Alle drei Bände sind erschienen bei Albert Langen in
Mũnchen. — Hans Grimm ist ein Kurhesse. Es gab schon einmal zwei
Heßer, die Grimm hießen und durch die des deutschen Volkes
Jeijtige Stimme vernehmlich und blangvoll-herrlich geredet hat
Diese Grimms sind sicher die Dater Hans Grimms im Geist gewesen
Außerlich genommen besteht Leine Blutsverwandtschaft mit Jakob
und Wilhelm. Hans Grimm ist einer hessischen Pfarrerfamilic
entsprungen. Er ist geboren am 22. März 1815 in Wigsbaden,
lebte und arbeitete als Kaufmann und Farmer lange Jahre in
Afrika und wohnt jetzt in Lippoldoberg an der Weser.
Landes mit uns fest verwächst — mit uns, unserem Denlben und
rieben: Sũd-⸗Afrikal
Es liegt nicht an den vielen deutschen Namen der Orte, der
flũsse, der Stãädie, der Wege dort. In Nordamerila gibt's wohl
Tausende von deutschen Dorf-und Stadtnamen. Aber es ist bein
echier Heimatklang für uns darin.
Es ist also doch jo: Hans Grimm, der Dichter, hat Afrilka
empfangen in sich, wie eine Frau ein Kind empfängt, und hat es
ür uns geboren: er hat dies Riesenland für uns deutsch gemacht,
deutsch geboren aus einem dichterischen BSlut heraus, und nun ist's
unser Kand, wahrhaft unser Land. Denn es ist geistig und dem
Slut nach unser. Dabei verschlägt's nichts, daß es augenblicklich
englijch“ ist. Es ist auch gleichgültig, ob dort englische Bauern
gibt es die?) oder Schweden oder Dänen oder VOlamen oder
Keichsdeutsche oder Schweizer siedeln. Es ist gleichgültig. Denn
dies ist das Land der Menschen germanischer Rasse — dies ist
ein Land der Sukunft für den weißen Menschen!
Aber, Hans Grimm, Dich rede ich nun an und ich spreche
zu Dir mit Deinen eignen Worten: .. *.. wir wollen Deine
Hõrer sein und es soll einen geben, der nicht ein andächtiger Hörer
ist. . ...“ UAnd aͤlle wollen wir denben und sprechen: ....
es ist schön in Dir! Wir sind blein vor Dir.. ...!“
Dir wollen wir folgen. Hans Grimm!
K. M. Schimmelpfeng.
Wie ist das eigentlich? Da gibt es das Land, das wir Klein-
deutschen von heute „das Keich— nennen. Aber, daß wir es so
nennen, ist schon der Beweis, daß es ein angelernter Schulname
ist. Denn die Bezeichnung „das Keich“ sjpricht aus, daß außer⸗
halb noch andere Stũcke Sand liegen, die eigentlich und innerlich
dazu gehören. Ich zähle sie nicht auf, denn sie sind in jedes
Deutschen Herz geschrieben; nur ist die Schrift bei manchem etwas
derwischt. Es sind schöne Stũcke Landes mit herrlichen ODörfern
und Städten und vor allem mit guten germanischen Menschen, von
deren freier Susammenfassung wir leise träumen, weil ihrer Namen
Schrifi in unseren Herzen steht...
Und da kommt plötzlich ein Mann Hans Grimm und schreibt
in unser Herz ein neues Land hinein, daß der Name dieses
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VDom Büuchertijche der Heimat.
Dora v. Stockert⸗Meynert, Euphorion. Reclams AUni-
oersalbibliothek Ne. 6s47, geh. 40 Pf., geb. 80 Pf.
In das schönheitverklärte Dasein eines hochgemuten Eltern⸗
paares tritt ein Kind, ein Sohn, der die Fortsetzung und Ersfüllung
des väãterlichen und mütterlichen Selbst werden soll und zu werden
verspricht. Der Vater, ein Gelehrter und Schöngeist von Ruf,
sieht in ihm den zukünftigen reinen Diener des Gedanbens, der
die Schönheit obenan seßi am Tisch des Lebens; die Mutter, eine
Sängerin, erbennt in seinem musibalischen Talent die Vollendung
und Krönung ihres eignen Wesens und Strebens, ohne die leijeste
Ahnung, daß schon der Tod den Jũngling gezeichnet und ihn zu
frühem Sterben erlesen hat. Ganz verinnerlichtes, um seine schwere
Tragik wissendes Leben gestaltet sich in dieser Novelle, die voll
verhaltener Schmerzen und tiefer Trauer ist und dennoch einen
unnennbaren, leidlindernden Trost in jede Menschenjeele träufelt.
Der Verfasserin ist ein leines Meisterwerk gelungen. R.
Luise Westkirch, Die Fortuna von Praeneste. Keclams
Universalbibliothek Ur. 6644, geh. 40 Pf., geb. 8o Pf.
Im zerfallenen Fortunatempel zu Palestrina hat Luigi DVanu⸗
telli, dem Fortunag in jeder Hinjicht sich unhold erzeigt, am, Vor⸗
abend des Madonnenfestes ein Koulette aufgestellt, um sich das
Glũck zu erzwingen. Antonio Cavaliero, bisher der ausgesprochene
Günstuͤng Fortunens, verliert seine sauer verdienten Erjsparnisse,
womit er sich und Marietta ein Heim gründen wollte, setzt im
Rausch der Spielleidenschaft als Letztes seine geliebte Warietta
aufs Spiel und verliert sie an seinen Rivalen Luigi. Antonio
muß schwer büßen, wird aber durch den unerwarteten tödlichen
Absturz seines Kipalen bei einem Kirchenraub von seinem leicht⸗
sinnig geleisteten Eid gelöst und findet den Weg zu Marietta zurũck.
Eine fesselnde Erzählung, voll geheimen romantischen Saubers. K.
Louis Couperus, Lucreʒia Sorgia. Reclams Universal⸗
bibliothek Ne. 6641, geh. 40 Pf., geb. 8o Pf.
Der Holländer Couperus macht das glänzende Elend der
schönen Paͤpsttochter Lucrezia Borgia zum Gegenstand einer
Novelle. Lucrezia ist für ihren Vater Papst Alexander VI. und
ihren grausamen Bruder Cesare nur ein Spielball und Köder für
fürstliche Freier, wird verlobt, entlobt, verheiratet, geschieden, wieder
vermählt und unter den Augen ihres Daters durch ihres Bruders
gemeinen Mord an ihrem Gemahl Gljfonso von Arragon zur
Witwe gemacht. Die kaum Swanzigjährige, deren Liebreiz, Jugend
und Lebenslust alle Welt bezaubert, wird nun wieder „wie ein
Ding, wie eine Sache“ hingegeben und zwar an den Herzog Alfonso
von Ferrara, an dessen Seue sie das Glück erhofft. Diese geschicht-
lichen Tatsachen rũckt uns der Dichter in seiner Novelleé, die bunst
und kulturgeschichtlich jehr anziehend ist, zum mitleidvollen Nacherleben
vor die Seele. R.
Thüringer Sagen. Mit 20 Tafeln und 54 Abbildungen im
Text. Gesammelt und herausgegeben von Paul Quensel. Verlegt
»ei Eugen Diederichs in Jena 1026. 810 6.
Bei der engen Verbindung, die in geschichtlicher Frũhzeit zwischen
den Ländern Hessen und Thuͤringen bestanden hat, werden Werbe
thũringischer Stammesbunde auch in Hessen stets auf, besondere
Teilnahme rechnen können. Diese Teilnahme wird um so lebhafter
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ein, je allgemeiner die Bedeutung und je reichhaltiger die Dar⸗
hietung des betreffenden Werbes ist. Das vorliegende, das zu
em von Dr. Paul Saunert, Cassel, herausgegebenen „Deutschen
Zagenschatz“ gehört, hat denn auch in der Tat Anwartschaft auf
ebendigen Widerhall beim hessischen Publikum, denn es enthält
ieles, was, wenn auch teilweije unter anderer Form, hierzulande
edermann vertraut ist; hierzu sind natürlich in erster Linie die
Zerichte ũber das Leben der Heiligen Elisabeth zu rechnen. Aber
iuch sonst hört der hessische Leser manchen seinem Ohr nicht
mgewohnten Klang. Im übrigen darf das Werb auch seiner ganzen
haltung wegen auf allgemeines Verständnis rechnen; es verzichtet
ãmlich auf die Einteilung des Sagenmaterlials nach den Fundorten
ind güedert nach sachlichen Grundsätzen, indem es zunächst die ge⸗
chichtlichen Sagen in geschickter kultureller Einteilung aufreiht und
sie mehr dem Volksglauben zugehörigen, ebenfalls zweckmäßig
ruppiert, folgen und den Humor das Ganze beschließen läßt. Den
Stammescharalter, der sich in der Gesamtheit der thüringischen
zagen spiegelt, hat der in Weimar, also an Oet und Stelle hausende
derausgeber selbst folgendermaßen gebennzeichnet: „Su den in der
Slutmischung gegebenen Vordausseßungen bam eine freundliche,
ersöhnliche Natur, die dem Menschen viel mildere Aufgaben stellte
ils die im Hochgebirge oder an der Meeresbũste. So ist es am
knde nicht verwunderlich, wenn sich das thũringische Volk nicht herb
eschlossen, jondern heiter und zugänglich erweist, wenn zu den
roßen, brafivollen SZügen der älteren Seit minder starke treten,
benn die Arbeitsfreudigkeit oft nicht Arbeitszähigkeit ist, der
Zegeisterungsfähigkeit nicht jselten die Ausdauer der Überzeugung
ehlt. So sieht man in den Sagenbildungen und Umformungen der
ũngeren Seit mehr Genũge an liebenswürdigen, geheimnisvollen,
punderlichen Bildern und Gestalten als an unbändigen, finstern,
ãmonischen.“ Es ist mithin beine schwerblũtige oder gar schwer⸗
nũtige Lebtũre, was hier vorgelegt wird, sondern ein vielfach
eiteres, phantasiefrohes Fabulieren in anspruchslojer Form, das
u unterhalten verinag, ohne bloß Unterhaltung zu sein, und mehr
AUs Antérhaltung ist, ohne doch die Aufnahmebraft des Lesers
nerblich anzuspannen. Eine geistig rege, muntere Volbsnatur spricht
ich hier uriümlich aus und kann gewiß sein, ũberall verstanden zu
verden, wo deutsch empfunden und gesprochen wird. Das ansprechend
usgestattete Buch ist mit zahlreichen Abbildungen auf Tafeln
ind im Text verjehen; als Titelbild figuriert die Hl. Elisabeth
nach einer Sbulptur aus der Elisabethkirche zu Marburg. w. 6.
Huldreich Swingli. Ein deutsches Volksbuch von Wilhelm
s—chãfer. Verlegt bei Georg Mũüller in Müũnchen.
Der Hesse Wilhelm Schäfer, ein Schatzhalter deutschen Sprach⸗
ums, ein Erneuerer deutschen Erzähltons, ein Spurgänger deutschen
Schickjals, hat seinem jũngsten Werk ein Vorwort mitgegeben, in
hem er sein Unternehmen zu rechtfertigen versucht. Das wäre,
vas den „Huldreich Swinglie rein als Dichter angeht, nicht not
vendig gewesen, denn ihr Held wird darin in seinem ganzen
Verdegang prachtvoll verdeutlicht; in Sildern, die in ihrer Saftig-
eit und ihrem herben Geschmack bolorierten Holzschnitten vergleichbar
rscheinen, wird die Eniwicklung des Priesters zum Politiber, des
Zirchengläubigen zum Freidenker eindringlich dargestellt. Mit