Full text: Heimatschollen 1926-1928 (6. Jahrgang - 8. Jahrgang, 1926-1928)

Ansere Haustiere im Spiegel der Grimmschen VDolksmärchen. 
Von Olga Stückrath-Stawitz. 
uhn und Hahn. einem Hahn neben die Koönigstochter in den sechsspännigen Wagen. 
Hubh Hab Doch bald schickt er die falsche Braut zurück und reitet auf seinem 
zõockelhahn in ein zweites Königreich. Dort wird er mit bönig- 
schen Ehren empfangen, findet die rechte Braut und wird endlich 
ntzaubert. 
In dem Maärchen vom Herrn Korbes wollen Hühnchen und 
dãähnchen zusammen eine Keise machen. „Da baute das Hähnchen 
inen Wagen, der vier rote Käder hatte, und jpannte vier Mäuschen 
abor. Das Hühnchen setzte sich mit dem Hähnchen auf, und sie 
uhren miteinander fort. Nicht lange, so begegnete ihnen eine 
Zahe. die sprach: „Wo wollt ihr hin?“ Hähnchen antwortete: 
„Als hinaus 
Hjach des Herrn Korbes seinem Haus.“ 
„Nehmt mich mit,“ sprach die Katze. Hähnchen antwortete: 
Kecht gerne, set dich hinten auf, daß du vorne nicht herabfällst 
Nehmt euch wohl in acht, 
Daß ihr meine roten KRäderchen nicht schmutzig macht. 
Ihr Käderchen schweift, 
Ihr Mäuschen, pfeift, 
Als hinaus 
Nach des Herrn Korbes seinem Haus.“ 
Als Fahrgäste kommen nacheinander noch ein Mühlstein, ein 
Fi, eine Ente, eine Stecknadel und eine Nähnadel hinzu, und alle 
ujammen vollziehen das Strafgericht an dem bösen Herrn Korbes. 
Auch in dem Märchen vom Lumpengesindel baut das Hähnchen 
inen kleinen Wagen, doch ist er diesmal aus Nußschalen hergestellt. 
—E nämlich bis auf den Abend 
iuf dem Nußberg an den jungen Nüssen gũtlich getan und ziehen 
s nun vor, heinwärts zu fahren. Doch es gibt einen Streit. 
ũhnchen setzi sich hinein, und Hähnchen joll sich vorspannen. Das 
Zãhnchen aber sagt: „Du bommst mir recht, lieber geh ich zu Fuß 
ach Haus, als daß ich mich vorspannen lasse: nein, so haben wir 
ucht gewettet. Kutscher will ich wohl sein und auf dem Bock 
tzen, aber selbst ziehen, das tu' ich nicht.“ Die Frage nach dem 
dorspann löst sich, als Hähnchen eine anmaßende Ente mit seinem 
harfen Sporn gezũchtigt hat. Sie muß ihren UÜbermut büßen und 
is Pferdchen den Wagen ziehen, auf dem Hähnchen als Kutscher 
hront. Eine Stecknadel und eine Nähnadel, die noch des Weges 
ommen, dürfen als magere Leute mitfahren, nachdem sie ver⸗ 
hrochen haben, Hühnchen und Hähnchen nicht auf die Füße zu 
relen. Mit vielen guten Worten und Versprechungen bestimmt 
as Lumpengesindel einen Wirt, es die Nacht ũber zu beherbergen, 
och er muß seine Gutmütigkeit teuer bezahlen. Das boshafte 
hũhnerpaar verzehrt das Ei, das es dem Wiet versprochen, steckt 
ie NRähnadel in den Sessel und die Stecknadel ins Handtuch und 
liegt über die Heide dabvon. Auch die Ente, die der Wirt be⸗ 
alten sollte, schwimmt eilends davon, und der Armste hat am 
Norgen einen Arger über den andern auszustehen, so daß er 
chwoͤrt, jein Lebtag kein Lumpengesindel mehr ins Haus zu nehmen. 
Das unternehmungslustige Paͤrchen macht auch in dem rũhren· 
en Märchen von, dem Tode des Hühnchens einen Ausflug auf 
en Nußberg, um die jungen Nüsse zu versuchen. Wer einen Nuß- 
ern findet, joll ihn mit dem anderen teilen. Hũhnchen aber will 
ꝛinen gefundenen Keen allein essen, doch er bleibt ihm im Halse 
secken und es muß bläglich das Hähnchen bitten, ihm Wasser zu 
olen. Das Hähnchen eilt zum Brunnen: „Born, du solljt mir 
Vasser geben; das Hũhnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen 
roßen RHußbern geschluckt und will ersticken.“ Der Brunnen aber 
bili erst von der Braut rote Seide haben, und Hähnchen eilt zur 
Zraut. Doch die will erst ihr Kränzlein haben, das an einer 
Veide hãngen blieb. Das besorgte Hähnchen holt eilig das Kränz- 
an von dem Weidenast und bringt es der Braut. Die gibt ihm 
oie Seide dafür, und für die rote Seide gibt der Born ihm Wasser. 
für das Hühnchen aber kommt die Kettung zu spät, es ist erstickt. 
Da war das Hähnchen so kraurig, daß es laut schrie, und 
amen alle Tiere und bebliagten das Hühnchen; und sechs Mãuse 
aufen einen bleinen Wagen, das Hühnchen darin, zum Grabe 
zu fahren; und als der Wagen fertig war. spannten sie sich davor. 
ind das Hähnchen fuhr.“ 
Auf dem Wege fragt ein Fuchs, ob er mitfahren darf. 
„Ja, aber setz“ dich hinten auf den Wagen, 
Dorn bönnens meine Pferdchen nicht vertragen.“ 
Dann jetzt sich noch ein Wolf hinten auf, dann ein Bär, ein 
dZiesch, ein Lowe und alle Tiere aus dem Waͤld. Als sie an einen 
Sach Lommen, bietet sich ein Strohhalm als Srũcke an, doch er 
uischt und die sechs Mäuse ertrinßen. Eine Kohle will helfen, 
Von unserem Haushuhn weiß das Wärchen viel zu erzählen, 
und nafũrlich ist es vor allem der stolze Pascha jeines Volbes, der 
Hahn, der federbunt und stimmbegabt die größte Kolle spielt. 
Er siht auf dem Brunnen, als die schöne und fleißige Tochter 
der Witioe aus dem Wolkbenreich der Frau Holle heimbehrt und 
ruft, als er die Keichbeschenkte. Goldũberschũttete sieht, mit heller 
Stimme: 
Kiberiki, 
dinjere goldene Jungfrau ist wieder hie.“ 
Doch als die häßliche, faule Tochter zurũckkommt, noch oben- 
drein ũüber und ũber mit Pech besudelt, da ruft er: 
„Kiberiki, 
Unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.“ 
Die Schoönheit und den Wert des Hahnes preist jehr heredt der 
älteste der drei Sͤhne in dem Märchen von den drei Glũckskindern. 
Er hat als sein Erbteil von dem sterbenden Dater einen Hahn er⸗ 
halten und sucht ihn an den Mann zu bringen. Doch allerorten hat 
nan Hähne genug. „...in den Städten jah er ihn jchon von 
weitem auf den Türmen sitzen und sich mit dem Wind umdrehen, 
in den Dörfern hörte er mehr als einen krähen, und niemand 
wollte sich über das Tier wundern.“ Endlich aber bLommt er auf 
eine Insel, auf der noch niemand den Hahn kbennt und man noch 
nicht geiernt hat, die Stunden der Nacht einzuteilen. Dort zeigt 
er seinen Hahn. „Seht,“ sprach er, „was für ein stolzes Tier, es 
hat eine rubinrote Krone auf dem Kopf und trägt Sporen wie 
ein Kilter: es ruft euch des Nachts dreimal zu bestimmter, Seit an, 
und wenns das letzte Wal ruft, so geht die Sonne bald auf. 
Wenn's aber bei hellem Tag ruft. so richtet euch darauf ein. dann 
gibts anderes Wetter.“ 
Die erstaunten Leute ũberzeugen sich, daß der, Hahn des 
Nachts um 3wei, vier und sechs Uhr laut und vernehmlich die Zeit 
abruft und fragen, was er bosten joll. Sie bezahlen mit Freuden 
soviel, als ein Esel Gold tragen kann. 
Ejel, Hund und Katze bommen als Bremer Stadtmusikanten 
des Weges gezogen, und der Esel fragt einen Hahn, der auf einem 
Hoftor sitzt und aus Lelbesbräften schreit, nach der Arsache jeiner 
Aufregung. Der Hahn spricht: „Da hab ich gut Wetter prophe⸗ 
zeit, weil unserer lieben Frauen Tag ijt, wo sie dem Christkindlein 
die Hemdchen gewaschen hat und sie trocknen will; aber weil 
morgen zum Sonntag Gäste Lommen, so hat die Hausfrau doch 
Lein Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie wollte mich morgen 
in der Suppe essen, und da soll ich mir heut' Abend den Kopf 
abschneiden lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals. solang ich 
noch kbann.“ 
Es hraucht denn auch kein langes Sureden und der Rotbopf 
zieht mit als Bremer Stadtmusikant. Und als sie den letzten 
Käuberspion aus dem Haus jagen, ruft er ihm vom Dache her⸗ 
unter sein Kiberiki nach, daß der Käuber seinem Hauptmanne 
erzählt Der Kichter saß auf dem Dach und rief: „Bringt mir 
den Schelm her!“ 
In den beiden letzten Märchen ist noch besonders die Kolle 
des Hahnes als Wetterprophet zu beachten. 
Dos Marchen vom Hahnenbalken erzãählt von einem SZauberer, 
der vor einer Menge Volbes einen Hahn einen Strohhalm tragen 
ließ und es durch seine Künste fertig brachte, daß alle Leute 
alaubten, er höbe und trũge einen schweren Balben. Ein Mãdchen 
edoch, durch ein vierblätteriges Kleeblatt gegen seinen Sauber 
gefeil, sseht die Wahrheit und klärt die anderen auf, die den Heren- 
meister mit Schimpf und Schande davonjagen. 
Sogar als Keittier wird der Hahn im Märchen erwähnt. 
Hans mein Igel bittet jeinen Vater: „VOäterchen, geht doch vor 
die Schmiede und laßt mir meinen Gockelhahn beschlagen, dann 
will ich sortreiten und nimmermehr wiederkommen.“ And er reitet 
fort mit seiner Herde und läßt im Walde den Hahn auf einen 
hohen Baum fliegen und hũtet von dort aus seine Schweine und 
Ejel. Als er dann die übergroß gewordene Herde zum Schlachten 
ins Dorf gebracht hat, laßt er sich von seinem Dater noch einmal 
den Hahn beschlagen und reitet wieder ab. In dem ersten König⸗ 
reiche, das sein Siei ist, weisen ihn auf des Königs Befehl die 
Soldaten mit Waffengewalt ab, doch Hans gibt seinem Hahne die 
Sporen, daß er aufflegt ũber das Tor bis vor des Königs Fenster. 
Und als der König auf die Drohungen dem Hans seine Tochter 
samt Pferden, Wagen, Geld und Gut gibt, seht sich Hans mit 
Siebe Heimat-Schollen Ne. 2. 3. 10 und 22 1028 und Ne. 83. 8. 10 und 12 1026.
	        
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