Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Eindruck. Doch verleidet einem die Schwüle des Mittags alle Lust, 
die malerischen Ecken und Straßenbilder mit Muße zu genießen. 
Die große Straße am Buchenbach entlang geht es dem Siel 
der Wanderung entgegen, das mitten in einem Talkbessel liegt, von 
grünen Waldbergen umgeben. Asterode ist's, ein schimuckes 
Schwälmerdorf. Mag sich die Heerstraße die Wasserscheide hinduf- 
winden und ins Aulatal weiter laufen — im schönen Ajterode 
winben Rast und Atzung dem müden Wanderer. 
Die Glashütte am Walbkusteich. 
Don A. Albrecht, Beenhausen. 
GSchluß.) 
Der Glasofen wurde aus Steinen hergestellt, die zu Groß— 
almerode aus dem schon erwähnten Ton feuerfest gebrannt waren 
und von, dort weithin versandt wurden. Ebenso bestanden die 
Schmelztiegel oder Häfen aus Ton von Großalmerode. Mancher 
Meister verfertigte sich die Häfen selbst, andere bezogen sie fertig 
von dort. Auch der unentbehrliche Ofenstein war aus diesem Ton 
bereitet. Die Herstellung des Glases war die gleiche wie heute. 
Das Gemenge bestand aus Sand und unausgelaugter Holzasche. 
Es wurde auf dem Ofenstein fein zerrieben, ehe man es in den 
Hafen oder Schmelzofen brachte. Seichteres Schmelzen suchte man 
durch Hinzusetzen von Glasscherben zu erreichen. Wenn die Masse 
flüssig war, so wurde sie durch die Fenster, deren jeder Ofen ein 
großes und ein bleines hatte, herausgeholt und zu Hohl- oder 
Tafelglas verarbeitet. Obgleich käglich große Mengen hergestellt 
wurden, ist wohl nicht mehr viel ganze Ware aus den hojfischen 
Glashütten, die in vergangenen Jahrhunderten am Knüll gestanden 
haben, bis in unsere Tage erhalteu geblieben, denn das Glas ist 
bebanntlich so zerbrechlich wie das Gluͤck der Menschen. Dielleicht 
weiß ein Leser der Heimat-Schollen mehr davon als der Schreiber 
dieser Seilen, wo etwa noch Gläser vorhanden sfind, die einst in 
unseren Knüllbergen verfertigt wurden. und keilt es hier uns 
allen mit. 
Die Funde bei der Glashütte am Malkusteich zeigen, daß 
man auch hier, wie wohl überall, beide Arten, Hohlglas sowohl 
als auch Tafelglas, herstellte. Sur Verfertigung von Tafelglas 
diente der sog. Streckofen. Die Glasergesellen schieden sich ja nach 
der Beschäftigung in Trinbkglaser oder Blaser und Strecker oder 
Virber. Noch weiß man im einzelnen nicht genau, welche Stoffe 
die Glaser benutzten, um dem Glas die verschiedenen Farben zu 
geben. In der Hütte im Malbusgrund hat man in der Hauptjache 
grüngefärbtes Glas verfertigt; wenigstens sindet man fast nur 
Scherben dieser Farbe, ganz vereinzeit sind rötliche und gelbliche 
dazwischen, während wahserhelle wie unser heutiges gewöhnliches 
Fenstorglas gar nicht vorhanden sind. Sobeit man vei den Schoerben 
noch Formen feststellen kann, sind außer Tafelglas viele Reste von 
Fläschchen und Gläschen in der Größe und Art unserer Arznei-— 
gläser zu erbennen, in denen man wohl allerlei Mirturen und 
Tinbturen verwahrte. Der alte „Thüringer Glträger“ steht vor 
mir auf, wie er in jedem Winter mit grünen und anderen Tropfen, 
Augenwasser und ähnlichen Hausmitteln, auch Schneeberger 
Schnupftabab, vor Jahrzehnten in meine Heimat bam und die 
Hausapothebe des Landmanns wieder vervollständigte; bei ihm 
zuerst jah ich als wißbegieriger Junge solche Gläschen im wohl— 
gefüllten Lederranzen. Er ist längst dahingegangen und seine 
Gläschen, die wir als Kinder so erstaunt musterten, wenn er sie 
wie Soldaten nebeneinander auf den Tisch stellte, liegen wohl auch 
heute, zexbrochen wie die am Malbusteich, vorgessen in irgend einer 
Scherbenecke und träumen von den Seiten, da sie eins in Keih 
und Glied blitzblank in der hellen Mittagssonne vor der Türe des 
Glasmachers standen, nachdem sie dem feurigen Ofen glüchlich 
entronnen waren. Ja, da drinnen war es gar ungemütlich heiß 
gewesen, weil der Glaser Scheit auf Scheit in den Ofen schob, 
daß Sand und Asche bald durcheinander flossen wie das Wasser 
draußen im munteren Bergbach. Es bedurfte freilich großer Hihe, 
das Gemenge zum Schmelzen zu bringen; deshalb wurden die 
Glashütten mit der Seit eine große Gefaͤhr für den Waldreichtum 
unserer Heimat. Der jäheliche Holzbedarf einer einzigen Hütte 
wurde auf 800 Klafter angeschlagen. Dabei muß man bedenben, 
daß es eine Anweisung des Holzes durch den Forster nicht gab. 
Der Glaser fällte Holz, wo und wie viel er wollte, und nahm gewiß 
nicht die jchlechtesten Stämme. Streitigbeiten ließen sich so wohl 
aicht immer vermeiden, deshalb wurde später, als die Sahl der 
Hũtten immer zunahm und die Wälder halb verwüstet waren, jeder 
Hütte ein bestimmtes Waldgebiet zugewiesen, über das hinaus der 
Glaser nicht abholzen durfte. 
Da der BSundesbrief der Sunft bestimmte, daß nur solche die 
Kunst des Glasmachens betreiben durften, deren VDater sie schon 
zeübt und zum Bund gehört hatte, so blieb die Kunst jahrhunderte⸗ 
ang auf bestimmte Familien beschränkt. Am Walkbusteich übte sie 
ie Familie Strecker aus, die vermutlich von Großalmerode nach 
em MWalkustal kam und, soweit die Kirchenbücher zu Beenhausen 
Aufschluß geben, von 1713 bis 1730 die Glashũutte am Walkusteich 
etrieben hat. Mit dem Jahre 1130 hören plößlich alle Nachrichten 
iber die Glashüttenbewohner auf, auch wird vom weiteren Geschick 
der Hütte in den vorhandenen Abten nichts mehr erwähnt. 
dandau sagt in dem genannten Büchlein, der Glasermeister Gundlach 
abe mit zweĩ Genossen eine Hütte im Gericht Ludwigsech betrieben, 
ie sie im Jahre 1180 in die Nähe von Neuenstein in eine Wäallen. 
teinsche Waldung verlegten, wo sie sich 1740 noch befand. Ich 
ann die Angaben' nicht nachprüfen. Mit der Hütte im Gericht 
dudwigsech Lann nur die am Malbusteich gemeint jein. Die 
Kirchenbücher weisen den Namen Gundlach für die Glashütte nicht 
ach. Immerhin ist möglich, daß ein Hüttenmeister Gundlach dort 
elebt hat, vielleicht unverheiratet oder ohne daß in jenen Jahren 
aufen oder andere kirchliche Handlungen in seiner Familie zu 
ollziehen waren, die in den Büchern verzeichnet werden mußten. 
deben dem Glasmeister Johannes Strecker wird von 17138 an, 
ber nicht als Glasmeister, Johannes Hofmeister mit Weib und 
zindern erwähnt, desgleichen seine Eltern. Am 2. Obtober 1720 
vurde Franz Strecker, des Glasmeisters Johannes Strecker Sohn, 
ait Anng Elisabetha, Christophel Hofmeisters Tochter, Lopulieret. 
Da Christophel Hofmeister, der Vater des Johannes Hofmeister, 
chon in 1708 im Beenhäuser Kirchenbuch genännt wird — in diesem 
sahre wurde seine Tochter Anna Elisabetha in der Kirche zu 
Zeenhausen bonfirmiert und am 26. November 1708 jeine Tochter 
Anna Maria Elisabeth begraben — so ist wohl anzunehmen, daß 
r in jener Seit zu Beenhausen zugezogen ist, weil er dort weder 
jetauft noch getraͤut ist, auch seine Kinder dort nicht getauft sind, 
er Name Hofmeister auch sonst nicht vorkommt. Sein Sohn 
Johannes, dessen Trauung ebenfalls nicht erwähnt wird, ist dann 
vohl mit jeiner Frau nach der Glashütte gezogen, wo am 10. Januar 
113 sein Söhnlein Christophel geiauft würde, dem bis zum Jahre 
125 noch vier Schwoestern folgten; bei deren einer wird aͤls Goddel 
senannt Anna Katharina, Friedrich Dalks Ehefrau, Einwohher 
nuf der Glashütte bei der Sieburg. Am 23. Januar 1730 wuürde 
der 14 jährige Christophel Hofmeister zu Beenhausen christlich 
»egraben, seine Ehefrau Anna Elisabetha war schon 1728 als 
zjahrige heimgegangen. Acht Kinder wurden in den 17 Jahren 
om 10. Januar 1118 bis zum 11. März 1730 in den Familien 
sohannes, Hofmeister, Johannes Strecker und Franz Strecker auf 
er Glashütte getauft, eins davon, des Johannes Hofmeisters 
öchterlein Anna Katharina, starb im Alter von zwei Jahren. 
in den genannten 17 Jahren war vermutlich der Wald rings um 
ie Hütte soweit gelichtet, daß die Holzbeschaffung zu jchwierig und 
eitraubend wurde, und deshalb hat man es wohi vorgezogen, um 
iicht darben zu müssen, den Malbusgrund zu verlassen und in 
ichteren Wäldern das Handwork wieder aufzunehmen. ODielleicht 
eben die Kirchenbücher von Neuenstein weileren Aufschluß über 
as Schicksal der ehemaligen Bewohner der Glashütte am Walkbusteich. 
Anhangsweije sei nur noch erwähnt, daß nach LSandaus 
enanntem Büchlein die von Berlepsch eine Giashütte in ihrem 
sßesamtholz zu Atzelrode unfern Rotenburg hatten, die Landgraf 
Vilhelm niederzulegen befahl wegen der durch diejelbe vorursachten 
derwüstung des Waldes. — Weiter berichtet Landau, jschon 1592 
»abe eine Glashütte am Widenbach zwischen Ellingshausen und 
hainrode auf der Grenze der Kreise Kolenburg und Homberg 
estanden, und die daselbst schon damals vorhandenen Waldnamen 
ßlasgehau und Glasewald“) deuteten auf einen schon langjährigen 
Zetrieb. NAuch auf dem Krötenberg am Eisenberg unfern Wallen— 
tein seien zu derselben Seit Glashütten im Betrieb gewesen. Wer 
oescht nach und berichtet mehr darüber? 
Daß die hessischen Glasmeister tüchtig in ihrem Fach waren, 
ann man wohl auch daraus schließen, daß schon 1574 der Herzog 
on Holstein den Landgrafen Wilhelm um SZusendung eines Glas 
neisters bittet zum Swecke der Aufrichtung einer Glashütte. Und 
390 spricht Herzog Karl von Schweden die gleiche Bitte aus um 
inen tüchtigen, besonders zur Bereitung von Fensterglas geschickten 
Slasmacher. Daraufhin ging 1591 Engelharoͤt Becker dus Groß⸗ 
ilmerode nach Schweden und legte dort die erste Glashütte an. 
Können wir die Kunst des Glasmachens, die einst in mehreren 
hütten in den Wäldern des Knüll blühte, heute hier auch nicht 
dieder aufwecken und dadurch die märchenhaften gegenwärtigen 
Reise jür Glas auf ein natürliches Maß zurückführen, so woüen 
vir doch der Künste nicht ganz vergessen, die einst bon den Vätern 
iuf den Heimatschollen geübt wurden, und diese Ausführungen 
ollen nur dazu dienen, auf ein fast ganz vergessenes Gebiet heimat. 
*) Auch Forstort Glaäserbach
	        
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