Aus alter Seit.
Die Hainer Höfe.d
VDon A. Woringer.
n Hessen das Kloster Haina säbularisiert wurde, bestimmte Land⸗
raf Philipp der Großmütige den Hof und die zugehörigen Güter
zuur Anterhaltung der Aniversität Marburg. Damadle brachte der
dof jährlich etwa 2000 Gulden ein, von denen nach Abzug der
Besoldungen, Baubosten, Armenunterstühungen und anderer Aus—
aben noch etwa 800 Gulden an die Aniberfität abgeführt wurden.
zchon nach burzer Seit trat der Landgraf aber den Hof allein,
Hne die der Aniversität verbleibenden Grundstücke und Einkünfte,
in den damaligen Landesheren Fritzlars, den Mainzer Kurfürsten
ind Erzbischof Daniel Brendel von Homburg ab. Dieser ver⸗
aufte den Hof am 4. August 1578 für“ Aoo Gulden an die Slaͤdt
fritzlar unter der Bedingung, daß diese das baufällige Gebäude
urch ein neues ersetze, welches der Stadt zur Feier bürgerlicher
jeste, als öffentlicher Hufzüge, großer Hochzeiten, Kindtaufen ujw.
ienen sollte. Dieser Neubau wurde alsbaid begonnen und war
ereits 1581 fertiggestellt. Er bostete die Stadt 8300 Taler. Das
)aus wurde mit eigenem Hausgerät, Leinenzeug zu Gedecken,
zinn⸗, Kupfer- und sonstigem Küchengeschier ausgestattet, und zwar
adurch, daß nach der 1651 erlassenen Hochzeilsordnung des Rat⸗
u Fritzlar wegen der Hochzeiten auf dem Hochzeitshause,“ jedes
ẽhepaar, das seine Hochzeit oder eine Kindtaufe im Haujfe feierte,
in Geschenb in Geloͤ oder in Leinen zu stiften verpflichtet wurde.
dafür hatte das Ehepaar das KRecht, den Kest des für die Fest—
ichkeit besonders gebrauten BSieres, der bei der Hochzeit oder der
rindtaufe übrig geblieben war, nachher im Hochzeitshause öffentlich
uszuschenken. Der 80. jährige Krieg spielte dem Hause übel mit,
eshalb es 1662 ausgebessert werden mußte; 1681 mußte aber
hon wieder eine Ausbesserung am Dachstuhi vorgenommen werden.
zm T-jährigen Kriege wurde das Haus als Lazarett verwendet,
ei welcher Gelegenheit jein ganzes reiches Invenkar verschwand.
Auch wurde das Gebãude jelbst so baufällig, daß es in den nächsten
Jahrzehnten nur als Holz- und Fruchtmagazin verwendet werden
onnte. 1821, ließ es die Stadt mit einem Kostenaufwande von
ooo Taler als Menage für das damals in Fritzlar in Garnison
egende burhessische 1. Husaren-Kegiment einrichten. 1834, nachdem
ie Stadt die Garnison verloren hatte, beabsichtigte man, das
Sebäude als Schulhaus einzurichten, gab den Plan aber wieder
suf. Das Haus diente dann bis 1863 als Rathaus und Gerichts⸗
ebäude, bis es in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts
ls Artilleriebajerne eingerichtet wurde. Nach Erbauung der neuen
Taserne dient das Gebäude seit 1903 als Schuse
Als der Sweigverein Caßel des Vereins für hessijche Geschichte
uind Landesbunde bei seinem Ausfluge nach Fritzlar am 22. Obtober
20 nach der Besichtigung des Doms auch den stattlichen
grauen Turm und die Keste der Stadtmauer besichtigt hatte und
von dort zum Bahnhof zurückbehrte, zeigte Herr Dombaumeister
Dr. Becker in der
Geismarstraße
noch im Vorüber⸗
gehen das Hoch—
zeitshaus, einen,
vie die Abbil⸗
dung 1 Zeigt,
recht stattlichen
Bau, den Hoerr
Dr. Becber als
früheren Hainer
Hof bezeichnete.
Wenigen der da—
bei anwesenden
VOereinsmitglie⸗
der wird wohl
über die Hainer
Hofe etwas Nähe⸗
res bebannt sein;
ich darf mir des—
halb wohl erlau⸗
hen, über diese
Höfe einiges mit⸗
zuteilen.
Das Kloster Haina, richtiger die Cistercienserabteĩ zur heiligen
Maria in Haina, ist allgemein als jetziges Landeshospital Haina
»elannt. Das Kloster wurde, aber nicht an seiner jetzigen Stelle,
ondern in dem nahe gelegenen Aulesburg, von Graf Poppo J.
»on KHeichenbach aus dem Geschlechte der Grafen von Siegenhain,
der 1114 bis 1156 lebte, zwischen 1138 und 1141 gegründet und
1150 mit Cisterciensern aus dem Kloster Altenburg im Kheinlande
—D
zu haben. Die neuen Insassen verließen das Kloster wieder, das
aun von Prämonstratenser Mönchen und Nonnen bezogen wurde
die aber auch bald abzogen. Nun bamen zum zweitenmale Cister
cienser aus Altenburg, die aber dann nach Michagelstein im Braun—
schweigischen gingen; neue Anbömmlinge aus Altenburg kehrten
dorthin zurück. Erst als Graf Heinrich III. von Siegenhain im
Jahre 1188 das Kloster aufs neue mit Mönchen aus Altenburg be—
etzte, erhielt das Kloster Bestand, wurde aber nach Altenhaina
und 1214 endgültig nach Haina vorlegt. Bebanntlich überkrafen
die Cistercienser an unermüdlicher Landarbeit alle übrigen Orden.
So gelang es ihnen denn auch in Haina zu Wohlstand zu
gelangen. Ansere Abbildungen 2 und 3 geben die stattliche, um 1230
erbaute Kirche des Klosters wieder. Sie erwarben bei Haind
jelbst größere Besihungen und begannen bald auch außerhalb
ihres Wohnsitzes Güter und Höfe anzubaufen. In zahlreichen
Städten und Dörfern Hessens, aber äuch über dessen Grenzen
hinaus hatten die Haĩnger Mönche ihre Niederlassungen, in denen
hre Vögte saßen, welche die dem Kloster zuständigen Gefälle
in der Umgegend zu erheben, die Sehnten zu sammeln und die
Uberschüsse nach Haina abzuführen hätten. Diese Höfe führten
den Vamen,„Hainer Höfe“.
Ich gehe auf die einzelnen dieser Höfe näher ein und zwar
zunächst auf den bereits erwähnten Hainer Hof in Fritzlar. Diesen
Hof hatte das Kloster Haina bereits im 13. Jahrhundert erworben
und durch ein als Renterei dienendes Gebäude vergrößert. 1314
schenkte der ·Cantor des Fritzlarer St. Petersstiffes, Hermann
d. Grune?), dem Kloster Haind bedeutende Güter in Kleinenglis,
Holzheim, Altendorf, Sohne, Dorla und AUnseligendissen?). Dafür mußte
der Abt von Haina versprechen, auf eigene Kosten wöchentlich
an drei Tagen allemal einen Scheffel Korn verbacken und durch ein
Mitglied des Rats, wenn die Meßglocke läutet, im Hainer Hofe
zwei Brote an die Hospitaliten, die übrigen an die sich einfindenden
Armen austeilen zu lajsen. Als bei Einführung der Kesormation
1), Vortrag im Sweigverein Cassel des Vereins für hessische Geschichte und
Zandesbunde.
2) Jetzt Grohnde bei Göttingen.
3) Wüstung bei Dissen.
Abbildung 1: Fritzlar. Hochzeitshaus.
Abbildung 2: Haina,. Kirche und Kreuzgang.
In der alten, einst durch ihren Wohlstand hervorragenden, aber
urch den großen Brand von 1476 verarmten oberhessischen Stadt
frankenberg besaß das Kloster Haina seit 1269 einen Hof mit einer
Zapelle, der sog. Heidebirche. Der hier wohnhafte VDogt des
Zlosters verwaltete dessen Einkünfte aus den Gemeinden Frankben⸗
erg, Röddenau, Bringhausen, Battenberg, Sachsenberg und Holz⸗
»ausen. Die Kapelle wurde 1822 abgebrochen und an ihrer Stelie
ie Kleinkinderschule erbaut. Der Hof blieb dem Kloster Haina
ils Einnahmequelle bis 1810, dann wurde er von der Lönigl
vestfälischen Kegierung eingezogen.
Ein anderer Hainer Hof befand sich in Wetter am Antertore.
Der dortige Klosterarzt erhob die Einbünfte des Klosters aus den
Hemeinden Wetter, Sarnau. Simtshausen. Münchhaufsen. Stor