Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

„eimat · Schollen 
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst 
Ar. 15/ 19026 
Erscheinungsweise 2mal monatlich. Séezugspreis 1,20 Mu. im Vierteljahr. Frühere 
Jahrgänge bönnen, soweit noch vorrätig, vom Heimatschollen⸗erlag nachbezogen werden 
6. Jahrgang 
— 
Die Erzählung des alten Schreibers 
Don Otto Schweighöfer. 
Dann begleiten die beiden den Jungen noch einmal durch 
ein weiteres Jahr seiner Lehre, und noch bis weit in das 
deitte wandern sie mit. Sie suchen herauszubebommen, 
parum Meister Fries immer stolzer schmunzelt über seinen 
o prächtig entwickelten Lehrjungen. And sie finden es. 
Kaun der Alte nicht mit Befriedigung das BSild des 
jungen Gejellen sich ausmalen, der da demnächst zum Tore 
des Städtchens hinauswandert? Fremdes Land und fremde 
Leute, fremde Werbkstätten und fremde Arbeitsweise soll er 
doch bennen lernen. Und ausgelacht wird die dumme Base 
Lene, weil sie schon jetzt um ihren Liebling sich grämt und 
heimlich — heimlich nach ihrer Meinungl — Strümpfe 
ttrickt und Wäsche ordnet, Haufen, die gut zu einer jahrelangen 
Keise um die Erde reichten. 
Dabei ist dem Alten selbst nicht ganz wohl beĩi dem Gedankben, 
daß er nun für lange Monate den lieben Gehilfen entbehren 
muß, den bei der Arbeit zu schauen schon allein ein Genuß und 
eine helle Freude bedeutet. Und wenig ändert daran die frohe 
Bewißheit, daß der Junge demnächst sich die Berechtigung zum 
Einjährigendienst hoien wird. Schon liegt die Eingabe, von 
der Fritz nichts ahnt, fertig da. Sie wird Erfolg haben, 
das ist zweifellos, haben doch angesehene Sachverständige 
für Fritzens Arbeiten Worte des höchsten Lobes geschrieben, 
ganz zu geschweigen der Fürsprache der alten Baronin oben 
im Schloß, die dem Jungen sicher ist, und alles das zu— 
sammen wird ihm fraglos die Sulassung zum Künstler- 
einjährigen einbringen. Bestehen? Der Meister lacht nur 
orglos und schmunzelt im voraus über einen glänzenden Sieg. 
Schon sieht er einen schmucken Soldaten eintreten 
in seines Meisters Haus. beobachtet mit frohem Lächeln 
essen Erstaunen über die bedeutende Vergrößerung des 
Heschäfts. 's ist eine Selbstverständlichbeit gewesjen, die noch 
n den alten Tagen zu wagen. Ein Sohn ist ja jetzt da! 
xEs lebt ja einer, der sortsetzen und herrlich vollenden wird, 
pas ihm der Dater als vielversprechenden Anfang in die 
ungen, starken Arme gelegt hat. Immer Lühner sehen 
zchreiber und Feder des Meisters Subunftspläne werden, 
ind dessen verschmitztestes Schmunzeln deuten sie sich so, daß 
er eben wohl einen jungen Ehemann gesehen habe, der, 
ein erwähltes Frauchen am Arm, bei der Rückkbehr von 
er Hochzeitsreise auf einem neuen Firmenschild am alten 
dause lejen wird: Gotthold Fries, Nachfolger Fritz Steiner. 
Dann läßt der einsame Mann im stillen Stübchen das 
jeschehen auf dem geduldigen Papier, was ein Glück zerbrach, 
vpie's vorher den Traum verscheuchte. 
Des Nachbars Tunichtgut winkt in der Mittagsstunde 
en neugierigen Fritz zu sich herüber, neugierig, weil der 
Sengel drüben, der ihn eigentlich abstößt, so gar merb⸗- 
vürdige Seichen gewinbt hat. 
Hinten im abgelegenen Eisenlager feuert der dann dem 
ꝛeschrockenen Jüngling über den Kopf weg einen Kevolber 
os und wird dann zum gefährlichen Versucher. „Fein, was? 
Hlatt durchgeschlagen, das dicke Brett! Wer ein Kerl ist, 
nuß so etwas unbedingt besitzenl! Ein ganzer Kerl ist man 
nit solch einem Ding in der Taschel — Was? Kein Geld? 
Teuer? — Ja, Mensch, man muß eben die Gelegenhoeit 
enutzen! Kegulär bostet solch Schießeisen allerdings etliche 
wanzig Marb. Beste Marbe, mein Lieber!l Da hat aber 
ieser Tage in der Stadt ein Waffenhändler umgeschmissen. 
Die verbadufen jetzt um jeden Preis. Achtzehn Marb bostet
	        
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