„Herr Lehrer,“ rief er aus, „was battet das all, ich
sein für Ordnung und Keinlichkeit. Sauber geputzt ist halb
gefüttert. And dafür sein ich nicht nur beim VDieh, sondern
hauptsächlich auch bei meinen Leut, und natürlich spür ich
has am beften an mir selber. Wenn mir im Sommer der
Heusamen auf den Rippen hängt, dann gehts am Sonntag
die bolle Bütt. Ja, in die große Dickwurzbütt, die da
neben steht. — Ei, ist das eine Guttat, Herr Lehrer, wenn
sich der lange Börnges in der Familienbütt plarrert und
schurrert, und das so gründlich, daß das WMasser bis an die
Stalldecke spritzt. Gucke Se, das ist ganz unschenieelich,
denn man sitzt ja in seinen vier Wänden. Sehen Sie, so
waschen sich die Börnges. So hat's mein Dater gemacht,
o mache ich es wieder, und so machens auch meine Kinder.“
Der Scheck schwang jetzt den triefenden Schwanz so
wirkungsvoll im Kreise, daß sich Heer Keinig nur durch
einen raschen Sprung in die offene Stalltüre vor weiteren
nassen Überraschungen retten bonnte.
„Was sagen Sie dazu, Herr SBörnges,“ rief er von dort,
wenn Höckershain eine Badeanstalt bebäme! Da bräuchten
Sie beine Familienbütt mehr und kLönnten den Heusamen viel
bequemer entfernen.“
„Herr Lehrer.“ schrie der Bauer, „ich glaube, Sie
machen Spaß. Aber wenn Sie das im Ernst meinen, dann
müssen Sie wissen, ich jein beim Gemeinderat und habe da
auch mitzureden. So eine Badeanstalt, das ist vornehmes
Gezeug. Die Stadtleute mögen sich gegenseitig das Wasser
frübe pullen. Aber diese Beijassenanschläg taugen nichts
für unser Dorf. Ei, die Schwernot noch einmal, nackig in
der Welt herumzulaufenl Da müßte man sich ja vor Gott
und allen Leuten schämen. Nein, Herr Lehrer, das machen
die Höckershainer nicht, und die Sörnges bleiben bei der
Dickwurzbũtt. Nun nichts für ungut, Herr Lehrer, aber
wenn wir einig bleiben wollen, dann kommen Sie mir nicht
mehr mit solchen Späß.“ Sur Bebeäftigung dieser Meinung
schlug der Bauer mit der geballten Faust so heftig an die
Stalltüre, daß der Schellero) blirrte. —
Als Herr Keinig seiner Wohnung zuschritt, dachte er
darüber nach, wie man wohl Enttäuschungen in Erfolge ver⸗
wpandeln könne. Diese Bauern, das waren Dickköpfe. Die
—VD noch
so segensreich war. Er hatte aljo mit jeinem Plane einen
jchweren Stand. Und wenn er vorwärts bommen wollte,
dann mußte er weiter gehen. Die Herren am Kreisamt
würden ihm sicher helfen und zu einer entscheidenden Sitzung
nach Höchkershain kommen. Das waren Kespeltspersonen
für die Dörfler, und dann mußte sein Plan gelingen. — —
Das Kreisamt hatte die Idee des Lehrers wohlwollend
aufgenommen. Kurze Seit darauf lief der Ortsbüttel zu
den Gemeinderäten und bestellte diesen:
„Morgen früh um zehn Ahr ist im alten Schulsaal
Sitzung wegen einer geplanten Sadeanstalt. Es hat sich
jeder Gemeinderat pünbtlich einzusinden.“ Bedeutungsvoll
fügte der Büttel hinzu: „Der Kreisraf bLommt, und von
— einer heraus.“
„Und der lange Börnges rückt mit seiner Meinung auch
heraus,“ schrie dieser dem Büttel so laut und giftig ins
Ohr, daß derselbe ganz erschrocken zʒusammenzuckte. Der
hatte aber gleich wieder seine Spaßvogellaune und dichtete:
„Jawohl, langer Börnges, morgen Lommt alles heraus,
Da gibt's ein neues Badehaus!“ —
Am anderen Morgen um die neunte Stunde gingen die
Käte mit würdigen Schritten und entschlossenen Gesichtern
dem Schulhause zu. Als der lange Börnges am Spritzen-
J nutßt. 5) Riegel.
haus um die Ecke bog, traf er mit dem drei Kopf kleineren
Päpstchen zujammen.
Gsbenges“, rief das alte Männchen mit hohem Stimm-
hen, „ich seins nicht zufrieden, und wenn's das Leben
rostet!“
Frohnings Daniel sah die Beiden auf der Dorfgasse
aufen und wurde ganz zappelig: „Julche, mach fort,“ bettelte
er ganz ängstlich, „sonst komm ich zu spät.“ Seine Frau
nöpfte ihm noch den Kragen und den Schlupp fest, das
Lonnte er nicht selber.
Dor dem Schulhause stand der Ortsdiener in seiner
chönsten Aniform. Er hatte den Säbel umgeschnallt und
nachte ab und zu einen langen Hals nach dem Schauer—
pald hin. Dorther mußten die Herrschaften Lommen, und
er hatte sie dem Bürgermeister zu melden.
„Ihr Junge“, nahm nun der Ortsgewaltige im Schul⸗
aal das Work, „wie ich sehe, seid Ihr alle da. Wir jein
ierher bestellt wegen einer Badeanstalt. Der Kreisrat
jommt, und sogar die Kegierung kommt heraus. Aber ich
bernehme beinerlei Verantwortung.“
„Die Verantwortung übernehme ich voll und ganz,“
»emerkte Herr Keinig. Die Blichke, die man diesem von
allen Seiten zuwarf, waren nicht gerade freundlich.
Alleweil“, fuhr der Bürgermeister fort, „sein ich acht-
indsechzig Jahre alt. Mein Lebtag habe ich Leine Bade⸗
instalt gehabt, alt sein ich doch geworden, und ein Schmutz-
ink sein ich auch nicht gewesen.“
„And ich gib meine Wiese nicht her für die Sadeanstalt,“
eief Gartebaste Christian. „Eher ich das zufrieden bin,
nuß der Advobat heraus!“
„Christian, du mußt warten, bis dir das Wort erteilt
vird,“ meinte der dicke Mörwel.
Ei, ich hatte ja grade das Wort,“ gab Christian er⸗
taunt zurück.
„Nein, Herr Lehrer,“ meinte der Sürgermeister weiter,
„Ihre neumodischen Possen und Ihre Pijf machen wir nicht
dite Sad wollen wie Leins, Geld haben wir beins, ich
ein dagegen, und nun, ihr Jungen, alleweil sagt auch Eure
Meinung.“
„Heraus, der Kreisrat Lommt!“ brüllte jetzt der Büttel
bor dem Hause.
Im Hinausgehen haschte sich der Lehrer den Bürger—
neister und flüsterte ihm ins Ohr: „In vierzehn Tagen
haben wir Bürgermeisterwahl. Ihr Gegner ist angesehen
m Dorf und hat gute Aussichten. Herr Sürgermeister, ich
in nicht gern parteiisch. Aber für mein Bad tue ich alles.
Venn wir eine Badeanstalt bebommen, dann glaube ich
hestimmt, daß Sie im Wahlkampf Sieger werden.“
„Ei, die Krenb, ja so,“ sagte der Sürgermeister, dappelte
die letzte Stiege herunter und am gerade recht, den Kreisrat
zu begrüßen. —
„Meine Herren,“ begann der Kreisrat, als alle im
Schulsaal Platz genommen hatten, „aus einem freudĩgen und
offentlich auch erfolgreichen Anlaß bin ich heute zu Ihnen
gekommen. Sie sind bereits darüber unterrichtet, daß es
ich um eine geplante Badeanstalt handelt. Der Herr
Zegierungsvertreter war leider verhindert mitzukommen; er
zat mich aber beauftragt, seine besten Wünsche für die ge—
lante Sadeanstalt zu übermitteln. Ich persönlich bin fest
»avon überzeugt, daß Herr Lehrer Keinig hier eine Tat
‚ollbringen will, die ihm noch Ihre Kinder und Kindes-
inder danken werden. Das Kreisamt hat das allergrößte
Interesse am Gelingen des Lulturellen Unternehmens, be—
onders auch wegen der Hygiene, und ich glaube annehmen
zu dürfen, daß auch der Herr Burgermeister und die Herren
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