tochter seufzte noch tiefer. „Ich 
eiß ja, Mädchen“, fuhr der Dater fort, „daß du das ganze 
ahr geschafft hast wie ein Mannsberl. Und deine Mutter 
nd ich und die Jungen, wir alle haben uns geplagt bis 
ufs Blut. Und der Ellervater hat Haus und Hof gehütet. 
Aber wo ist denn nun der Ertrag all unserer Arbeit? Hin 
st er. Wenn wir noktdürftig leben Lönnen und nicht unter 
je Käder Lommen. müssen wir zufrieden sein. Nicht wahr, 
dater ?“ 
„Jaja!“ nickte der Ellervater. „Es kbönnt noch schlimmer 
ein. Hrum seid zufrieden!“ 
Die Brũder gingen in den Stall und fktaten da, was 
hnen oblag. Die Lene räumte ab. Der Dater und die 
Nutter sprachen von dem Kirmesbleid der Tochter und 
amen überein, daß man das sparen könne. Sie wußten 
vohl, daß die Therees und die Trud vom Schabackerhof 
en Ton angaben in dem Mädchenchor des Dorfes. und 
h ratlos. 
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