Nun galt es, die Erde zu dem Empfang ihres jungen Königs
zu schmücken, und all die tausend kleinen Himmelsenglein
machten sich ans Werbk. In den milden Nächten flogen sie
hernieder, hingen zartgrüne Blättchen in die wirren Sweige
der Sträucher und putzten die Bäume mit rosigen Blüten,
daß die kahlen, schwarzen Aste fast
darunter verschwanden. Sie streuten
weiße, duftige Flocken in die dunklen
Hecken und über die Wiesen die ganze
hellfarbige Pracht der ersten Blumen,
Das war ein fröhliches Auf- und
Niederfliegen, daß man glauben mochte,
die Englein wollten heimlich alle Here—
lichkeiten des Himmels zum Schmucke
der Erde herniedertragen.
And als endlich alles fertig war—
als bein Kain und bein Gärtlein ver—
gessen war, flogen die Englein noch
einmal prüfend über die mondbeglänz.
ten, träumenden Fluren. Was standen
denn da, am Bächlein entlang für
grobe, ungefüge Gesellen? Die Englein
staunten. Sollten das noch Bäume
jein? Sie hatten solche noch nie
gesehen. Neugierig flogen sie näher
hinzu. Da sahen sie es denn jetzt:
Bejenreiser waren es, riesengroße,
ausgefranste Besenreiserl Wie die
Himmelsbinder lachten! Besenreiser
— war das lustigl Wie bamen die
nur daher, mitten in die Wiesen im
Frühlingsgrün? Und dann war ein
Flüstern und ein Raunen ringsum, als
sollte ein lustiges Schelmenstück beraten
werden, und zuweilen blang ein Kichern
wie ein leiser, feiner Glockenton da—
zwischen.
Noch einmal flogen die Englein
in der Nacht zum Himmel empor
und hernieder, und die Sterne, die
ihnen zusahen, mußten so sehr lachen,
daß sie beinahe von ihren silbernen
Stühlchen gefallen wären. Was hatten
sie nur mit den Besenreisern ange—
angen? — —
Als sich am andern Morgen die
Sonne hinter den Bergen erhob und
ihre Strahlen sich glitzernd und funkelnd
in den Tautröpfchen an Gras und
Halmen brachen, die Vsglein leise ihre
neu ersonnenen Lieder anstimmten, ging
der Frühling durch das Tal. Die
Weiden schwenbten ihre seidenen Fähn—
chen, die Blumen neigten sich zierlich
auf ihren schlanken Stengelchen, um ihn
zu grüßen, und die Bäume des Waldes
senkten die jungen Sweige vor ihm.
Auch die Besenreiser versuchten unbeholfen ihr Kompliment
zu machen, doch als der Frühling sie sah, da hat er laut
gelacht.
Die Englein hatten nämlich alle die kleinen Blätter—
zipfelchen und Schnippelchen, die ihnen bei ihrem Putzen
übriggeblieben waren, zusammengesucht und an die hohen
Keiser gebunden. Mit dem letzten Grün haͤtten sie die eine
Seite der Blättchen angemalt, weil es aber nicht mehr reichte,
nußte die andere ihre mattsilberne Grundfarbe behalten. —
Als sich nun die Besenreiser vor dem Frühling beugten,
a begannen die winzigen Blättchen zu zittern und zu beben,
)enn sie fürchteten, sie Lönnten von ihren ungewohnt hohen
Sitzen herunterfallen und vielleicht in das Wässerlein mik den
hellen Wellen. Sie zappelten wie Silberfische an der Angel
ind pappelten unaufhörlich von ihrer Angst, daß der Morgen-
vind sie sicher herabblasen würde. Deshalb hat der Frühling
»amals laut gelacht, als er durchs Tal ging, ehe er auf die
Serge stieg.
Die Pappeln aber stehen noch heute in unseren Wiesen
uind ihre lächerlich bleinen Blättchen zittern noch immer bei
edem Windzug und sitzen doch nun schon so lange droben!