Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Ostseite des Hainer Hofs stand ein Haus mit der Inschrift anno 16003; 
es ist das Hinterhaus zu einem in der Fahrgasse gelegenen Vorder. 
haus. Daneben liegt die frühere Hessen-Casselijche Post. Das 
alte, 1529 vom Abte Dittmar erbaute Haus war im 18. Jahr— 
hundert umgebaut worden. Der jeweilige Postmeister wohnte darin. 
In der anstoßenden Bernhardskapelle befaͤnden sich die Süros der 
Srief-· und der Fahrpost; später enthielt sie eine Gastwirtschaft und 
chließlich ein Bretterlager. Jetzt ist sie die Burg der Sqhlaraffia 
rankofurta. Neben der Kapelle lag das Gasthaus „Sum Hirsch“, 
auch „Sum goldenen Hirsch“, „Sum bleinen Hirsch— oder Sum 
braunen Hirsch‘— genannt. Es wird als solches schon 1601 erwähnt. 
Damals waren die Brunnennachbarn des Kepplerbrunnens därin 
bersammelt und Andreas Sparr versprach, bei seiner silbernen 
Hochzeit der Nachbarschaft eine Mahlzeit zu geben. Das lehzte 
Haus auf dieser Seite war das Haus Sum alten Schweizer“, an 
dem bis 1801 ein Schweizer in Lebensgröße und Schweizertracht 
nit einem Spieße angemalt war. Ansere beiden weiteren Abbildungen 
und I stellen den Franbfurter Hainer Hof in seinem jetzigen 
Zustande dar. 
Auf dem Hofe befand sich ein Brunnen, der bereits 1240 
bporhanden war. 1459 wird er der Hainerborn genannt. Die 
Nachbarn dieses, des Grabenborns und des Lumpenborns hatten 
schon vor 1596 eine besondere Brunnenordnung errichtet. 1750 
berlor der Brunnen sein Wasser und mußte mit einem Aufwande 
on 409 Gulden tiefer gegraben werden. 
Außer den erwähnten Hainer Höfen hat das Kloster jedenfalls 
uch noch an anderen Orten Höfe besessen, über die ich aber nichts 
rmitteln Lonnte. Auch einzeine Hauser besaß das Kloster, so 3. B. 
1Marburg und in Cassel, wo sich ein solches am Steinweg vor 
em Sack befand. 
Wie sich aus dem Mitgeteilten ergibt, ist von dem Besitztum 
es Klosters Haina nach der Säbularisation mancherlei anderen 
zwecken gewidmet worden. Dem Kloster blieb aber immer noch 
eichlich sopviel, daß daraus die großartige Stiftung, das Landes“ 
os)pital Haina, geschaffen werden Lonnte. Noch heute verbündet es 
ühmend und dankbar den Namen seines Stifters, des Landgrafen 
hilipp des Großmütigen. Inmitten der Stiftsanlagen, deren gewal⸗⸗ 
igen Umfang unsere Abbildung 8 ersehen läßt, steht sein Deukmal, 
as im Jahre 1904, dem 400. Jahre seiner Geburt, im Seisein des 
dereins für hessische Geschichte und Landeskunde enthüllt wurde. 
Quellen: 
Batton, Oxrtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt a. M. Frankfurt. Verlag 
des Vereins für Geschichte und Altertumskunde. Band 3. 1664. 
Volfß. Ie Sdnlar Meruns der Stijts- und Klostergüter in Hessen-Cassel. Gotha 
rthoes. 
dersch, —2*x Klosterbuch. Marburg. Elwert. 10915. 
faulhaber, Geschichte der Post in Frankfurt a. M.. Archib für Franbfuets 
Geschichte und Kunst. R. F. Band 10. Frankfurt. Völber 1888. 
Folenbeigr Vnichte hessisjcher Städte und Stifter. Band 2. Cassel. 
ẽ. A. v. —— Sie Bau⸗ und Kunstdenkmäler im Keg.BSezirk Casjel. Band 2. 
Kreis Fritzlar. Marburg. Elwert. 1009. 
stassauer, WMas die Frankfurter Brunnen erzählen. Frankfurt. Goldstein. 1021 
Auf Heimatwegen. 
Homberg an der Efze. 
Mit Aufnahmen von Walther Goebel. 
III. 
Sevor ich weitere Bildchen aus AltHomberg bringe, will 
ch hier vor allen Dingen einen Stadtplan (Abb. 9) einfũgen. 
An der Hand desselben werden meine weiteren Ausführungen 
janz bedeutend an Klarheit gewinnen. Denn die Schönheit 
riner alten Stadt erbennt man nicht nur, wie man gewöhnlich 
zu glauben pflegt, aus ihren Einzelheiten, ihren sogenannten 
„Sehenswürdigkeiten“, nicht nur aus ihrem Gesamtbild, sondern 
vielmehr durch Aufnahme beider, verbunden mit einem Dritten, 
das erst die eigentliche Verschmelzung herbeiführt: durch Betrachtung 
des Stadtplanes. Er sollte mehr als 
bisher in unsere Heimatschriften auf- 
genommen werden. Es würde dann 
nicht mehr so häufig vorlommen, daß 
hn viele verständnislos beiseite legen, 
veil ihnen das Straßennetz jo verworren 
erscheint. Greifen wir bei unserm Stadt⸗ 
bild zunächst die großen Linien heraus. 
Wir erbennen auf den ersten Blick zwei 
gesonderte Stadtteile. Der nördliche 
ist die in sich abgeschlossene älteste 
Anlage, die „wie ein Schwalbennest 
an den Berg geblebt‘ wurde. Der 
alte Mauerring, wenn auch zum Teil 
recht verfallen, ist heute noch deutlich 
zu erbennen. 
Südlich schließt sich — ähnlich wie 
bdei unserm Nachbarort Fritzlar — eine 
Vorstadt, die sogenannte „Freiheit“, an. 
Homberg verdankt sie dem Landgrafen 
Heinrich ĩl, dem Eijernen. Dieser Stadt⸗ 
eil erhielt außer eigener Kirche und 
eigener Derwaltung seine besondere 
Mauer. 
Von den außerhalb der Kingmauern 
neu entstandenen Stadterweiterungen 
vill ich hier absehen. 
Wir erbennen weiter, wie die große 
Straße von Cassel nach Heesfeld sich 
mühsam krümmend am Fuße des Berges 
süber a) bis zum Mittelpunkt der Stadt 
heraufschraubt, um den Ort östlich 
bei c) wieder zu verlassen. Eine Kürzung 
und Erleichterung für den durchgehenden 
Oerbehr bildet die Untergaässe, die 
ich parallel der Stadtmauer (zwijchen 
Alt- und Neustadt) und hart nördlich 
zon ihr hinzieht. 
Abhildung 9 
VDon Nordosten (Spangenberg, Melsungen) her führt eine zweite 
Landstraße in die Altstadt hinein (bei p).“ Dort, wo sie im Stadt. 
nneen mit der ersten eine Gabelung bildet, entsteht natürlicherweise 
in Brennpunbt für den Derbehr, eine Ausweitung: der Marktplaß. 
Die Fußgänger schufen sich (zwischen b und c) einen bürzeren Woeg 
nder Webergajse, die parallel dem Ostteil der alten Stadtmauer 
erläuft, allerdings steiler und beschwerlicher ist. 
VDon Südwesten (Siegenhain) her trifft schließlich eine dritte 
jahrstraße auf die Stadt (bei e). Hier gabelt fie sich. Die Lange 
5traße (parallel dem westlichen Mauerstück) stelit die Verbindung 
nit a her, während die Krumme Gasse auf d führt. a und 
ind in der „Freiheit“ durch die Schulstrabe verbunden. Für 
Durchgangsverkehr von und nach Siegenhaäin wird heutzutaäge 
allerdings die bequemere Bahnhof— 
traße bevorzugt, die durch den der 
Neustadt vorgelagerten, modernenStadt- 
teil jührt und (bei a) in die Casseler 
Straße einmũndet. 
An den Stellen, wo die genannten 
Hauptverbehrsadern den mittelalter⸗ 
—DO— 
varen dereinst große, feste Tortürme 
errichtet, die feindsichem Ansturm wehren 
und heimlichem Aus- und Eingéhen 
verdãchtigen Gesindels Riegel vor⸗ 
chieben sollten. Leider hat die Stadt 
diese größeren Tore sämlich verlieren 
nũssen, und nur aus alten Ansichten 
Lann man sich ein Bild davon machen, 
vie sie ausgesehen haben. 
Im Westen (bei a) befand sich das 
Westheimer Tor. Auf einem Sild 
von Homberg vom Jahre 1810 ist es 
ür die Nachwelt festgehalten worden. 
Zurhessische Jäger halten strenge Tor— 
vacht. Der Straßenteil von da ab 
his zum Marbt führt noch jetzt den 
Namen- Westheimer Straße. 
Den Nordosteingang (bei b) schützte 
)as hochgelegene Obertor. Es war 
»stwãärts bastionartig verstärkt. Mauer⸗- 
verk läßt heute noch darauf schließen 
ind ein erwähnter Merian zeigt deut- 
ich zweĩ weitere Torbogen und einen 
Wartturm vorgelagert. Die Strecke 
»om Marlt bis zum Tor heißt jetzt noch: 
Obertorstraße, die östliche Fortjetzung 
erselben: Bor dem Oberktor. 
Im Südosten (bei c) erbennen wir 
die Stelle des Holzhäuser Tors. 
Holzhausen ist das erste, der Stadt im
	        
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