Orten unserer engeren Heimat folgen. Es wird sie interejsieren,
was tin benntnisreicher Mann vor 200 Jahren als ,‚Merkwürdigkeit
ansah.
Siegenheim. Eine Stadt und considerable Vestung, hat vor
diesem seinen eigenen Grafen gehabt, davon der letzte Duno 1453
Graf, Johann der Große so starb gewesen, daß er einemals zu
Frankenberg ein Fuder Wein, so ihm im Wege gestanden, beyseits
gehoben, und als ihn seine Mutter hierum gestraft, daß er seine
Leibesstärbe nicht so liederlich mißbräͤuchen solle, jeye er alsbald
hingegangen, und habe es wieder an seine vorige Stelle gejsetzet
Hirschfeld GHersfeld), die Hauptstadt dieses Fürstentums
daselbst ist die Dohm-Kirche remarquabie, welche sehr hoch und
groß, ruhet auf 16 Pfeilern, und hat die Fenster gantz zu oberst,
ijt dennoch so helle, daß man nicht leicht ihresgleichen antreffen soll.
Sei Spangenberg werden eine große Menge kleine runder
Steine gefunden, die alle von Natur das Seichen wie eine Spange
auf sich haben. (Es sind Encriniten, fossile Stengelglieder der See
lilie, gemeint.)
In Homberg ist ein Schloß, von welchem man über 100 Städte
und Dörfer zehlen Lann. Daselbst ist auch ein Brunn. der 80
Klafter tief.
Sei dem Flecken BSerstadt ist eine milchwarme Quelle, deren
Ablauff sich mit dem vorbeyrinnenden Bach vereinigt, in welchem
Krebje gefangen werden von sonderbarer Eigenschaft, sintemahl die
so ob der Quelle gefangen werden, roth, die aber, so man unter
derselben bekommt, im Sieden gelb werden.
Der hohe Berg Weisner genannt, welcher oben einen Kaum
und Ebene hat, fast drei viertel Meilen lang, darauf etliche tausend
Acker, Wiejen, auf welchen das schönste Graß wächst, so fast ginen
Menschen bedecket; auch sind allda schöne Beunnen uͤnd Quellen, die
mit großem Geräusch zwischen den Steinklippen herunterfallen.n.
Amöneburg.
Eine unter den hessischen Burgen ist die stolze Amöne—
burg bei Kirchhain. Wie ein großer Altar erhebt sie sich aus
Wiesengrün zur Himmelsbläue. NAuf ihrem altersgrauen Kücken
trägt sie das Städtchen gleichen Nameus. Ihren Fuß umwindet
das Silberband der Ohm. Im Spätherbst steht sie jchon oft im
winterlichweißen, glitzernden Hermelinmantel da, wenn noch das
weite Ohmtal im fahlen, herbstlichen Schlummer ruht. Ehedem
war die Felsenburg uneinnehmbar. In uralten Zeitken spie dieser
OHulban Feuer und KRauch über die gesegnete Ohm⸗Ebene.
Der wechselnde Anblick dieser riesigen Bafaltkuppe zeigt oft
Silder von entzückender Schönheit.
Wenn die Sonne im Westen den Abendhimmel goldrot auf ·
strahlen läßt, dann hebt sie sich gar manchmai in ihren massigen
Umrissen malerisch vom Himmel ab. Wie auf Goldgrund erscheint
dann ihr Kiejenhaupt, ein Bild voll Sehnsucht und Friede, wies die
alten Meister geschaut und gemalt haben.
Wenn matter Sternenschein und silbernes Mondlicht die Gegend
in nächtlichen Zauber einspinnt, dann erscheinen ihre dunklen.
geschwungenen Umriß-Linien weich und jchwermütig am Nacht
Himmel. Stundoenwoit in der Umgébund erschauen wir den Bera.
riesen. Ein malerischer Durchblick, eine weitblaffende GEffnung
weier Bergzüge zeigt uns dann das Städtchen im verschwimmenden
Slau, des Himmels wie eine ferne, ferne fata morgana, ein
Märchen aus Tausend und eine Nacht.
Du lieber, stolzer Heimatberg, wie lieb ich dich so sehr!
Auqust Knoch-Kirchhain.
Storchschicksal in Deutschland.
besonders in Hessen.
Der in Ost. und Norddeutschland noch ziemlich allgemein
erbreitete Storch ist bei uns in Hessen schon recht selten geworden.
Ursprünglich war der Storch ein Baumbrüter, wie ich ihn auch
eutzutage noch vereinzelt auf Pappeln und —A
and, 3. B. bei Wollmar und Sarnau in der Warburger Gegend.
Dder Abergang zum Horsten auf Gebäuden erfolgtke, wie der
frankfurter Soolsoge Dr. Schnurre in seinem allen“ Ratur, umd
dogelfreunden zu empfehlenden Buch „Die VOoõgel der deutschen
Zulturlandschaft“ (Derlag Elwert, Marburg) ausführt, wohi so,
aß einzelne Paare zunächst die bei einem Gehöft stehenden Bäume
esiedelten. Wurden leßtere gefällt, so lag es nahe, daß die
Störche ihr Nest auf ein nahes Dach bauten. Die Kultursteppe,
esonders der Wiesenbau, hat dem Siorch eine starke Vermehrung
emöglicht. Seine Abnahme neuerdings ist durch Anderungen der
hn früher begünstigenden menschlichen Kultur bewierbt; für sein
Aussterben sind neben dem Abschuß durch gedanbenlose Schützen
die veränderte Bauweise ländlicher Häuser und die Trockenlegung
der Wiesen, also Kulturveränderungen, voerantwortlich zu machen.
Durch Schutz der Vögel und Horste, Sefestigen von großen Wagen-
ãdern auf Dächern und starben Bäumen, sowie Erhaltung von
Tümpeln und anderen stehenden Gewässern, in denen Frösche, des
lapperstorchs Lieblingsnahrung, leben, vermögen wir den bei Alt
ind Jung beliebten langbeinigen Sumpfvogel, den sagenumwobenen
Adebar“ zu hegen, der eigentlich wie der Kiebitz zu jeder deutschen
Miesenlandschaft gehört und schon von unseren Vorfahren geschützt
ind verehrt wurde. Davon legen alte Kinderlieder und Bolee
närchen Seugnis ab. Im Altdeutschen hieß er Odebero, das
eißt Glücksbringer: ein Haus, auf dem der Storch nistete, galt
ür geschützt gegen Blitz und Feuer. Hat man Geld in der Tasche,
venn man den ersten Storch sieht, so wird man das ganze Jahr
zjut bei Kasse sein. Von dem Storch als Kinderbringer“ handelf
unter anderen Chamissos Gedicht:
Was blappert im Hause so laut? Horch, horch!
Ich glaube, ich glaube, das ist der Storch.
Das war der Storch. Seid, Kinder, nur still
And hört, was gern ich erzählen euch will
Er hat euch gebracht ein Brüderlein
And hat gebissen die Mutter ins Bein — —
Sur Erlangung eines Überblickes über die jetzige und frühere
Derbreitung des Freundes Storch erbitte ich Nachrichten über
ein Auftreten. besonders in Hessen, an meine Anschrift.
Merner Sunkbel. Marbura in Hessen.
Dom Pulsschlag der Heimat.
BSohneburqsaqe.
Ein dunbler Winterabend. Der Sturm heult in den Sweigen
der entlaubten Bäume und fegt um die höohen Mauerreste der
Boyneburg. Vom Tal herauf blingen leise und zerrissen die zwölf
Schläge einer Turmuhr. NAus dem finsteren Gemäuer tkritt lautloe
und unsicher eine weiße Gestalt und entschwindet ins Tal. Woe
sie dort tut, man weiß es nicht genau. Man jagt, sie besuche die
Hütten der guten und edlen Menschen und erfeile dort gebeim
ihren Segen.
Es ist jenes der drei Ritterfräulein von Boyneburg, der der
Tod durch Blitzesschlag bestimmt ward. Ihr träumte einst, eine
der Schwestern müsse jterben und freitwillig in den Tod gehen.
Am Morgen erzählt sie den Traum den Schwestern. — Dunkles
Gewoölk zieht auf, die Wolken ballen sich zu drohenden Massen,
Slitze zucken und Donner rollen. Die älteste der Schwestern
nimmt Abschied, denn sie wähnt sich als die Totgeweihte und geht
hinaus in das tosende Wetter. Sieé wartet eine NMacht und einen
Tag, sie bleibt unversehrt. Der zweiten ergeht es ebenso. Sagt
die jüngste: „Nun ist es gewiß, daß ich sterben soll.“ Sie läßt den
Pfarrer aus dem nächsten Dorfe kommen, nimmt das Abendmahl
und bestimmt. an ihrem Todestaade solle alliährlich den Armen
eine Spende gereicht werden. Sie umarmt die Schwestern und
erschwindet in dem düsteren Unwetter. — Ein jäher Blitzesschlag.
ein laut schmetternder und langsam verrollender Donnen, Dann
vricht die Sonne durch die Sweige und lacht über die Landjschaft.
— Es gab fürder nur noch zwei Fräulein von Boyneburg ...
Dem Vermächtnis getréeu wird am Gründonnerstag den Armen
der Umgegend Brot und Spack gereicht. Walten Holxapfol⸗Eschwege.
De glässerne Scheeje.
ne gruseliche Geschichte, die awpwer wohr sin sall.
(Melsunger Mundart.)
Om Wengesberge wor's, emme Meddernochd,
Es gingk en Schtorm wie off Deiwel on WMord,
On duster hingken de Wolben on schwarz
Ewwer der Fohle her. Awwer wos maͤcht's,
Wammeé doch hem muß noch emme die Sidd.
Ra schließlich eß jo der Wegk net so witt
Sis Melsongen — en halwes Schtindchen bloß.
So dohcht ech, on demmelte forsch droff los
Ech bomb öh werblech hebsch dapper vom Fleck,
Dann owwer den Hoppel wor ech schond wegg.