hn grüßen, den Strick! Und die Base
Lene soll er nicht gar zu lange mehr warten
assen, der Angut!“
Und kichernd bückt sich die Greisin
hon neuem über die Arbeit. — — ——
In halber Dunbelheit hatte der
Schreiber die letzten Keihen in einem
Zuge schnell heruntergeschrieben. Wie
aus einem Traume wachte er dann auf,
iAls er mit einer ganz unbewußten Be—
vegung die Brille heruntergenommen, sie
ganz achtlos auf den Tisch geschleudert
hatte, und die Feder war dann sofort mit
iner eigentümlichen Bewegung aus seiner
Hand gerutscht, mit einem leisen Klatsch
auf das Papier gefallen, über die glatte
Fläche hinuntergerollt und lag nun, als
ätte sie sich vor weiterer Drangsalierung
geborgen, hinter dem Papierstoß.
Der Schreiber aber saß wie eine
Maschine, für die ganz plötzlich die An—
triebskraft ausgeblieben war. Die Hände
ruhten ũbereinander gelegt vor der fertigen
Arbeit. Der Kücken war noch mehr gebeugt als sonst. Es
chien, als sei der ganze Körper ein wenig zusammengeschrumpft.
Die Augen aber waren weit weg aus dem Stübchen.
Glockenklänge kamen von irgendwoher über die Dächer
gjeslogen. Der Einsame hörte sie nicht. Tiefer unten
chlug eine Tür mit dumpfem Laut in ihr Schloß, daß das
Ztũbchen zitterte. Keine Linie bewegte sich an dem stillen
Träumer. Eingeschlafen wie die Bewegungen waren aber
juch seine Gedanken. Kein Wunsch glomm auf, auch nicht ein
ʒchimmer von Befriedigung frohlockte in ihm. Aber auch noch
ücht um eine geringe Kleinigkbeit ging seĩn Herzschlag schneller.
Sis dann auf einmal nebenan Schritte schwer schlurften, eĩn
Dochen gegen die dünne Wand als aufmunterndes Signal
ʒerüberschallte. Da wachte der Alte auf aus seinem Traum.
fin wenig verstört blickte er um sich. Eine leise Bewegung
der Kechken, als suche sie die gewohnte Feder. Dann fiel
ein Blick auf seine Arbeit.
Treysaer Trachtenfest. Abb.1
Hofphotograph Eberth, Cahsjel
der Verbrecher zögert auf dem ersten Gange zum Diebes
geschäft, so greift die Greisenhand zitternd nach der Lalten
des Jünglings. Es reißt sie auf halbem Weg ein Schrecken
zurück.
Es geistert ein irres Lachen durch den jonnenerfüllten
Kaum. , Was? — Du weigerst mir sie? — Kecht hast
du, Jungel Einem Mörder gibt man die Hand nicht!“
Vut flackert auf. „Du mußt, du mußt! Soll ich dich zwingen?“
Anheimlich zischen die Töne. And dann brichts los
wie ein Wetter⸗ „Heraus die Hand, Bubel — Noch bin
ich der Meisterl — Angehorsam? — Her damit! Ich
vill dir zeigen — —.“ Duf zuckt die glühende Hand, die
Todesbälte erschreckte. Schwer fällt der Arm zur Seite
nieder. Die zitternden Finger streifen die Tasche, fühlen
— gedankbenlos drin versenkte.
Ein Lachen voll Glück. Fritzl — Halt! — Langsam, lang-
jam, Lieberl — Gleich geh ich mit! — Wir wandern zu—
ammen, Gesellel — Laß dem alten Toren
eine Hand! — Feinsliebchen, leb wohl!
— Frei ist der Burschl“
Dumpf bracht die Waffe. Einen
Aleinen Augenblick noch ragt die Hünen-
gestalt des alten Weisters steil in die
Luft. Ein liebes Lächeln. „Jetzt die
Hand, Fritzl — Wir wandern zusammenl“
Und im Kiedersinken faßt er mit letzter
Kraft die Kechte des Lieblings.
AUnd dann bricht die Sonne alles
bergoldend ein und büßt die Opfer ihrer
Enttäuschung.
Jahraus, jahrein sitzt ein gebücktes
Veiblein vor dem Kosenhäuslein im alten
Sessel. Welbe, zitternde Hände klappern
mit den Nadeln des Strickzeuges. Doch ist
er erste Strumpf immer noch zu vollenden.
Kommt ein Wanderbursch des Wegs,
dann lacht's schelmisch auf in den alten
Augen.
„Hast du den Fritz nicht gesehen auf
der Wanderschaft draußen? Sag, ich laß
Treysaer Trachtenfest. Abb.2
Hofphotograph Eberth, Cassel
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